Flucht – eine Menschheitsgeschichte

Jochen Kilb und Andreas Kossert (v. l.) bei der Lesung zum Thema „Flucht“ an der Albert-Einstein-Schule (AES). Foto: Günter Pabst

Schwalbach (sbw). Wie Jochen Kilb, Fachbereichsleiter für das gesellschaftswissenschaftliche Aufgabenfeld an der Albert-Einstein-Schule Schwalbach (AES), berichtet, fand an der Schule kürzlich eine Lesung mit Andreas Kossert statt.

Angst vor der Diskussion mit den Schülern habe er nicht gehabt, so Andreas Kossert, Autor des Buches „Flucht – eine Menschheitsgeschichte“, am Ende seiner Lesung in der Albert-Einstein-Schule Schwalbach (AES), die sich dank der guten Diskussionsatmosphäre von Anfang an vielmehr als Gespräch zwischen Autor und intensiv Zuhörenden entpuppte. „Aber ein wenig Respekt vor dieser Begegnung mit euch war schon dabei“, so der renommierte Berliner Historiker, Politologe und Slawist.

„Gleich zu Beginn konnte Andreas Kossert die Aufmerksamkeit der Schüler für sich gewinnen, indem er seine eigene Familiengeschichte mit der Flucht der Großeltern aus Masuren vorstellte und klarmachte, dass Deutschland unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg ein Zufluchtsland für 14 Millionen Vertriebene aus den damaligen Ostgebieten Deutschlands war. Noch beeindruckender wirkte auf viele die Aussage, dass von den derzeit in Deutschland lebenden Personen etwa die Hälfte innerhalb der eigenen Familienhistorie mindestens eine Fluchtgeschichte aufzuweisen hätten“, so Kilb.

Im Anschluss entwickelte sich fast eine Art „Ping-Pong-Gespräch“ mit den Schülern: Auf ein Stichwort des Autors folgten oft sehr persönliche oder auch emotional gefärbte Statements. Als Kossert etwa die Genfer Konvention als letztlich heute zwar defizitäre, aber doch einzig greifbare juristische Definition des Flüchtlingsbegriffs anführte, antwortete eine Abiturientin, es sei doch aber in unser aller moralischen Verantwortung, Flüchtlingen zu helfen. Oder als Kossert darlegte, warum er den Begriff „Flüchtling“ gegenüber der vielfach verwendeten Alternative „Geflüchteter“ bevorzuge. Eine andere Schülerin entgegnete daraufhin, das Partizip Präsens „Flüchtender“ sei in ihren Augen der passendere Begriff, da es am besten ausdrücke, dass die Flucht noch immer andauere, ohne dabei unpersönlich oder abwertend verstanden werden zu können, wie es beim Begriff „Flüchtling“ der Fall sei. Kossert gelang es sehr gut, den etwa 100 Schülern der Klassenstufen zehn, zwölf und 13 anhand der Einzelschicksale von Personen und mittels persönlicher Bilder aus deren Leben aufzuzeigen, dass hinter jeder einzelnen Flucht immer ein individuelles Schicksal steht, das in der medialen Aufarbeitung heutzutage oft verlorengehe hinter Schlagworten wie „Flüchtlingskrise“ oder „Fluchtwelle“, obwohl die eigentliche Krise doch, wie eine weitere Schülerin bemerkte, zumeist in den Ländern herrsche, aus denen die Flüchtlinge entflohen seien.

Und so endete die Veranstaltung damit, dass es wichtig sei, den Notleidenden in aller Welt Solidarität zu erweisen und Unterstützung zukommen zu lassen, was auch der ebenfalls anwesende Stadtverordnetenvorsteher Günter Pabst in seinem abschließenden Redebeitrag herausstellte.

Möglich gemacht hatte diese Veranstaltung die Kooperation mehrerer Unterstützer: der Deutsch-Ausländischen Gemeinschaft Schwalbach (DAGS), der Flüchtlingshilfe Schwalbach, des Jugendbildungswerks Schwalbach sowie der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit im Main-Taunus-Kreis (CJZ).



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