Wettstreit um den Weg zum noch besseren Oberursel

2146 Zuschauer sind im Internet live dabei, als Graham Tappenden und Mar Jon auf dem Podium mit Carsten Trumpp, Antje Runge (oben v. l.), Dr. Dennis Luxen, Dirk Müller-Kästner, Michael Planer, Christof Fink (Mitte v. l.), Andreas Bernhadt und Ingmar Schlegel (unten v. l.) über deren Vorstellung zur Zukunft Oberursels diskutieren. Foto: gt

Oberursel (fch). Die Pandemie hat Deutschland weiterhin fest im Griff. Lockdown und Kontaktbeschränkungen wirken sich auch massiv auf den Kommunalwahlkampf aus. Straßenwahlkampf und analoge Podiumsdiskussionen sind nicht möglich. Und dies, obwohl der Wahlkampf vom persönlichen Kontakt mit den Wählern und dem Austausch von politischen Positionen lebt. Um mit den Bürgern in Kontakt zu treten, nutzten sieben der acht Oberurseler Bürgermeister- und ein Spitzenkandidat am Freitagabend die Möglichkeit einer virtuellen Podiumsdiskussion. Mit dabei waren die Bürgermeisterkandidaten Carsten Trumpp (CDU), Antje Runge (SPD), Christof Fink (Grüne), Andreas Bernhardt (OBG), Michael Planer (FDP), Dirk Müller-Kästner (parteilos), Dr. Dennis Luxen (Die Partei) und Spitzenkandidat Ingmar Schlegel (Die Linke). Peter Lutz (AfD) nahm ebenso wie ein Vertreter der Klimaliste Oberursel nicht am Livestream-Format des fast 8600 Mitglieder großen Oberurseler Forums auf Facebook und auf YouTube teil. Moderiert wurde die Livestream-Podiumsdiskussion von Graham Tappenden, die Kommentare hatte seine Kollegin Mar Jon im Blick.

Gemessen an der Beteiligung war die virtuelle, über drei Stunden, drei Minuten und sieben Sekunden gehende Diskussionsrunde ein voller Erfolg. Live dabei waren 2146 Zuschauer, die mehr als 500 Kommentare sendeten. Weitere gut 4700 Bürger sahen sich die unter dem Link obu.li/live oder unter www.orschel2day.de/live abrufbare Sendung allein übers Wochenende an. Der kurzen Vorstellungsrunde der Kandidaten durch Graham Tappenden folgten Fragen zu vier Themenbereichen. Für die Beantwortung hatten die Teilnehmer jeweils zwei Minuten Zeit. An jede Runde schloss sich eine kurze Aussprache zu einigen Kommentaren an. Befragt wurden die Kandidaten zu den Themenbereichen Bauen, Umwelt, Verkehr, Soziales und Familie, Finanzen und darüber, wo die Kandidaten Oberursel in zehn Jahren sehen.

Den Bauboom bremsen

Zum Themenkomplex eins wurde gefragt, welche künftigen Bauprojekte inklusive Infrastruktur für den Kandidaten und seine Partei Priorität haben, wie Geringerverdienende dabei berücksichtigt werden und welche Belange Verkehr und Klimaneutralität spielen. Einig waren sich alle, dass der Bauboom gebremst und Planungen geprüft werden sollten. Konkret genannt wurden etwa das Gleisdreieck und der Siedlungslehrhof im Norden, wo es gelte, wertvolle Eichen zu schützen. Denn „Grund und Boden sind endlich“. Weniger Flächen sollten versiegelt und effizienter genutzt werden, etwa indem „Wohnen in die Höhe“ gebaut wird. Grün- und Frischluftschneisen seien zu erhalten und aufzuforsten, beim Bauen sollten soziale und ökologische Konzepte in Gestalt „bezahlbaren Wohnraums“ und „klimaneutralen Bauens energetischer Gebäuden“ entwickelt werden. Der Durchgangsverkehr – Stichwort Anbindung der Weingartenumgehung – solle aus der Stadt heraus verlegt, Fußverkehr, ÖPNV und Radwegenetze ausgebaut werden. Als vorrangige Projekte wurden die Sanierung des Rathauses, der Bau des Gefahrenabwehrzentrums, Kinderbetreuung und bezahlbares Wohnen angesprochen.

Finanzen sind Chefsache

Zum Themenkomplex zwei lauteten die Fragen: „Wie wollen Sie das Problem der fehlenden Kita- und Hortplätze kurzfristig lösen, und ist es Ihrer Meinung nach notwendig, hierfür eine bessere Bezahlung der Erzieher zu erreichen?“ und „Wie soll eine guten Jugendarbeit für Oberursel sichergestellt werden, da das Jugendbüro geschlossen wird, und gibt es aus Ihrer Sicht ein Problem mit Jugendlichen und Vandalismus in Oberursel?“ Die Stärkung sozialer Einrichtungen, Qualität und Anzahl der Hort- und Kitaplätze – „mehr als 300 Kitaplätze fehlen in Oberursel“ –, adäquate Bezahlung der Erzieher, aufsuchende Jugendarbeit, Wiedereröffnung des Jugendbüros, Angebote und Plätze für ältere Kinder zu schaffen, die Gebührenerhöhung an die Inflationsrate zu koppeln sowie bei der Jugendarbeit mit Vereinen und Kirchen zusammen-zuarbeiten, gehörten zu den Vorschlägen. Klargestellt wurde, dass Oberursel nicht wie bei einer vergleichenden Prüfung des Landesrechnungshofs festgestellt, fünf Millionen Euro „zu viel“ für Kitas ausgebe, sondern laut einer Kommission 300 000 Euro. Dafür wurden Vorschläge und konkrete Maßnahmen gemacht.

Beim Thema Finanzen wollte Graham Tappenden wissen: „Wie wollen Sie einen ausgeglichenen Haushalt erreichen, und gleichzeitig Ihre Wahlziele umsetzen? Müssen Steuern und Gebühren erhöht werden? Welche Rolle spielt die Digitalisierung?“ Um in den kommenden Jahren alle Projekte mit einem Haushaltsvolumen von 50 Millionen Euro stemmen zu können, müssten mehr Unternehmen in die Stadt geholt, Gewerbe- und Grundsteuer nicht weiter erhöht werden. Von den 120 Millionen Euro Einnahmen kommen 40 Millionen Euro aus der Gewerbesteuer. Bei einem Planungsdefizit von zehn Millionen Euro sollten alle Fördermittel von Land und Bund genutzt – „Finanzen müssen Chefsache sein“ – und Ausgaben an die Einnahmen angepasst werden. Wichtig sei eine weitere transparente Digitalisierung von Prozessen in der Verwaltung, „papierlose Ämter“, soweit dies mit Vorgaben von Bund und Ländern vereinbar ist, und eine bessere Vernetzung zwischen den Ämtern. Digitalisierung biete die Chance, Vorgänge zu verändern, Dienstleistungen bürgerfreundlicher zu gestalten.

Die Fragen zum vierten Themenkomplex lauteten: „Wo sehen Sie Oberursel in zehn Jahren? In was für einer Stadt werden wir dann leben? In Bezug auf Grünflächen, soziale Durchmischung, Verkehr, Bezug zu Frankfurt, Kultur …? Welche Vision treibt Sie an?“ Alle wünschen sich eine freie, attraktive Stadt mit einem „Bürgermeister für alle“, digitaler und bürgerfreundlicher Stadtverwaltung, viel Grün im Innern und Freiflächen an allen Seiten, viel Kultur, Kitas, Bildungseinrichtungen, Familienfreundlichkeit und „viel Wir“. Es soll eine Stadt der kurzen Wege, guter Infrastruktur und Einkaufsmöglichkeiten sein und ein guter Standort für Gewerbe, Handwerk und Handel.



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