Oberursel (gt). Bei den Führungen zum Stadthallen-Jubiläum am Wochenende konnten Interessierte Blicke hinter die Kulissen des Geböudes werfen und sich von Technikerin Leonie Bumb die moderne Hallentechnik erklärten lasen. Neben den in der Audio-, Video- und Beleuchtungsindustrie üblichen, rund 200 XLR-Anschlüssen, die zu allen Teilen des Saals führen, steht ein modernes Mischpult, das erst im vergangenen Jahr installiert wurde. Die Regler mögen noch klassisch aussehen, aber über einen Touchscreen kann ihre Funktion programmiert werden.
Am zweiten Pult werden die ungefähr 30 Scheinwerfer in der Halle gesteuert. Hiervon sind 16 mit LEDs ausgestattet, deren Farbe mit einem sogenannten „Colourpicker“, wie man vom Computer-Grafikprogramm kennt, gewechselt werden. 14 weitere Halogenscheinwerfer können weiterhin mit Farbfolien bestückt werden.
In der Ecke waren die Funkmikrofone mit ihren bunten Ringen und die Headsets am Laden. Manche Künstler bringen ihre eigenen Mischpulte mit, diese werden dann einfach an das System angeschlossen, um die Beschallung der Halle und andere Gebäudeteile über die Hausanlage zu ermöglichen.
Von der Regie ging es wieder nach unten, aber nicht über die Treppe im Saal, sondern auf der anderen Seite der Wand. Ein Gang ermöglicht es den Technikern, ungesehen zur Bühne zu gelangen. Hier verbirgt sich auch eine Besonderheit: über eine Öffnung in der Wand können Seile für Artisten an der Außenmauer befestigt werden.
Der Orchestergraben ist Geschichte
Bei einem weiteren Rundgang führte Veranstaltungsmeister Richard Guénon die Teilnehmer durch eine Hintertür im Raum Stierstadt zu einem sonst nicht zugänglichen Treppenhaus. Am Ende der Treppe wartete ein Gang mit vier Garderoben, die jeweils mit eigenen Toiletten ausgestattet sind, was einen gewissen Luxus gegenüber mancher Theater darstellt. Besondere Aufmerksamkeit bekam ein kleines Schild an der Wand, das auf einen „Orchestergraben“ hinwies. Tatsächlich hatte die Stadthalle früher einen Orchestergraben gehabt, die vor der Bühne drei Meter nach unten absenkbar war. Die Markierungen dafür kann man im Saal noch erkennen und die Tür neben dem Schild führte einst dorthin. Allerdings wurde der Graben irgendwann weniger benutzt und die Instandsetzung des Mechanismus sollte 300.000 Euro kosten, was dann jedoch eingespart wurde.
Auf der 150 Quadratmeter großen Bühne kann man mit einem Blick nach oben nicht nur den „eisernen“ Vorhang sehen, der Teil der Brandschutzvorkehrungen ist, sondern auch die alte Kinoleinwand, die immer noch versteckt in der Decke hängt. Für Kinovorführungen, in denen der Saal geteilt wurde, um zwei verschiedene Filme zeigen zu können, sind eine zusätzliche Leinwand sowie zwei Lautsprecher hinter der Verkleidungen im kleinen Saal versteckt. Auch der zweite Projektorraum ist von der Bühne aus leicht erkennbar.
Der „entwidmete“ Schutzbunker
Von der Bühne aus ging es in den Keller der Stadthalle. Im ersten Raum befanden sich große Luftfilter, die zur Luftschutzanlage gehörten und die Luft für die Bunkeranlage reinigen sollten. Für den heutigen Betrieb hat die Stadthalle vier Lüftungsanlagen: für den Saal, für die Tiefgarage, für die Gastronomie und für die Küche. Auch eine Klimaanlage ist vorhanden, allerdings nur für den Saal und das Foyer.
Außerdem befindet sich im Keller die Zentrale für die Rauchmelder und eine Sprinkleranlage. Die Sprinkleranlage besteht aus zwei Hälften. Die Anlage in der Tiefgarage ist trocken und wird nur beim Auslösen mit Wasser versorgt. Anders dagegen die Stadthalle, wo die Leitungen mit Wasser gefüllt sind. Im letzten Raum ist ein Dieselaggregat, das bei Stromausfall eingeschaltet werden kann.
Am Ende des Ganges führte eine Tür zur zweiten Etage der Tiefgarage. Die Doppelfunktion als Schutzbunker ist schon länger aufgegeben worden, der ehemalige Schutzraum, der ursprünglich sogar möglichen Angriffen mit ABC-Waffen Stand halten sollte, wurde im August 2011 vom Land Hessen „entwidmet“.
Am Eingang zur Tiefgarage direkt hinter den Ticketautomaten sind Metallplatten im Boden. Im Ernstfall wären diese Platten hochgeklappt gewesen und das schwere Eisentor, das man als Wand hinter den Behindertenparkplätze sieht, wäre mit einer Seilwinde geschlossen worden. Die Schließung hätte eine Stunde gedauert.