Hochtaunus. Schwimmen, Radfahren und Laufen: Der Sport und insbesondere der Triathlon ist ein fester Bestandteil im Leben von Daniela Brink. Mit der Teilnahme am Ironman auf Hawaii hat sich die 49-Jährige nun einen langgehegten Traum erfüllt – doch Schluss ist noch lange nicht.
30 Kilometer vor dem Ziel schöpfte Triathletin Daniela Brink noch einmal richtig Motivation. An einer recht verlassenen Stelle an der Marathonstrecke stand ein Zuschauer mit einem Plakat am Straßenrand: „How bad do you want it?“ – „Wie sehr willst du es?“. Diese Frage, oder besser gesagt der zusätzliche Ansporn, beschäftigte die Bad Homburgerin von nun an. „Ich hatte jetzt 30 Kilometer Zeit, mir diese Frage zu beantworten und darüber nachzudenken“, erklärt Brink, die seit 2015 für den SC Oberursel startet.
Und diese Ablenkung kam gerade recht. Um sie herum brauchten immer mehr Hobby-Sportlerinnen eine Pause von den kräftezehrenden Strapazen dieser Weltmeisterschaft: Manche mussten einen Teil der Strecke spazieren gehen, andere setzten sich an den Rand und wieder andere mussten sich sogar übergeben und medizinisch versorgt werden. „Der Ironman auf Hawaii ist mental sehr hart“, sagt Brink. Neben einer konstant hohen Temperatur – teils über 30 Grad Celsius – sei die monotone Strecke eine große Herausforderung. Die anfänglichen 3,8 Kilometer Schwimmen im Pazifik seien bis auf die Strömung machbar, doch das Radfahren (180 km) sowie das Laufen (42,195 km) in der Mittagshitze und der teils menschenleeren und ermüdenden Streckenführung abseits von Kailua-Kona brächten einen an „seine Grenzen“.
Doch Brink, die sich nur dank einiger anderer Absagen für das Highlight auf Hawaii qualifiziert hatte, zog es bis zum Schluss durch und finishte in einer beachtlichen Zeit von 12:58,43 Stunden. „Ich habe mein Ziel erreicht“, sagt die zweifache Mutter stolz. Die eigentliche Platzierung spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle, kann sich aber ebenfalls sehen lassen: Insgesamt schloss sie auf dem 1203. Platz (inklusive Profis) ab, in ihrer Altersgruppe der 45- bis 49-Jährigen landete sie sogar auf Rang 190. „Ich musste aufgrund meiner Altersklasse in der letzten Startgruppe beginnen, sodass ich viele Mitstreiterinnen überholen musste“, erklärt Brink: „Aber ich habe an die 1000 Plätze gut gemacht, gerade beim Radfahren meiner mit Abstand stärksten Disziplin.“ In diesem Teil wollte sie auch unbedingt unter den „magischen“ sechs Stunden bleiben, was einem 30er-Schnitt entspricht. Am Ende lag sie drei Sekunden unterhalb dieser Grenze. Der Fokus lag allein schon deshalb auf dem Radfahren, weil sie ursprünglich aus dieser Ecke kommt, und auch heute dort noch schwer aktiv ist. Den Weg zum Triathlon fand Brink erst vor rund zehn Jahren und gilt sicherlich als Vorbild für viele andere Sportbegeisterte.
Doch von nichts kommt nichts. „Es ist alles eine Frage der Einstellung, des Mindsets“, erklärt Brink und verweist auf zwei gute Strategien: Zum einen sieht sie „das Training has a habit“, also es muss Gewohnheit sein, und zum anderen die Ankertechnik. Dabei erinnert man sich während des Trainings oder Wettkampfs, wenn man einfach nur noch hinschmeißen möchte, an schöne Momente, Triumphe oder das Gefühl, die Sache erfolgreich beendet zu haben. So „kann ich immer weiterpushen“.
Gerade die Zeit zwischen der Qualifikation in Frankfurt im Sommer und dem Start auf Hawaii Mitte Oktober war hart („fast wie ein Profi“), für sie und ihren Mann und ihre zwei Kinder. Denn Brink trainierte viel, hatte wenig Zeit und musste so ganz nebenbei auch noch als Entwicklungsingenieurin weiterarbeiten. „Zum Glück habe ich einen Teamleiter, der meinem Sport sehr offen gegenübersteht. So konnte ich mir auch mal spontaner für das Training freinehmen“, erklärt Brink. Zudem konnte sie ihre Stundenzahl für diesen Zeitraum reduzieren. Sonst wären die wöchentlich 20 bis 22 Stunden reines Training gar nicht möglich gewesen.
Sowohl in dieser Phase als auch auf Hawaii selbst wurde sie – wie sollte es auch anders sein – bestmöglich von ihrer Familie unterstützt. Den Sommerurlaub kurzfristig storniert, damit alle zusammen im Oktober auf die andere Seite der Welt fliegen konnten. „Sie haben mich an verschiedenen Stellen, vor allem in den Wechselzonen, ordentlich angefeuert.“ Aber auch andere Begleiter unterstützten sie an der Strecke.
Doch dass der Sport nicht unabdingbar an erster Stelle steht, zeigen die paar Tage auf Hawaii vor dem Start. „Eigentlich wollte ich zwei bis drei Trainingseinheiten machen, aber das ging einfach nicht. Meine Kinder brauchten mich, und so unternahmen wir Dinge, wie beispielsweise Schnorcheln, zusammen“, fasst Brink zusammen. Dabei zog sie sich sogar noch eine Verletzung am linken Fuß zu, die aber dank ihrer positiven Einstellung keine nennenswerten Probleme während des Rennens darstellte. Es ging sogar so weit, dass Brink nur den Sonntag als Erholungstag nahm, und montags gleich wieder mit der Family eine Wanderung auf Hawaii unternahm.
Und als wäre diese Tortur nicht schon kräftezehrend genug, ging die Sportlerin jüngst auch noch beim Frankfurt-Marathon an den Start. „Da habe ich doch etwas leichtsinnig teilgenommen“, erklärte Brink mit ein wenig Abstand. Doch die Anmeldung war bereits Anfang des Jahres raus und „das Startgeld wollte ich auch nicht verschenken“, sagte sie augenzwinkernd. Gefinisht hat sie selbstverständlich auch diesen Lauf. Zudem war Brink dort auch der absolute Hingucker, denn „ich bin mit meiner Blumenkette und meinem Finisher-Shirt von Hawaii gelaufen“. Dies sorgte schon für das ein oder andere Gespräch während der ebenfalls mehrstündigen Veranstaltung. Unterstützt wurde sie natürlich auch hier von ihrer Familie.
Und auch für die kommenden Jahre sind die Ziele schon klar gesteckt. Im Juli 2024 will Brink mit einer Freundin mit dem Mountainbike ein Alpencross-Rennen fahren. Die genauen Planungen laufen derzeit aber noch. 2025 will sie dann wieder zum Triathlon zurückkehren und an der berühmten und legendären Challenge Roth in Bayern teilnehmen und finishen.
Doch über allem schwebt der Wunsch von einer zweiten Teilnahme am weltweit ältesten Triathlon auf der Langdistanz. „Eigentlich habe ich mir am Abend des Wettkampfs geschworen, dass ich das nie wieder mache“, sagt Brink: „Doch mittlerweile will ich in vier bis sechs Jahren wieder an den Start gehen.“ Sollte die Qualifikation nicht gelingen, „machen wir als Familie einfach Urlaub auf Hawaii“. Aber davon ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht auszugehen. Und wer weiß, vielleicht steht bei ihrer zweiten Teilnahme wieder jemand am Wegesrand und kann sie mit einer „mentalen Aufgabe“ bis zur Ziellinie tragen.