In Teamwork macht der Sommer Spaß

Im Rushmoor-Park wird beim Blues-Frühschoppen mit den „Mainhätten Rämbler“ gegessen, getrunken, gebabbelt und entspannt – und am Ende ganz selbstverständlich beim Aufräumen mit angepackt, wenn die Verantwortlichen vom Verein „Kunstgriff“ darum bitten. Foto: ach

Oberursel (ow). „Die Bänke zum Pferdehänger, die Stühle an den Container daneben. Nur die Biertische können stehen bleiben.“ Vor der Zugabe der „Mainhätten Rämblers“ bittet der „Kunstgriff“ die Besucher noch um Unterstützung. Nach dem letzten Song des Rentner-Quintetts mit Sängerin Claudia Formel-Schrubar geht es dann ruckzuck: Am erwähnten Hänger und am Container nehmen zwei „Kunstgriff“-Mitglieder die Sitzmöbel entgegen, wenige Minuten später ist vor der Bühne im Rushmoor-Park nicht zu erkennen, dass eben noch einige hundert Menschen den sonntäglichen Frühschoppen im Orscheler Sommer genossen haben.

Bei Orscheler-Sommer-Neulingen ruft dieses Engagement des Publikums immer wieder Erstaunen hervor. „Gut erzogen, die Leute“, kommentiert derweil eine nicht mehr ganz so junge Frau grinsend das Verhalten des Publikums, als sie selbst einen Liegestuhl zurückbringt und fragt, ob es sonst noch was zu tun gibt. Doch mehr, als vielleicht noch eins der letzten Stücke Kuchen mit nach Hause zu nehmen, kann sie jetzt nicht mehr machen. Die Restarbeiten erledigen die Kunstgriffler, damit bei der nächsten Veranstaltung alle Dinge in den beiden Containern am rechten Platz sind.

Es ist kein großes Team des Vereins „Kunstgriff“, das den Orscheler Sommer stemmt. Aber: „Wir haben unglaublich engagierte Mitglieder und wir bekommen eine Menge Unterstützung von außerhalb“, sagt Vereinschef Dirk Müller Kästner. Dabei verweist er auch auf die Vereine und Parteien, die, wie am vergangenen Sonntag „Frauen helfen Frauen“, bei der Bewirtung helfen. TSGO, Tennisclub Stierstadt, Mountainsports, CDU, OBG, SPD, FDP, Linke und Klimaliste nennt Müller-Kästner, betont dabei aber, dass die Aufzählung keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt – und schiebt gleich noch das Kulturamt der Stadt hinterher, das gerade erst beim Konzert des Fehlgriff-Orschesters am Tresen gestanden hat. Vereine, die im laufenden Sommer für eine kleine Entschädigung bei einer Veranstaltung helfen wollen, dürfen sich gerne melden, sagen die Kunstgriffler.

Damit zu den Finanzen: Die Stadt und der Kultur- und Sportförderverein KSfO übernehmen einige Kosten im Orscheler Sommer, ein wenig Geld kommt zudem über die Anzeigen im Programmheft in die Kasse. Im vergangenen Jahr gab es zusätzlich erstmals einen Zuschuss vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, das über das Programm „Ins Freie“ Künstlern nach der Coronazwangspause wieder eine Bühne geben wollte. 2022 gibt es nun „Ins Freie 2“. Damit sollen sich die Antragsteller resilienter aufstellen können und Veranstaltungsreihen wie der Orscheler Sommer nachhaltig abgesichert werden. 38 500 Euro bekommt der Kunstgriff nun vom Land. „Das Geld hilft uns, die auftretenden Künstler – sie kommen wie gehabt fast alle aus der Region – fair zu bezahlen. Damit können wir aber auch in die Zukunft investieren“, sagt Müller-Kästner. Es sei längst überfällig, dass der „Kunstgriff“ neue Tische und Bänke anschafft. Nun sollte das Geld dafür, aber auch für die dringend nötige Ergänzung der Ton- und Lichttechnik, reichen.

Trotzdem geht der Kunstgriff auch in diesem Jahr bei jeder Veranstaltung mit dem Hut rum und sammelt für den Orscheler Sommer. Ist das nötig? „Ja, ohne Zweifel“, sagt Müller-Kästner. „Unser Kulturangebot soll für die Besucher kostenlos bleiben.“ Doch Künstler und Bühnentechnik würden immer teurer. „Es sind enorme Summen, die wir inzwischen bewegen. Sollte tatsächlich mal was hängenbleiben, wäre das bestenfalls eine Mini-Basis für den kommenden Sommer.“

Der Orscheler Sommer scheint somit nachhaltig gesichert, gleichzeitig wird beim „Kunstgriff“ nachhaltig gewirtschaftet. Hygiene und Müllvermeidung sind oberstes Prinzip, und der Abfall, der sich nicht vermeiden lässt, wird nach Möglichkeit getrennt. So hat der BSO für Papier- und Pappverpackungen bereits eine Papiertonne in den Rushmoor-Park gestellt. Bier, Apfelwein, Limo und andere Kaltgetränke werden schon seit Jahren in kleinen Flaschen angeboten, für den Wein gibt es Gläser, der Kuchen kommt auf Porzellanteller. Dazu gibt es kleine Gabeln. Würstchen, Steaks, Grillkäse und mehr kommen auf Brötchen. Im Müll landen nur die ungebleichten Recycling-Servietten – und wenn Geschirr und Besteck wirklich mal nicht reichen, zusätzlich Pappteller und Holzbesteck.

Wichtig ist den „Kunstgriff“-Aktiven schließlich noch, mit der heimischen Wirtschaft zusammenzuarbeiten. Mit einer Veranstaltungsagentur aus Weißkirchen, mit einem Getränkehändler aus Stierstadt, mit einem Fleischwarenhandel, der ebenfalls in Stierstadt sitzt, mit Bäckern in Bommersheim und in der Innenstadt. Der Riesling kommt aus dem Rheingau, der Rotwein und der Rosé aus dem Oberurseler Bioladen, der Apfelwein aus einer Orscheler Kelterei, der Fair-Trade-Kaffee vom Weltladen.

Diese Woche gab es im Rushmoor-Park die Kinder-Kreativ-Tage. Es wurden unzählige Brücken entworfen und gebaut inklusive einer großen Hängebrücke. Die Menge und Fantasie der Kinder und Eltern war auch für die Kunstgriffler umwerfend.

!Am Sonntag gibt es den „Health Spiritual Yoga Day“ mit Sonnengrüßen, Achtsamkeitsmeditation, Kaha, Yoga und Gymnastik – und mal einer ganz anderen Essenspalette als sonst im Orscheler Sommer üblich. Die Chance, im Rushmoor-Park Stühle und Bänke mit abzuräumen gibt es danach aber noch reichlich. Das Programm steht im Internet unter www.orscheler-sommer.de.



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