Nach vier Jahren endlich mehr Platz für den Weltladen

Die Schreiner Moritz Zielke – vielen noch bekannt als „Momo Sperling“ in der „Lindenstraße“ – und Lukas Nicolini, Franz Schneider und Ulrike Backhaus (v. l.) haben alle Hände voll zu tun, den neuen Laden einzurichten. Foto: js

Oberursel (js). „Jetzt freue ich mich“, sagt Ulrike Backhaus. Man spürt ihn fast, den Stoßseufzer der Erleichterung, der da mitklingt. Sie und das gesamte Team des Eine-Welt-Vereins mussten langen Atem beweisen auf dem Weg zum Wunschziel. Und immer wieder neue Hindernisse überwinden, kleine und größere Probleme aus dem Weg schaffen. Mit Zuversicht und Engagement, vor allem mit Durchhaltevermögen. Doch jetzt ist es fast geschafft, fehlen nur noch Details bis zur Eröffnung. Am Samstag, 4. März, kann der neue „Weltladen“ mitten in der Altstadt die Türen öffnen. Nach vier Jahren Planungs- und Bauzeit, man muss sich das vorstellen, eine schwere Geburt.

Ulrike Backhaus wird „Ladenkoordinatorin“ in der Strackgasse 6 im alten Alberti-Haus sein, so ist das Haus in der Stadt bekannt. Die studierte Sonderpädagogin ist seit 15 Jahren dabei, im Obergeschoss bekommt sie auch ein Büro, ein schöner Seminarraum für entwicklungspolitische Bildungsarbeit ist schon eingerichtet. Backhaus ist auch für die Bildungsgruppe und die Öffentlichkeitsarbeit zuständig, die Kontakte zu den Geschäftspartnern im Fair-Trade-Handel und das alles. Sie ist die einzige, die mit bezahlter halber Stelle im Verein notiert ist, mehr als zwei Dutzend andere, derzeit ungefähr 20 Frauen und sechs Männer, arbeiten ehrenamtlich für die Idee des fairen Handels und inzwischen noch viel mehr. Eine ganze Stelle gibt es für ein „Freiwilliges Ökologisches Jahr“ (FÖJ), die dritte junge Frau ist aktuell im Einsatz. Aus dem 1993 gegründeten Verein, der anfangs auf dem Wochenmarkt einzelne Produkte verkauft hat, ist ein professionalisiertes Konstrukt geworden. „Man will keine Nische mehr sein“, formuliert Ulrike Backhaus vorsichtig. Das Angebot richtet sich an ein gemischtes Publikum, die Kundschaft kommt auch aus dem kommunalen Umfeld, die Stammkundschaft fiebert dem Neubeginn ebenfalls entgegen, so Backhaus, „die ziehen wir mit“.

Im Kulturcafé Windrose hinter der Rückwand des Ladens ist schon richtig was los. Der Betrieb läuft seit Monaten, mehrmals die Woche gibt es dort Veranstaltungen. Es ist wie gehofft ein internationaler Treffpunkt geworden, der mit seinen Angeboten wächst. So war es von Anfang an gedacht, jetzt endlich komplettiert der „Weltladen“ das Ensemble. Das passt zusammen. In den vergangenen Tagen waren Designer, Möbelbauer und andere Handwerker mit Faible für nachhaltigen Ladenbau umtriebig im etwa 100 Quadratmeter großen Ladengeschäft zugange. Haben bewegbare Gondelregale und sogenannte Nahlager zusammengebaut, alles vorgefertigte Teile aus dem „Studio W“ in Köln, in dem Moritz Zielke der gestaltende Kopf ist. Der Haupttresen steht, die Wände sind fein kaffeebraun gestrichen, Beleuchtung und elektronisch gesteuerte Eingangstür funktionieren. Man kann sich schon gut vorstellen, wie die Ware auf Regalböden aus massiver geölter Eiche natur aussehen wird. Vegane Handtaschen aus Kambodscha, Upcycling-Schmuck aus Indien und die „Orscheler Bohne – unser Stadtkaffee“ mit Herkunft aus Peru und Äthiopien … In aufgeräumter Ordnung mit viel Platz, im alten Laden in der Unteren Hainstraße waren es zuletzt ja nur noch 25 Quadratmeter, nachdem die zweite Hälfte wegen Einhaltung einer Kündigungsfrist aufgegeben werden musste. Sehr beengte Verhältnisse, es wurde wirklich Zeit für etwas Neues.

Der Umzug war längst geplant, beim Umbau des Alberti-Hauses gab es aber einige unvorhergesehene Klippen zu umschiffen. Jetzt sind es nur noch wenige Tage bis zur Eröffnung, passend zum Aktionstag „Shopping der Sinne“ in der Innenstadt. Gefeiert wird von 10 bis 20 Uhr mit Sekt und Selters und kleinen Häppchen, mit dem Team vom Bau, mit Mitstreitern über all die Jahre und natürlich der Kundschaft. Spaßeshalber kam schon die Idee auf, den Umzug werbewirksam per Menschenkette vom alten zum neuen Laden zu vollziehen, sind ja nur ein paar Meter von der Strackgasse durch die Ladenpassage mit dem neuen Unverpackt-Laden zur alten Wirkungsstätte in der Unteren Hainstraße. Dass die Anhänger des Konzepts Weltladen dabei wären, kann man sich gut vorstellen. Als noch 10 000 Euro fehlten, um den Laden so auszustatten, dass man dem eigenen hohen Anspruch gerecht werden konnte, fanden sich über eine Oberurseler Crowdfunding-Plattform schnell 179 Unterstützer, die zusammen fast 11 000 Euro aufbrachten.

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