Heruntergekommen, aber nicht aufgegeben

Peter Nicol (2.v.l.) lädt am Tag des Offenen Denkmals zur Führung auf seinen heruntergekommenen Bauernhof in der Kirchgasse 11. Er erläutert den Besuchern, dass er hier Wohnraum schaffen wolle, sich aber von den Behörden ausgebremst fühle. Fotos: HB

Von Hans Jürgen Biedermann

Steinbach. Es sieht aus wie eine Ruine, ist aber eine denkmalgeschützte Einheit: Die Liegenschaft in der Ortsmitte, die beim Tag des offenen Denkmals besichtigt werden konnte. Der Besitzer nutzte die Gelegenheit und informierte die Besucher über seine Pläne und Schwierigkeiten.

Am Tag des Offenen Denkmals ging am vergangenen Sonntag eine Tür auf, mit der niemand gerechnet hatte. In der Kirchgasse 11 gab der Eigentümer das marode Gehöft neben dem Quellenhof zur Besichtigung frei. Im Hof der Liegenschaft interessierte die Besucher in erster Linie: Warum gibt eine unter Denkmalschutz stehende Liegenschaft ein derart trostloses Bild ab?

Über diese Adresse wird seit Jahrzehnten die Nase gerümpft. Das hinfällig wirkende Ensemble aus dem siebzehnten Jahrhundert steht an einer exponierten Stelle des alten Ortskerns. Rechter Hand liegt der Quellenhof, davor die alte Schmiede, aus der eine Kleinkunstbühne werden könnte und die St. Ge- orgskirche, mit 800 Jahren das älteste Bauwerk der Stadt, ist nur einen Steinwurf entfernt. Aus diesem Quartier soll im Rahmen eines Förderprogramms, das überwiegend von Bund und Land finanziert wird, ein „lebendiges Zentrum“ werden. Auf dem verlassenen Bauernhof hat Peter Nicol einen Anfang gemacht: Soviel Leben wie am vergangenen Sonntag gab es dort schon lange nicht mehr.

Obwohl der 81 Jahre alte Eigentümer die Öffnung nicht an die große Glocke gehängt hatte, fanden sich auf den holprigen Steinen hinter dem halb geöffneten Tor einige neugierige Besucher ein. So führte Nicol dann durch die Liegenschaft, sperrte die Tür zum ehemaligen Schweinestall auf, in dem er ein Baugerüst deponiert hat, öffnete die Scheune, in der ein Zementmischer steht und der Blick auf eine Tür fällt, die in einen Keller führt, den sein Vater als Lager für Rüben und Kartoffel gegraben hat. Wilhelm Nicol hatte den Hof mit seiner Frau bis Mitte der siebziger Jahre bewirtschaftet. Seitdem steht er leer.

Ziegelstein und Plumpsklo

Ebenso verlassen ist das einstige Wohnhaus der Familie samt Seitenflügel, in dem Peter als Kind schlief, hinter dem braunen Klappladen. Es gab keine Heizung, stattdessen wurde das Bett mit einem Ziegelstein erwärmt. Die Toilette bestand damals aus einem neben dem Schweinestall liegenden Plumpsklo. So waren die Verhältnisse nach dem Krieg in Steinbach, einem Bauerndorf mit rund 1200 Einwohnern. In der Garage steht ein 70 Jahre alter Traktor, an dem Ex-Bürgermeister Stefan Naas vorübergehend Interesse zeigte. Auch die Futterküche stand offen, in der einstmals zum Weihnachtsmarkt Kartoffelpuffer gebacken wurden.

Peter Nicol hat auf Lehramt studiert und in Hofheim unterrichtet. Nach seiner Pensionierung machte er den Bachelor als Bauingenieur an der Hochschule in Darmstadt und danach wollte er sich den Wunsch erfüllen, auf dem Hof seiner Eltern wieder Wohnraum zu schaffen – in Eigenhilfe ohne Unterstützung von außen. Der Weg dorthin ist noch weit und vor dem Hintergrund seines fortgeschrittenen Alters befürchtet der Baumensch, er werde dies nicht mehr erleben.

Blockierte Gestaltungspläne

Das liegt nicht nur am Denkmalschutz, sondern an dem gestörten Verhältnis zur Bauaufsicht beim Hochtaunuskreis. Nicol fühlt sich nicht respektiert, nicht ernst genommen. Die Behörde blockiere seine Pläne für Abriss und Neubau auf dem Scheunenplatz. Nunmehr erwägt er die Nutzung des 80 Quadratmeter großen Wohnhauses. Der Bausicherungspflicht komme er nach, betonte Nicol, wenngleich die Liegenschaft den Eindruck macht, als bestehe jederzeit Einsturzgefahr. Das Ziegeldach an der Rückseite musste er mit einem Netz festzurren, nachdem beim Nachbarn Müller-Bady, einem mittlerweile zurückgetretenen Stadtverordneten der Grünen, Teile im Vorgarten gelandet waren.

Peter Nicol will noch immer nicht die Hoffnung aufgeben, der Denkmalschutz werde so weit gelockert, dass eine wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks möglich sei. Dabei hofft er auf die Unterstützung des Bürgermeisters, dem er dieser Tage eine umfangreiche Akte über die Liegenschaft in der Kirchgasse zugeschickt habe, damit dort neues Leben einziehen kann. Die Antwort von Steffen Bonk stehe allerdings noch aus.

Weitere Artikelbilder



X