Neuer Trainer, neues Spiel und ein bisschen neues Glück

Unter dem neuen Trainer Jürgen Merz spielen die TSGO-Handballer 30:30 gegen die TG Rüsselsheim. Foto: Streicher

Oberursel (js). Jürgen Merz pflegt in manchen Zusammenhängen eine besondere Sprache. Wie ein Irrwisch sprang er kurz vor Spielende an der Seitenlinie herum, die Nerven in der Anspannung am Anschlag, seinen Jungs rief er zu, sie sollen „sachlich bleiben“. Man hört so etwas selten im immer schneller werdenden Hallenhandball. Tempo lautet meist die Devise, Gas geben ist angesagt. Noch haben die Handballer der TSG Oberursel bisweilen Probleme, der Philosophie ihres neuen Trainers zu folgen, in dieser entscheidenden Phase kurz vor dem Abpfiff etwa, als sich nach durchwachsener Leistung mit vielen kleinen Schwächen plötzlich doch noch die Tür auftat, einen doppelten Punktgewinn einzufahren. Sachlich bleiben, den Gegner da packen, wo er schwächelt, und nur im entscheidenden Moment das Tempo anziehen und den letzten Stich setzen.

Giovanni Ilestro, der „Don“, wie sie ihn im Team nennen, mit knapp 26 Jahren der „Alterspräsident“, hat das viermal in Folge perfekt hinbekommen. Ist entschlossen und sachlich, völlig humorlos dahin gegangen, wo es weh tut, dem Spieler selbst und dem Gegner. Hat sein Team dreimal in Führung geworfen, die letzten vier Treffer für seine Mannschaft erzielt und ihr ein schmeichelhaftes 30:30 gegen die TG Rüsselsheim im ersten Heimspiel unter dem neuen Coach Jürgen Merz gerettet. „In der Ruhe liegt die Kraft“, auch das hatte Merz seinen Jungs zugerufen, die sich vor allem in der ersten Halbzeit vor lauter Tempo-Eifer oftmals selbst überholt haben. Wenn die Füße und die zuckende Hand schneller waren als das begleitende Spielhirn. Da konnten sie kaum so schnell hinterher denken, wie aus der ersten 4:3-Führung dank technischer Fehler und aufgrund extrem mangelhaften Entscheidungsverhaltens ein 4:9 wurde. Gnadenlos in dieser Phase der Gegner mit erfolgreichen Tempogegenstößen, die auch der starke Torwart Adi Hadziabdic nur zum Teil entschärfen konnte. Die Hypothek des frühen Fünf-Tore-Rückstands schleppte die TSGO während der gesamten Partie mit sich, dank der Steigerung in der Schlussviertelstunde war am Ende vom gerechten Unentschieden die Rede.

Damit konnten alle Trainer gut leben. Beim Gegner aus Rüsselsheim Matthias Perl und Christian Witusch, die beide als Spieler und Trainer eine Oberurseler Vergangenheit haben, auf TSGO-Seite der neue Mann Jürgen Merz, der auch sein zweites Spiel als Coach eines wankelmütigen Teams ohne Niederlage überstanden hat. Mit einem auf 14 Mann reduzierten Kader, in dem mehr Spieler aus der alten „Reserve“ eine Rolle spielen als bisher bei seinem Vorgänger Klemens Nass, der bereits nach der dritten Partie der Saison seinen Hut genommen hatte. Torwart Dennis Geier, Julian Rummel, Aldin Hadziabdic, Jasper Bechtold und Luca Gogolin sollen der zweiten Mannschaft helfen, an der Spitze der Bezirksliga A zu bleiben, aus deren Meisterteam Yannik Scheich, Max Macho, Alexander Mertzlin, Justus Metz und Jonas Schmidt in den Bezirksoberligakader aufgestiegen sind. „Durchlässig“ will Merz die Wege nach oben und unten lassen, er wird vorerst beide Teams betreuen und hat trotz der Doppelbelastung richtig Spaß bei der Sache.

Hätte die TSGO über längere Strecken sachlicher gespielt, wäre gegen Rüsselsheim mehr drin gewesen als das 30:30-Remis. Immerhin, mit 155 Toren nach fünf Spieltagen stellt Oberursel den zweitbesten Angriff der Liga, mit 5:5 Punkten ist das neugeformte Team im Soll. Stark beim Punktgewinn am Samstag die beiden Torleute Hadziabdic und Ian Michelson in der Schlussphase, solide die Mannschaft um Kapitän Ilestro (5 Tore) mit Macho (1), Haupt (4), Hentschel (4), Walz (2), Scheich (1), Juli (3/3), Mertzlin (2), Avemann (6), Metz (2), Günther und Schmidt.



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