Steinbach (stw). „Schau mal, so könnte es gehen“, sagt Odarka Fröhlich, und mit flinken Fingern sticht sie die Nadel geschickt in den Stoff. Währenddessen schaut ihr Ruslana Porokhnia interessiert zu. Dann nimmt sie sich ihre kleine Stickerei wieder selbst vor und versucht es Odarka Fröhlich gleichzutun. Sabine Wolf, die beiden Frauen gegenüber sitzt, verfolgt das Geschehen interessiert und wendet sich dann wieder ihrer eigenen Stickerei zu. Sie freut sich, dass Ruslana Porokhnia ihre gestickte Postkarte, an der sie gerade arbeitet, dazu inspiriert hat, das Rosenmotiv nachzuarbeiten.
Seit Ende Oktober gibt es ein neues Angebot im Stadtteilbüro, das sich „Internationales Sticken“ nennt. Odarka Fröhlich leitet den Kurs. „Angefangen hat alles beim Stadtfest, als ich am ukrainischen Stand klassische Stickereien ausgestellt hatte“, erinnert sich die 38-Jährige, die seit einem Jahr in Steinbach lebt. „Es kamen so viele Anfragen dazu, dass ich eigentlich nur einen kleinen Workshop machen wollte, und herausgekommen ist schließlich ein Kurs“, erzählt sie schmunzelnd. Das Angebot ist offen, gestickt werden nicht nur ukrainische Muster, sondern alles, was das Herz begehrt.
Etwa zehn Frauen kommen in der Regel zum Treff, der alle zwei Wochen stattfindet. „Die meisten haben ein konkretes Projekt, haben etwas gesehen, dass sie gern umsetzen möchten“, erzählt Odarka Fröhlich. Sie selbst hat das Sticken von ihrer „Babuschka“, ihrer Oma, gelernt. „Ich habe sie schon als kleines Mädchen bei der Stickarbeit beobachtet und wollte auch etwas machen“, erinnert sie sich. „Sie hat es mir erlaubt, auch wenn ich ein ganz schönes Kuddelmuddel angerichtet und auch Fehler gemacht habe. Dann hat sie mir gezeigt, wie es richtig geht“, erzählt Fröhlich. Seitdem ist das Sticken ein geliebtes Hobby geworden. „Ich genieße die Beschäftigung. Das bringt mich runter und ich kann dabei abschalten“, sagt Odarka Fröhlich. Wie ihre Babuschka arbeitet sie gern große Bilder. „An meinen Wänden ist kaum Platz, aber zu Glück habe ich eine große Familie, die ich beschenken kann“, sagt sie und lacht. Jetzt hilft sie anderen dabei, ihre Fantasie in Kreuz-, Stiel-, Knötchen- oder auch Plattstich umzusetzen. So unterschiedlich wie die Frauen, die um den großen Tisch herumsitzen, sind auch die Motive und Sticktechniken. Hessische Stickerei oder Sashiko, die Stickkunst aus Japan sind dabei genauso wie der moderne Stil.
„Ich finde es schön, dass man sich über Kultur mitteilen kann“, findet Quartiersmanagerin Bärbel Andresen. Die Materialien für das Projekt wie Stramin, Garn, Stoff, stammen aus Spenden.
Olena Demianenko arbeitet zwar gerade an einer Tischdecke mit Blumen, zeigt aber stolz ein zweites Projekt. Es ist eine Bluse mit einem Muster aus Kornblumen und Margeriten. Ein Kunstwerk gestickt auf weißes Leinen. Neben ihr sitzt Iryna Bondar, die sich am französischen Knötchenstich versucht. Unter ihren Händen entsteht ein Kranz mit verschiedenen Blumen. „In die Mitte sticke ich dann noch die Worte ‚Herzlich Willkommen‘ und hänge ihn mir später an die Tür“, verrät sie. Wer weiß, vielleicht wird diese Arbeit später einmal an die Kinder oder Enkel weitergegeben werden und noch deren Heim verschönern.
Das nächste Treffen findet am Samstag, 25. November ab 15 Uhr im Stadtteilbüro in der Untergasse statt. Weitere Termine sind für Samstag, 16. Dezember sowie am 13. Januar geplant.