TSGO-Männer: Neustart mit Trainerfuchs auf der Bank

Oberursel (js). Arbeit, Bereitschaft, Willen, Kampf, das will Klemens Naß von seinen Jungs sehen. In jedem Training, in jedem Spiel, ohne diese Tugenden gibt es keine handballerische Weiterentwicklung. Ist Klemens Naß deswegen ein harter Hund an der Seitenlinie?

Da lacht der großgewachsene Mann eher still. Respekt und Disziplin, natürlich, das erwartet ein ehemaliger Handballer, der es bis in die Bundesliga (beim TV Hüttenberg) gebracht hat und lange in der Regionalliga (bei der benachbarten TSG Ober-Eschbach in deren besseren Zeiten) unterwegs war, von seinen Schützlingen. Mit der Peitsche steht er nicht am Spielfeldrand, dazu ist er viel zu sehr Pädagoge, der Lehrer für Sport und Biologie an einer Integrierten Gesamtschule.

Seit Anfang Juni arbeitet der 60-jährige Klemens Naß bei der TSG Oberursel als Cheftrainer in einem vierköpfigen Team mit einem großen Kader meist junger Spieler, die ein paar Wochen zuvor den gar nicht eingeplanten Abstieg aus der Landesliga verkraften mussten. Statt nach oben musste das Team nach unten blicken, viele Rückschläge hinnehmen, einen frühzeitigen und doch zu späten Trainerwechsel verarbeiten, eine letztendlich unglückliche Saison mit allen Facetten. Das Thema ist verarbeitet und abgehakt, mit den alten Hasen Gerhard „Doc“ Ferdinand (Mannschaftsarzt) und Bernhard Schmidt (Betreuer) hat Naß Männer im Boot, die viele Jahre erfolgreiche TSGO-Geschichte mitgeschrieben haben. Neu dabei der frühere Spieler- und Trainerkollege von Klemens Naß in Ober-Eschbacher Tagen, Ex-Torhüter Jürgen Mittag. Auch er einer, der die erfolgreiche Jugendarbeit der TSGO zu schätzen weiß, in der B- und A-Jugend hütete er das Oberurseler Tor.

Unter Druck gesetzt sieht sich Klemens Naß nicht, bei seiner Verpflichtung wurde nicht vom unbedingten direkten Wiederaufstieg gesprochen. Neustart, Wiederaufbau, neues Selbstbewusstsein entwickeln und dann mal gucken, was geht, dies ist eher die Denkweise bei der TSG Oberursel. Im Vorstand, beim neuen Trainer und in der Mannschaft. Einen „technisch sauberen und schnellen Handball“ will Klemens Naß sehen, „alle müssen sich in der Bezirksoberliga beweisen“. Wenn dann am Ende ein Platz auf den oberen Rängen rausspringe, sei es gut. Bloß keine übersteigerten Forderungen, die immer wieder auch Bremswirkung hervorrufen. Der Pädagoge im Trainer schützt seine jungen Spieler nach außen, will sie aber auch fordern. Lobt ihre gute Einstellung zu Sport und Leben, die „positive Einstellung zum Team-Sport in Gemeinschaft“, zum „gemeinsamen Siegen und Verlieren“. Weiß aber auch, dass die Jungs auf der Platte nicht so brav sein dürfen, wie sich das anhört. „Sie müssen alle irgendwann im Männerbereich ankommen, wenn sie erfolgreich sein wollen.“ So einfach ist das. Abwehr oder Angriff? Naß würde immer auf Angriff setzen, weiß aber, dass die Abwehr die „halbe Miete“ ist und immer der Schlüssel zum Sieg. Spieler oder Krieger? „Eher Krieger.“

Im Vergleich zu seiner letzten Tätigkeit bei der HSG Seckbach/Eintracht stand der neue Coach bei seiner Ankunft vor dem Luxusproblem, dass in der ersten Trainingsphase regelmäßig zwei Dutzend Spieler auf der Matte standen, die bereit waren für das Abenteuer im neuen Umfeld. Mit Kreisläufer Tobias Jockel und Spielmacher Bennet Wienand haben zwei Leistungsträger die TSGO in Richtung Oberliga verlassen, Torwart Viktor Lotz und Jakob Müllerleile haben sich aus dem aktiven Sport zurückgezogen, Linkshänder Christian Ghinea und Robin Landvogt studieren in Mannheim. Zum alten Stamm kamen ambitionierte Akteure aus der 2. Mannschaft, die als Meister der Bezirksliga A nicht in die Bezirksoberliga aufsteigen durfte, weil die „Erste“ diesen Weg durch den Abstieg versperrte. Aus den Spielern zweier Mannschaften soll Naß ein neues starkes Team formen. Sein Vorteil: Er hat nach seiner Einschätzung „16 bis 18 gleichwertige Leute. Ich kann jede Position doppelt besetzen, ich kann mich auf alle verlassen.“ Und die Routine einiger erfahrener Spieler nutzen. Giovanni Ilestro, Martin Walz, Robert Avemann und die Rückkehrer Tobias Hentschel (nach beruflichem Aufenthalt in Hamburg), Felix Brühl (von der TSG Bürgel) und Niklas Haupt (zuletzt bei der HSG Steinbach/Kronberg) sollen den Laden zusammenhalten.

Das Fieber steigt, am Samstag, 14. September, beginnt die neue Saison mit einem Heimspiel gegen die HSG Hochheim/Wicker. Anpfiff ist um 17.30 Uhr in der EKS-Sporthalle. Dann wird sich zeigen, ob die Testspiele gegen gleichklassige Konkurrenten und Gegner aus unteren Spielklassen mit vielen Siegen ein echter Maßstab waren. Die letzten Tests zeigten ein Team, das gegen Oberligist TSG Bürgel (23:36) überfordert war, gegen die HSG Mörlen (Bezirksoberliga) aber 24:20 siegte.



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