Ein Bauhaus mitten in der Stadt

Corona-Botschaften am Bauhaus geben ein Bild von der Stimmung der Künstler. Foto: HB

Steinbach (HB). Die Stadt hat beim Auftrag zur Sanierung der Untergasse offenbar eine gute Wahl getroffen. Auf dem orangefarbenen Firmenwagen, der vor der Baustelle parkt, fällt ein Gütesiegel auf, das für die „faire Vergabe“ öffentlicher Aufträge wirbt. So etwas liest man gerne. Drinnen macht die Belegschaft des Weilburger Unternehmens ihre Vesperpasuen, und neuerdings können die Arbeiter bei dieser Gelegenheit die Gemütslage in der Stadt studieren. Denn das benachbarte Stadtteilbüro hat den Wagen kurzerhand zum „Bauhaus“ erklärt und mit Grußbotschaften in der Coronazeit beklebt. Dem Eigentümer ist das recht.

Mit dem weltberühmten Bauhaus in Dessau, das vor 100 Jahren unter Walter Gropius einen revolutionären, weil funktionalen Architekturstil mit Glasfassaden und Flachdächern entwickelte, hat dieser Wagen rein gar nichts zu tun. Doch vor allem für Kinder ist er – in zentraler Lage unweit des Bürgerhauses – zur Projektionsfläche geworden. Den mit Blumen und Herzchen garnierten Hilferuf „Stoppt den Coronavirus“ wird jedes der ausgesperrten Schul- und Kita-Kinder vorbehaltlos unterschreiben. Das Blatt daneben enthält Anleitungen, die aus Frau Merkels Berliner Pressekonferenzen stammen könnten. „Kauft Toilettenartikel und Desinfektionsmittel nur, wenn ihr sie braucht. Schützt Eure Familie – wascht Eure Hände ordentlich.“ Es schließt mit der Feststellung „Wir bleiben zu Hause.“ Doch an anderer Stelle wünscht sich eine kindliche Malerin, mit einem Fabelwesen auf den Mond zu verschwinden. Derweil hat die St.-Bonifatius-Gemeinde aus der unmittelbaren Nachbarschaft einen Regenbogen als Friedenssymbol herübergeschickt und versprochen: „Alles wird gut.“

Animiert fühlen sich von dieser Wandzeitung aber auch Erwachsene aus der Steinbacher Kulturszene. Zum Beispiel E. Yildiz, die bei etlichen Wandellesungen mit eigenen Werken aufgetreten ist. Am Bauhaus hat sie Gedichte beigesteuert. „Tränen und Lachen“ vermittelt ihre Erkenntnis: „So wie Gott uns hat gewollt, so will ich diese Welt.“ Der Bauwagen ist noch lange nicht voll. Er wird bis in den August hinein an dieser Stelle stehen.



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