Ermordet, weil er Jude war

Josef Schwarzschild zog 1931 in die Schwanengasse 5. Zwölf Jahre später wurde der Jude aus Steinbach in Auschwitz ermordet. Foto: HB

Steinbach (HB). Es ist nicht bekannt, ob er die St.-Georgs-Kirche mit seiner evangelischen Frau Anna Marie jemals besucht hat. Aber am vergangenen Sonntag war sein Name im ältesten Bauwerk der Stadt präsent. Vier Tage nach dem Holocaust-Gedenktag erinnerte der Videogottesdienst an das schlimme Schicksal des jüdischen Mitbürgers Josef Schwarzschild, der im Dezember 1943 im Vernichtungslager Auschwitz ermordet wurde. Vor seinem Wohnhaus in der Schwanengasse 5 soll ein „Stolperstein“ zu seinem Gedenken verlegt werden.

Der kleine Josef besuchte von 1915 an die Schule im heutigen Rathaus, lernte das Maurerhandwerk, spielte bei der Germania Fußball, stand in der Freiwilligen Feuerwehr seinen Mann. Nach der Hochzeit mit seiner Schulfreundin zog das Paar in das Fachwerkhaus der Schwiegereltern. 1996 wurde an der Fassade eine Gedenktafel befestigt, vor der Pfarrer Herbert Lüdtke in den Videogottesdienst einführte. Flankiert von Kai Hilbig, dem Vorsitzenden des Geschichtsvereins, und seiner Vorstandskollegin Barbara Köhler, einer examinierten Historikerin, die an die Nürnberger Gesetze von 1936 erinnerte, mit denen die Nazis aus dem „Seppel“, wie ihn die Kumpel nannten, endgültig einen Aussätzigen gemacht haben.

Die Bahnstraße hieß Hermann-Göring-Straße, der Freie Platz Adolf-Hitler-Platz. Es gab eine Ortsgruppe der Nazipartei und einen Bürgermeister, der vom Sozialdemokraten zum Gefolgsmann des „Führers“ mutiert war. Davon sprach Barbara Köhler, und auch von Arbeitslosigkeit, Isolation und schließlich Denunziation, die Schwarzschild am 20. April 1943, Hitlers 54. Geburtstag, den SS-Schergen auslieferte. Man weiß, dass er im September 1943 von einem Lager in Heddernheim nach Auschwitz deportiert wurde. Im Januar 1944 wurde Anna Marie mitgeteilt, ihr Mann sei am 10. Dezember an Herzmuskelschwäche gestorben. Sie glaubte kein Wort. Die Historikerin hat im Kirchenbuch der evangelischen Gemeinde einen Eintrag gefunden, wonach Schwarzschilds Frau 1976 in Steinbach beerdigt wurde.

Vor dem Altar von St. Georg bat der Pfarrer seinen Herrgott für die Menschen, die aus der Geschichte nichts gelernt haben und Fremdenfeindlichkeit nach wie vor das Wort reden. „Liebe deinen Nächsten, denn er ist wie du“, stellte Herbert Lüdtke eine Botchaft des jüdischen Religionsphilosophen Martin Buber dagegen. Den musikalischen Part übernahm der jüdische Liedermacher Danny Bober.

Ein Stolperstein wird gesetzt

Josef Schwarzschild, dem gebürtigen Bommersheimer, der nur 35 Jahre alt wurde, wird vor seinem Wohnhaus in der Schwanengasse mit einem „Stolperstein“ gedacht werden. Die Pflastersteine mit der Messingplatte hat der Kölner Künstler Gunter Demnig „erfunden“ und davon bereits etwa 80 000 Exemplare in 27 europäischen Ländern als Mahnmale verlegt. Es sind Gedenksteine mit den persönlichen Daten der Opfer, die auf den Gehwegen vor den Deportationsorten dazu auffordern, dieses düstere Kapitel deutscher Geschichte nicht zu vergessen. Kai Hilbig hat mit dem Künstler einen Termin in Steinbach für den Herbst ins Auge gefasst. Damit auch der Mord an Josef Schwarzschild im Gedächtnis der Steinbacher verankert bleibt.



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