Steinbach. Ein schlichter Kasten an der Rathauswand steht für den Fortschritt in der städtischen Verwaltung. Mit dem Ausweisterminal ist augenfällig geworden, dass die Digitalisierung im Rathaus Fahrt aufgenommen hat. Bis Ende nächsten Jahres sollen alle Serviceleistungen für den Bürger im Internet verfügbar sein.
Der Fortschritt steckt in einem grauen Blechgehäuse – mit 2,05 Metern mehr als mannshoch und 1,72 Meter breit. In den ersten beiden Wochen haben eine Handvoll Bürger aus den insgesamt 20 Fächern ihren Ausweis oder Reisepass entnommen. Immerhin ein Viertel aller Antragsteller nutzte auf Anhieb den 24-Stunden-Service und holte die Dokumente unabhängig von den Öffnungszeiten des Bürgerbüros ab. An den Wartezeiten von rund sechs Wochen hat sich nichts geändert. Bernarda Geißler, aus dem Leitungsteam des städtischen Dienstleistungsbüros weiß, dass sich Senioren mit der neuen Technik schwerer tun oder diese mangels Internet gar nicht nutzen können. Rollstuhlfahrer haben dagegen keine Probleme, der Scanner für den Fingerabdruck ist in der Höhe verstellbar.
Per Fingerabdruck zum Ausweis
Der Fingerabdruck ist in diesem Fall der Schlüssel zur digitalen Technik. Meist ist es der Zeigefinger, der im Bürgerbüro gescannt wird. Wer auf diese Weise den Ausweis beantragt hat, erhält einen Öffnungscode und wird per E-Mail informiert, wann das Dokument im Terminal bereit liegt. Die Station ist die erste ihrer Art im Hochtaunuskreis. Die Stadt hat sich den Fortschritt exakt 18 144 Euro kosten lassen. Nachbargemeinden haben sich schon nach den Erfahrungen mit dem Digi-Kasten erkundigt, darunter auch Eschborn, das den Betrag aus der Portokasse bezahlen könnte. Steinbachs Hauptamtsleiter Sebastian Köhler kündigt bereits den nächsten Schritt an: „Noch in diesem Jahr wird ein Passbildautomat vor dem Bürgerbüro aufgestellt, der digitale Fotos liefert.“
Gesetz kurbelt Digitalisierung an
Die Gemeinden kommen an der Technik nicht mehr vorbei, denn das hessische Online-Zugangsgesetz verpflichtet sie mit Ende kommenden Jahres alle Serviceleistungen im Netz anzubieten. Den Steinbacher Grünen geht das nicht weit genug, denn in ihrem Wahlprogramm fordern sie Wlan in der ganzen Stadt und eine „digitale Infrastruktur zur Parkraumbewirtschaftung oder für Luftqualitätsmessungen.“ Soweit ist man in der Stadtverwaltung noch längst nicht, aber es gibt schon „Hotspots“ für den Internetempfang an vier öffentlichen Orten, informiert Sebastian Köhler: Am Bürgerhaus, am Weiher-Spielplatz, auf dem Freien Platz und an der Altkönighalle. Der Amtsleiter verweist überdies auf eine Reihe von Dienstleistungen, die bereits „papierlos“ zur Verfügung stehen.
Briefwähler können ihre Wahlscheine online beantragen. Unter dem Begriff E-Payment wird der Rechnungsflow digital abgewickelt. Gewerbescheine werden über die städtische Homepage beantragt, Genehmigungen für Außengastronomie, die möglicherweise im April wieder aktuell sind, auf diesem Wege beantragt.
Digitale Aktenführung hat in die Verwaltung bereits seit geraumer Zeit Einzug gefunden, Sitzungsprotokolle sind online abrufbar. Über weitere Spezifikationen wird laut Köhler im Sachgebiet IT kontinuierlich nachgedacht. Impulse werden auch vom Stadtparlament erwartet, das am 14. März gewählt wird. Ein Portal für die Belegung von Kindergartenplätzen, das vom Stadtparlament vergangenes Jahr in Auftrag gegeben wurde, ist in Arbeit. Auf dieser Plattform sollen im Laufe des Jahres die Zahl der verfügbaren Plätze - auch in den kirchlichen Einrichtungen - sowie die Wartelisten abrufbar sein.
Befürchtungen, die Digitalisierung werde Arbeitsplätze in der Verwaltung kosten, hält Sebastian Köhler für unbegründet. Es gehe zwar auch um Zeit- und damit um Kostenersparnis, doch im Mittelpunkt stehe der Nutzen für die Bürger. Für diese soll der Rathaus-Service unabhängig von Dienstzeiten verfügbar sein. Die Steinbacher Verwaltung ist zudem so dünn besetzt, dass Arbeitsentlastung eigentlich dringend notwendig ist.