Oberursel (bg). Die Musikschule Oberursel hatte sich wieder einmal ein ambitioniertes Konzertprojekt vorgenommen und bot allen Musikfreunden durch die Aufführung von „One World“ ein ganz besonderes Highlight. Die Gesamtleitung lag in den Händen von Holger Pusinelli, und der hatte damit die Nase weit vorn. Das großartige Werk von Karl Jenkins wurde deutschlandweit bisher nur zweimal aufgeführt. Kein Wunder, erst vor gut einem Jahr fand seine Uraufführung statt; in der Bruckner-Stadt Linz, mit großem Erfolg.
Von dem produktivem zeitgenössischen Komponisten stammt auch das Antikriegsstück „The Armed Man“, das weltweit gespielt wird. In Oberursel hatte es der Leiter der Musikschule, Holger Pusinelli, im Mai 2019 aufgeführt. Jetzt hatte sich der exzellente Musiker mit Herzblut an „One World“ herangetraut. Fast ein Jahr lang hat er dafür geprobt mit den beteiligten Chören und der Kammerphilharmonie Rhein-Main, deren Leiter er ebenfalls ist. Außer dem gemischtem Chor „CHORiosum der Musikschule Oberursel sowie dem Schwalbacher Chor „TonART“, hatte die Musikschule mit Simone Schwark, Sopran, Mareike Bender, Mezzosopran, und Christos Pelekanos, Bariton, hervorragende Solisten gewinnen können. Alle begeisterten mit ihrem musikalischen Können das aufmerksame Publikum.
Die ganz in Weiß gekleideten Sänger hatten ihre langen, schwierigen Textpassagen in unterschiedlichen Sprachen gut einstudiert und präsentierten sie auch choreografisch unterlegt. Für den über 100 Stimmen starken, vielstimmigen Chor, wurde es dabei auf der Bühne eng. Die Aufführung in Oberursel fand im Rahmen der Jubiläen der Städtepartnerschaften statt. Unter den Konzertbesuchern waren auch Gäste, die an diesem Wochenende aus den Partnerstädten Epinay-sur-Seine und Rushmoor zu den Jubiläumsfeierlichkeiten, zu denen auch der Bürgerempfang mit dem Themenschwerpunkt „Städtepartnerschaften“ gehörte, angereist.
Begrüßt wurden alle vom Vorsitzenden des Trägervereins der Musikschule Christian Sobotta. Das Konzert in der komplett ausverkauften Stadthalle wurde für alle zu einem bewegenden Erlebnis. Es war ein Eintauchen in Sprache, Bilder und Musik, ein Gesamtkunstwerk der ganz besonderen Art, das immer wieder für emotionale Höhepunkte sorgte. Wenn zu passenden Bildern die Chöre und das Orchester, stets aufmerksam geführt vom Dirigenten, über das verlorene Paradies sangen. Oder wenn das wunderbare Violinen-Solo, „AD Lucem – Dem Licht entgegen“, des Ersten Geigers Julian Fahner – und hier besonders gelungen das Zusammenspiel der Cellistin Shirin Tashebaeva – erklang. Oder das eindringliche interpretierte „Tikkun Olam – Repair the world“ von Mareike Bender. Tief bewegend gestaltete Christos Pelekanos die Anklage „Bury Me In A Free Land – Begrabt mich in einem freien Land“, nach einem Gedicht von Frances Harper. Ein Aufschrei gegen die Sklaverei und jegliche Form von Gewalt, auch ein Großeinsatz für die Chöre und das Chorchester. Simone Schwark glänzte besonders beim „Sakura, Spring Has Come – Kirschblüten, Der Frühling ist gekommen“, sehr schön hinterlegt durch den Zweig einer Kirschblüte auf der Leinwand.
Das gut einstündige Werk für Sprecher, Solisten, Chor und Orchester stellte alle Künstler vor große Herausforderung und ging unter die Haut. Mit kraftvoll-wuchtigen Passagen, auch sirrenden Orchestereinsätzen oder Glockenklängen. Bis zum traumhaften Ende des Opus, wenn „Das Goldene Zeitalter von Neuem beginnt.“ Das jüngste Werk des walisischen Komponisten trifft den Nerv der Zeit. Thema: Wir haben nur diese eine Welt. „One World“ – in zwölf Sprachen auf die Großleinwand projiziert, konnten es die Besucher in der Stadthalle lesen. Das Werk vermittelt musikalisch und textlich das Bewusstsein für die gesellschaftlichen und ökologischen Probleme der Welt im 21. Jahrhundert und beginnt mit der biblischen Schöpfungsgeschichte. „Am Anfang war das Wort “.
Umhüllt vom gleißenden Licht eines Scheinwerfers trug Wolfram Koch den Text vor. Die Musikschule hatte den prominenten, mehrfach mit Theaterpreisen ausgezeichneten Schauspieler als Sprecher gewinnen können. Zur Zeit steht er als „Mephisto“ in Goethes Faust im Schauspiel Frankfurt auf der Bühne, seit 2013 spielt er den Kommissar Brix im Frankfurter „Tatort“. An „One World“ haben ihn die Texte interessiert und diese mit Musik zusammenzubringen, berichtete er. Die Texte aus der Bibel, dem hinduistischen Gayatri-Mantra oder Gedichten englischer Romantiker sowie des 19. bis 21. Jahrhundert, verliest er ganz bei sich, hoch konzentriert.
Der 1944 geborene Karl Jenkins gehört weltweit zu den meistgespielten lebenden Komponisten. Thematisch kreist sein jüngstes Werk nicht nur um Zerstörung und Bedrohung der Welt, sondern um ihre Heilung. Der bangen Frage „Ist unsere Welt noch zu retten?“ stellt er mit dem hebräischen „Tikkum Olam – die Welt reparieren“ die Vision eines Planeten ohne Hass, voll Frieden und Gleichberechtigung zwischen den Völkern entgegen.
„One World“ wurde in Oberursel zu einem begeistert gefeierten, multimedialen Ereignis. Durch die Licht- und Bildpräsentation Ralf Tjabbens, unterstützt von Heiko Rose, konnte sich das Publikum als Teil der einen Welt – der „One World – erleben. Das Team Zwei-M zeichnete für die Tontechnik verantwortlich. Die Texte wurden zusammengestellt von Dagmar Kreft und Holger Pusinelli. Übersetzt wurden sie von Lindsay Chalmers-Gerbracht.
In der Stadthalle hielt es zum Schluss niemanden mehr auf den Stühlen. Für das besondere Musikereignis gab es Standing Ovations und begeisterten Applaus, der nicht enden wollte.
!Eine weitere Aufführung von „One World“ findet am Samstag, 26. Oktober, um 19.30 Uhr in der Dreikönigskirche in Frankfurt- Sachsenhausen statt.