Vortrag: Von der DNA Sequenz zur Proteinstruktur…

Professor Dr. Werner Schiebler.Foto: Jakobi

Schwalbach (sbw). Von der DNA Sequenz zur Proteinstruktur, ist der Mensch berechenbar? Unter diesem Titel berichtete Professor Dr. Werner Schiebler vor mehr als 20 interessierten Zuhörern beim WiTechWi-Vortrag kürzlich von den neusten Möglichkeiten, Proteinstrukturen zu berechnen. Doch warum sind diese Strukturen so wichtig? Und welche Rolle spielen Proteine im Prozess des Lebens? Alle diese Fragen sollten im Vortrag beantwortet werden. Zunächst erklärte Schiebler wie die Erbinformationen des Menschen die Körperfunktionen steuern. Mit Hilfe jeweils bestimmter Teile der DNA – hier sind in der Zelle die Erbinformationen durch Ketten von Aminosäuren kodiert – werden spezifische Proteine erzeugt, die wiederum durch chemische Reaktionen den menschlichen Körper steuern. Ein bekanntes Protein ist z.B. Insulin. Schon seit längerer Zeit weiß man, dass die Reihenfolge der Aminosäuren auf der DNA die Reihenfolge der Aminosäuren im Protein bestimmt. Allerdings ist diese Reihenfolge nicht alleine wichtig für die Wirkung eines Proteins. Vielmehr spielt die geometrische Struktur des Proteins für seine Wirkung eine entscheidende Rolle. Daher hat man versucht, mit aufwendigen Verfahren diese Strukturen zu bestimmen. Allerdings waren diese Versuche bei vielen Proteinen wenig erfolgreich. Ausgehend von der Überlegung, dass die Struktur eines Proteins ja durch seine chemische Zusammensetzung bestimmt wird, hat man seit der Entwicklung von leistungsfähigen Computern immer wieder versucht, Strukturen zu berechnen. Die Ergebnisse bildeten aber nur in etwa 50 Prozent der Fälle die Wirklichkeit ab. Die Randbedingungen, die letztendlich die Struktur bestimmen, sind sehr komplex. Auch in der Natur ist es keineswegs so, dass sich ein Proteinmolekül sofort „richtig“ faltet und seine biologisch notwendige Struktur einnimmt. Die Natur hat daher trickreiche Mechanismen „erfunden“, die diese Faltung steuert und das Ergebnis prüft. Nachdem man aber immer mehr über die Kräfte, die die Struktur bestimmen, erforscht hatte, gelang es schließlich doch ein Computerprogramm (Alphafold2) zu entwickeln, dass in der Lage war, mit Hilfe der Simulation menschlicher Denkstrukturen (neuronale Netze, „künstliche Intelligenz“) und anderer besonderer Algorithmen durchschnittlich 92 Prozent der zu berechnenden Strukturen richtig zu ermitteln. Immer wenn es einem wissenschaftlichen Team gelungen war, mit klassischen Methoden eine Proteinstruktur zu bestimmen, wurde diese vor der Veröffentlichung des Ergebnisses mit dem Programm berechnet und beides dann miteinander verglichen.

Da die korrekte Struktur biologisch wirksamer Moleküle auch für die Entwicklung von Medikamenten entscheidend ist, war die Möglichkeit, solche Strukturen zu berechnen, auch für die Medizin von bahnbrechender Bedeutung. Schiebler zeigte anhand etlicher Beispiele aktuelle Erfolge auf diesem Gebiet.

Auch kann man nunmehr die Auswirkungen von Mutationen (Veränderungen in der menschlichen DNA) viel besser bestimmen.

Der Vortrag endete mit einer lebhaften Diskussion über Fragen wie:

Ist der Mensch und sein Verhalten nun in Zukunft berechenbar? Sind zukünftig alle Medikamente im Computer planbar? Ist komplett synthetisch biologisches Leben irgendwann im Computer planbar?

Für alle, die sich intensiver mit dem Thema beschäftigen wollen, ist die Präsentation zum Vortrag auf der Website von WiTechWi unter https://www.witechwi.de/Veranstaltungen/Dokumente/ abrufbar.



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