Christians Kürbis schaut freundlich drein

Kürbisschnitzen ist ein beliebter Zeitvertreib. Große und kleine Künstler haben einen Riesenspaß daran, dem Herbstgemüse zum bevorstehenden Halloweenfest einen freundlichen oder meist doch eher etwas furchterregenden (Gesichts-)Ausdruck zu verpassen. Foto: HB

Von Hans-Jürgen Biedermann

Steinbach. So ein Gewusel ist hier nur selten zu sehen. Das Hoffest bei Windeckers in der Eschborner Straße profitierte von einem Bilderbuchwetter. Unter dem stahlblauen Himmel, im milden Licht des goldenen Oktobers nahmen viele hundert Besucher die Parade der Kürbisse ab, und etliche weideten das Gemüse mit dem Schnitzmesser aus. Am kommenden Sonntag wird man die mit Kerzen ausgeleuchteten Schalen auf Fensterbänken und vor Haustüren wiedersehen. Dann ist Halloweenabend.

Am Hoftor warb ein prächtiger Hahn für das traditionelle Kürbisschnitzen, das von Familien als Höhepunkt im Stadtkalender geschätzt wird und zu dem weggezogene Steinbacher immer wieder gerne zurückkommen. Doch der Gockel wurde nicht gesichtet, dafür einige Hühner, die freilich nicht die Ruhe fanden, um auf den Kürbishaufen vor ihrem Stall genüsslich herumzupicken. Kinder durften das Federvieh streicheln, denn man kennt sich auf dem Hof. Dieses Fest wird seit langer Zeit gefeiert, und im vergangenen Jahr herrschte kollektive Trauer, weil die Pandemie Gottfried Windecker, seinem Sohn Michael und den Enkeln, die den Hofladen am Laufen halten, einen Strich durch die Rechnung machte.

Doch diesmal war die Eschborner Straße 32 ein Haus der offenen Tür, und alle Generationen kamen: Die Omas und Opas, die Eltern mit ihren Dreikäsehochs, von denen man glauben konnte, sie würden auf diesem Pflaster gerade das Laufen lernen.

Christian hat das längst hinter sich. Der Achtjährige bearbeitete schon einen goldgelben Kürbis und beschloss, ihm ein freundliches Gesicht und keine hässliche Fratze zu verpassen. An den Schnitztischen wurde über diesen alten Brauch geredet und gerätselt. Er stammt aus Irland, hat eine „heidnische Tradition mit einer dünnen christlichen Hülle“, wie es ein Historiker formuliert hat. Kaum jemand wird den Tunichtgut Jack Oldfield kennen, dem der Teufel eine beleuchtete Rübe geschenkt hat, damit er sich in der Dunkelheit orientieren konnte. Aus der Rübe wurde ein Kürbis und Halloween in Amerika ein Volksfest, das irische Einwanderer begründeten. Die einen sagen, der illuminiere Kürbis solle möglichst gruselig aussehen, um böse Geister zu vertreiben. Die anderen glauben, der Hohlkopf sei ein Zeichen , dass es hinter dieser Tür Süßes gibt, damit nicht mit Saurem gedroht werden muss.

Am Tag des Kürbis wurden drei davon für zehn Euro und das Gemüse als Suppe verkauft, Flammkuchen und Torte kredenzt, bayerisches Bier in der Flasche mit Schnappverschluss angeboten. Kinder tollten auf Strohhaufen herum und schmusten mit einem schwarzen Pferd auf der Rückseite der Scheune. Bernd Fischer war mit seiner Kutsche und zwei stämmigen Zugpferden aus Eschborn herübergekommen und brach während der vier Feststunden pausenlos zu einer Tour durch das Viertel auf. Katy Wisser, die in Colorado eine Ranch ihr eigen nennt, aber seit 30 Jahren in Steinbach das Westernreiten hochhält, hatte sieben ihrer 25 auf dem Stamm-Hof einquartierten Vierbeiner gesattelt, um die große Schar der kleinen Pferdefreunde im Schritttempo aus dem Hof führen zu lassen. Die Amerikanerin pflegt den Reitstil der Cowboys, hält die Zügel mit einer Hand und wirft mit der anderen das Lasso. Dann spricht man von Westernreiten. Mit ihr kann man im Feld nach Oberhöchststadt reiten. Auch ein grau-weißer Esel gehört zur Pferdecommunity. Er wurde aus Spanien importiert

Am Tag danach lagen im Hof noch reichlich rote, gelbe, grüne – große und kleine –Exemplare des Herbstgemüses. Sie sollen weiterhin verkauft werden.



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