Asyl und Trauma – ein Hilfsangebot für Flüchtlinge

Mit Astra bieten sie traumatisierten Erwachsenen eine fachlich fundierte Traumaberatung an (v. l.): Konstanze Hacker, Mustafa Korkmaz und Tanja Klemt. Foto: Perspektiven

Hochtaunus (how). Seit Wochen flimmern Bilder und Meldungen über die Flüchtlinge an der Grenze zwischen Belarus und Polen über den Bildschirm. Doch was bedeuten diese Umstände für die wenigen Flüchtlinge aus Afghanistan, Syrien und dem Irak, die es über die Grenze – vielleicht sogar bis nach Deutschland – schaffen? Oft sind sie schon durch die traumatischen Ereignisse aus dem Heimatland stark belastet und müssen zusätzlich die dramatischen Erlebnisse ihrer Fluchtgeschichte verarbeiten. Ihr Leben scheint wie aus dem Lot geraten. Nichts ist mehr so wie vor den Ereignissen. Alle in der Vergangenheit erlernten Bewältigungsstrategien funktionieren oft nicht mehr. Die Zeit scheint still zu stehen, manchmal geradezu eingefroren. Erst im Laufe der Zeit wird sich herausstellen, ob die traumatischen Erfahrungen vom Betroffenen selbstständig verarbeitet und bewältigt werden können oder ob sich eine Traumafolgestörung entwickelt.

Traumafolgestörungen können sich auf vielfältige Art zeigen. Es können belastende Symptome wie das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen, zunehmende Teilnahmslosigkeit sowie Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen, anhaltende Ängste, depressive Symptomatiken, Schuldgefühle und ständige Anspannung entstehen. Die Lernfähigkeit wird beeinträchtigt. Es fällt schwerer, sich auf Neues einzulassen. Integration und das Ausschöpfen der eigenen Potentiale wird deutlich erschwert.

Der Verein Perspektiven bietet bereits seit 2017 Flüchtlingen im Rahmen des Projekts „Asyl und Trauma“ (Astra) ein Hilfsangebot bei der Verarbeitung dieser traumatischen Erlebnisse. Belastende Traumafolgen vergehen nicht von selbst. Deshalb ist es wichtig, die traumatischen Erfahrungen in das eigene Leben zu integrieren. Indem das Beraterteam, bestehend aus Konstanze Hacker, Mustafa Korkmaz und der Projektleitung Tanja Klemt, im Beratungssetting darüber informiert, was bei einem Trauma in Körper und Seele geschieht, möchte es das emotionale Erleben verstehbar machen. In entlastenden und stützenden Gesprächen sollen gemeinsam den mit betroffenen Menschen Wege gefunden werden, wie sie sich selbst helfen können. Ihre Ressourcen sollen gestärkt und die Flüchtlinge vor allem stabilisiert werden.

In den vergangenen Jahren hat das Beraterteam über 80 Klienten jährlich unterstützt und etwa 800 Beratungen jährlich durchgeführt. Das Angebot, das Astra zur Verfügung stellt, wird sehr gut angenommen, die Berater erhalten sehr viel positive Resonanz von den Klienten, aber auch von den Kooperationspartnern.

Die Fachberatungsstelle wird ergänzt durch ein Gartenprojekt. Der Aufenthalt und die Bewegung in der Natur sowie die Betätigung in Gärten haben erwiesenermaßen eine hohe stabilisierende, stressabbauende und heilende Wirkung. Die Gärten sollen Orte der Betätigung, Beratung, Entspannung und gemeinschaftlicher Aktivitäten sein. Für das Projekt sollen ehrenamtliche Lotsen gewonnen werden, die von ihrem persönlichen Weg, traumatische Erfahrungen in ihr Leben zu integrieren, berichten und dadurch Modelle zur Bewältigung aufzeigen können.

Eine finanzielle Regelförderung durch die öffentliche Hand gab es bislang nicht. Dies bedeutete, dass das Projekt nach einer mehrjährigen Projektförderung durch Aktion Mensch und die Stiftung Flughafen Rhein-Main zum 30. Juni 2021 eingestellt werden musste.

Dank einer sehr großzügigen Spende durch die Destag-Stiftung konnte das Beraterteam seine Arbeit zum 1. Oktober 2021 für weitere zwei Jahre wiederaufnehmen. Die private Destag-Stiftung will Vorurteile gegenüber psychisch kranken Menschen abbauen und hat bereits zahlreiche Projekte finanziell gefördert.

!Die Astra-Beratungsstelle befindet sich in der Alberusstraße 4 in Oberursel. Dort finden montags von 14 bis 15 Uhr und donnerstags von 11 bis 12 Uhr offene Sprechstunden statt. Zusätzlich können jederzeit Termine unter Telefon 06171-5039948 oder per E-Mail an astra[at]perpektivenev[dot]de vereinbart werden. Weitere Informationen stehen im Internet unter www.perspektivenev.de.



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