Sommer auf Abstand und dennoch heiter und gelassen

Heiter und gelassen ist die Stimmung im Hof der Grundschule Mitte auch beim Pausengespräch von Sängerin Stefanie Ruck (links) mit einer Besucherin des Musik-Frühschoppens.Foto: js

Oberursel (js). Wo gibt’s denn sowas? Männer auf Stelzen, bunt gekleidet wie im Karneval, unterwegs in der Fußgängerzone. Fröhliches Volk wie in früheren Zeiten, als der Zirkus kam und auf sich aufmerksam machte. Mitten in der Stadt, wo Masken in den vergangenen Wochen ganz anderer Art waren und noch sind als an karnevalistisch angehauchten Tagen. Was ist denn hier los, fragen sich aufgeschreckte Frauen, Männer und Kinder am Straßenrand an diesem wieder einigermaßen geschäftigen Samstagvormittag. Die Freunde und Fans des „Orscheler Sommers“ wissen es und nehmen es mit Freude auf, der Sommer ist tatsächlich da und kommt auch in Corona-Zeiten zur Begrüßung auf Stelzen daher.

Ohne Programmhefte noch wie sonst immer, da war der Drucker plötzlich überfordert, als die heimischen Kulturmacher dann doch endlich mit verändertem und aktualisiertem Programm in den „Orscheler Sommer 2020“ einsteigen durften. Aber Flugzettel sind flugs gedruckt und können unters Volk verteilt werden, mit dem Hinweis auf die offizielle Eröffnung am Tag darauf im Hof der Grundschule Mitte. Mit der wichtigen Internet-Adresse, die für die Anmeldung zu den einzelnen Veranstaltungen aufgerufen werden muss. Denn, „Orscheler Sommer: irgendwie anders …“, so steht’s auf der letzten Seite des Programmhefts. Das unterstrichene „aber sicher“ auf Plakaten und Flugblättern ist entscheidend für das potenzielle Publikum, das diesen Passus mit Freude aufnimmt. „Die Leute sind hungrig auf Kultur“, sagt Arnd Köhler beim Glockenschlag zur Mittagsstunde am Sonntag auf dem Schulhof. „Es ist großartig, wieder zusammen zu sitzen und Musik zu hören.“ Im Hintergrund können die Kinder auf einem Spielgerüst herumklettern.

Sängerin Stefanie Ruck mit ihrer Band „Jazzruck“ und ihren drei Musikern an Kontrabass, Vibraphon und Percussion ist die Basis für diesen Wohlfühlmoment. Unaufdringlich und doch eindringlich, ein perfekter und angenehmer musikalischer Background an diesem vom Verein „Kunstgriff“ so ersehnten späten Sonntagvormittag. Nein, nichts war wie immer, alles anders, aber trotzdem lag eine heiter gelassene Stimmung über dem Schulhof. Für viele im Publikum auch ein bisschen Zeitreise im Nebenprogramm, hatten sie in den altehrwürdigen Räumen hinter der Bühne doch ihre erste schulische Sozialisation erlebt. Zeit und Raum für alte Geschichten und Erinnerungen, Zeit und Raum aber auch für das Hier und Jetzt im Sommer 2020. An dezent voneinander abgerückten kleinen Tischen, mal mit zwei, mal mit vier Stühlen bestückt, Abstand und doch Nähe. Hier und da ein paar Blümchen im Glas oder im Plastikbecher. „Ich bin begeistert“, freut sich Dirk Müller-Kästner vom Kunstgriff-Vorstand bei der Begrüßung in der Pause über die Disziplin des Publikums. Kann nebenbei „Ausverkauft“ melden, alle 100 für die Premiere genehmigten virtuellen Online-Tickets waren gebucht.

Erster Test gelungen

Mit im Publikum auch Erster Stadtrat Christof Fink, die Stadt kooperiert mit dem „Kunstgriff“, ist in Corona-Zeiten aber auch Aufsichtsbehörde und muss gucken, dass der Laden läuft. „Alles bestens, aber schon anders als im Rushmoor-Park oder im Museumshof“, sinniert Altstadtbewohner Fink. „Man hört vielleicht aufmerksamer der Musik zu“, hat er wahrgenommen. Nach dem letzten Stück von Stefanie Ruck und ihren Jungs werden sie sich zur Manöverkritik zusammensetzen. Erster Test unter Wettkampfbedingungen gelungen, diese Einschätzung einte das Kulturvolk schon vor dem letzten Applaus. Beim Limit von 100 Besuchern wird es wohl vorerst bleiben, aber der „Orscheler Sommer 2020“ wird ins Rollen kommen.

!Nächster Auftritt: Am Sonntag, 5. Juli, spielt das „Tiefenrausch Klangkombinat featuring Aziz Kuyateh“ ab 11 Uhr im Hof der Grundschule Mitte auf, der Eingang ist nur von der Schulstraße aus möglich. Anmeldung im Internet unter www.orschelersommer.de. Die Programmhefte liegen im Rathaus und in der Stadtbücherei, in Banken und Sparkassen, in Cafés, Geschäften und an anderen Orten aus.

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