Frankfurt soll ante portas bleiben

Auf diesen Feldern vor der Frankfurter Skyline plant Frankfurt das Quartier „Steinbach Ost mit 4000 Einwohnern, S-Bahn-Halt und Steinbachpark. Doch in Steinbach stößt das Vorhaben auf wenig Gegenliebe.Foto: HB“

Von Hans-Jürgen Biedermann

Steinbach. Wer im Wingertsgrund in Höhe der Bolzplätze die S-Bahn-Brücke überquert, steht bereits auf Frankfurter Gebiet. Hinter der S-Bahntrasse breitet sich Ackerland bis zur A5 aus, und die Steinbacher sind eigentlich davon überzeugt, dass dies auch so bleiben wird. Doch die Zuversicht könnte schwinden. Frankfurt betreibt nach wie vor und gegen den ausdrücklichen Willen der Regionalversammlung eine expansive Baupolitik. Auf der Agenda der Eurocity steht unverändert die „Josefstadt.“ Vor den Toren Steinbachs sollen 1500 Wohungen entstehen. Von Hochhäusern ist bislang keine Rede.

Eigentlich wähnte sich die Kommune über den Berg, nachdem die Regionalversammlung im Dezember vergangenen Jahres den Erhalt der Frischluftschneisen für unumstößlich erklärt hatte. Nunmehr könne Frankfurt die Wohunungsbaupläne westlich der Autobahn abschreiben und sich voll und ganz auf das Territorium östlich der A5 konzentrieren. Doch die Pläne wurden lediglich abgespeckt. Von den ursprünglich angepeilten 12 000 Wohnungen sind noch 8600.übrig geblieben – 1500 davon auf der Westseite der Autopiste und allesamt in der Steinbacher Nachbarschaft. Vom Wohnungsbau vor Weißkirchen ist nicht mehr die Rede. Steinbach steht isoliert da.

Als vergiftete Köder, so heißt es im Rathaus, habe Frankfurt den Steinbachpark und einen U-Bahn-Anschluss ausgelegt. Das Entwicklungsprojekt, dessen Preisträger vergangene Woche im Römer vorgetellt wurden, nennt sich „Stadtteil der Quartiere“, wozu „Steinbach-Ost“ gehört. Es soll 4000 Menschen beherbergen und auch einen Haltepunkt an der bis Steinbach verlängerten U7 bekommen. Die Stadt habe zwar formal kein „Vetorecht“, doch ihr Einverständnis sei Voraussetzung für einen Baubeschluss der Frankfurter Stadtverordneten, der allerdings nicht vor Ende 2021 erfolgen wird. Der Baubeginn östlich der A5, ist in Praunheim und in der Nordweststadt geplant. In Steinbach-Ost werden die Bagger voraussichtlich erst in den 30er-Jahren Baugruben ausheben.

Steinbach kämpft nicht allein

Rathauschef Steffen Bonk sagt auch zu den maßvolleren Bauplänen weiterhin „Nein“, und er weiß sich politischer Rückendeckung sicher. In der Stadtverordnetenverammlung gibt es kein Wanken und Weichen – im Kreis steht eine Phalanx mit dem Landrat an der Spitze. Auch die Bundes- und Lamdtagsabgeordneten halten Kurs. Stefan Naas, früherer Steinbacher Bürgermeister und nunmehr FDP-Abgeordneter in Wiesbaden, sowieso. Der 44-Jährige, auf dem Sprung ins Steinbacher Stadtparlament, sieht bereits eine Reihe kapitaler Hochhäuser am Horizont auftauchen.

Steinbach müsse eine Stadt im Grünen bleiben und dürfe nicht zum Anhängsel einer Frankfurter Trabantenstadt werden, lautet das Credo der Widerständler. Unerschütterlich steht auch die Bürgerinitiative „Feld statt Beton“, die der Großstadt vorwirft, sie wolle einen der besten Ackerböden der Bundesrepublik versiegeln. Die Landwirte sind mit schwerem Gerät angerückt und verliehen ihrem Protest mit einer Menschenkette Nachdruck. Der Steinbacher CDU-Vorsitzende Jonny Kumar attestierte dem favorisierten Entwurf „positivere Impulse der Landschaftsschonung“, spricht Frankfurt jedoch das Recht ab, „Steinbach-Ost“ zu planen.

Diese Position vertritt auch Moritz Kletzka.Der SPD-Ortsvereinsvorsitzende tritt jedoch für einen Dialog mit dem Ziel eines Geländeverzichts zugunsten Steinbachs ein. Frankfurt solle die für das Baugebiet Steinbach-Ost vorgesehene Fläche abtreten und die Entscheidung über die Nutzung den Steinbachern überlassen. Kletzka selbst ist gegen eine Bebauung. Der Vorschlag ist im Ortsverein abgestimmt, jedoch noch ncht an die Frankfurter Adesse übermittelt worden.

Der Frankfurter Planungsdezernent Mike Josef war bereits vor dreieinhalb Jahren im Steinbacher Rathaus und stellte damals die allerersten Baupläe vor. Womöglich wird er in absehbarer Zeit wieder vorbeikommen, denn er will der Nachbarkommune ein „Ja“ zu den Quartiersplänen abhandeln. Bürgermeister Steffen Bonk versagt sich einem Dialog nicht, denn es gebiete die Höflichkeit, eine solche Offerte anzunehmen. Doch derzeit stehen die Chancen für eine einvernehmliche Lösung ziemlich schlecht. Vor der Kommunalwahl im März wird das Treffen auf keinem Fall stattfinden.

Alles oder nichts

In Bausch und Bogen lehnt der Bürgermeister das prämierte Planwerk nicht ab. „Die Landschaftsplanung hat Charme.“ Das gilt vor allem für den Steinbachpark, der aus der Aue einen Erlebnisraum machen soll. Doch im Franfurter Dezernat sagt man, der müsse im Zusammenhang mit Steinbach-Ost gesehen werden. Soll heißen, ohne das Quartier wird auch die Landschaft nicht aufpoliert. Es gibt Steinbacher Bürger, die mit der reduzierten Bauplaunung leben können. Bis zur Realisierung werde ein Jahrzehnt ins Land gehen und man wisse doch gar nicht, wie der politische Horizont dann aussehe.



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