Steinbach (stw). Der Bürgerselbsthilfeverein „die brücke“ in Steinbach setzt sich dafür ein, die Lebensqualität in der Gemeinschaft zu erhalten und zu verbessern. Die Steinbacher leben in einem sehr guten Miteinander, aber in jedem Ort kann es zu Konflikten und Streitigkeiten kommen. Wie man Streit einvernehmlich und für alle Parteien zufriedenstellend löst, berichtete jetzt die gelernte Wirtschaftsjuristin Tanja Nagler auf Einladung des Vereins im Bürgerhaus.
Nagler stammt selbst aus Steinbach und hat sich kürzlich als Mediatorin selbstständig gemacht, sie hatte den Schwerpunkt Mediation bereits in ihrem Masterstudium. Der Bezug zur Bürgerselbsthilfe war schnell hergestellt: Mediation baut Brücken, begann sie ihren Vortrag. Es gehe darum, eine einvernehmliche Lösung zwischen zwei Parteien zu finden, anders als bei Gerichtsverfahren gebe es keine Gewinner und Verlierer. Es sei vielmehr das Ziel, dass die Parteien im guten Miteinander auseinander gehen durch eine Konfliktbearbeitung, die nach Lösungen für die Gegenwart und Zukunft sucht, statt vergangene Streitigkeiten zu bewerten. Dadurch werde eine Belastung von Körper, Geist und Seele vermieden, es entstehe im Gegenteil eine Entlastung und Wohlgefühl. Die Mediatorin ist unabhängig und neutral, sie leite ohne Entscheidungsbefugnis durch das Verfahren, welches in sieben Phasen zur Einigung gelangen soll, so Nagler. „Ich leite und fördere die Kommunikation und gewährleiste eine angemessene und faire Einbindung beider Parteien“, sagte Nagler. Dabei werde das Ergebnis von den beiden Parteien selber erarbeitet, womit es ein Gewinn für alle darstellt.
Nach dem sogenannten Eisbergmodell, so Nagler, liege nur 20 Prozent der menschlichen Kommunikation über der Oberfläche, das seien sichtbare Positionen, also die verbalen Streitigkeiten. Die 80 Prozent unter der Oberfläche seien die verborgenen Bedürfnisse und Wünsche, die herausgearbeitet werden müssen, da sie für eine zufriedenstellende Lösung notwendig sind. Dafür nannte Nagler einen festgefahrenen Ehestreit als Beispiel, bei welchem beide Partner täglich über Kleinigkeiten stritten, wie die Badbenutzung oder das Abendessen, in Wirklichkeit gehe es aber um tiefsitzende Frustrationen wie, dass der Ehemann gekränkt ist, dass seine Ehefrau schon seit langer Zeit nicht mehr mit ihm ausgehen will und sie Probleme auf ihrer neuen Arbeit hat und sich nicht verstanden fühlt. „Eine Mediation kann in wenigen Stunden verhindern, dass die festgefahrene Ehekrise zur Scheidung führt, solange beide wieder zueinander finden möchten, es aber alleine nicht schaffen“, erklärte Nagler.
Ein klassischer Fall für eine Mediation sei der Nachbarschaftsstreit wegen Lärmbelästigung oder die Nutzung gemeinsamer Flächen, wenn jeder auf seinem Standpunkt behaart. Weiter Konflikte, bei denen eine Mediation sinnvoll sein könne, sind Streitigkeiten bei Erbfällen, am Arbeitsplatz, zwischen Geschäftspartnern oder in der Schule. Ziel sei immer die Lösung des bestehenden Konflikts und nicht die Konfrontation der Parteien durch gegenseitiges Aufeinander-Zugehen unter Leitung der Mediatorin, so profitieren beide Parteien vom Ergebnis. Es gebe allerdings Konflikte, bei denen eine Mediation nicht sinnvoll sei. In Fällen häuslicher Gewalt oder massiver psychischer Unterdrückung ist Mediation ungeeignet, stellte Nagler klar. Wenn es um Kriminalität gehe, bei Diebstahl, Betrug oder Körperverletzung, stehe die gerichtliche Auseinandersetzung im Vordergrund, da eine strafrechtliche Verfolgung notwendig ist.
„Mediation funktioniert besonders gut, wenn beide Seiten grundsätzlich an einer Einigung interessiert sind und offen für Verhandlungen bleiben“, erläuterte Nagler. Die Kosten seien meist deutlich geringer als bei Gerichtsverfahren. Am Ende unterzeichneten die Parteien eine Vereinbarung, welche einvernehmliche Lösung gefunden sei und wie sie umgesetzt werden soll. Das erleichtere das künftige Miteinander und beugt Missverständnissen vor, sagte Nagler. Wer den Vortrag verpasst hat, kann gerne im Intenet unter www.tanja-nagler.de alle Informationen nachlesen und gegebenenfalls bei Problemen und Fragen den Kontakt herstellen.
Für den Vortrag bedankte sich die Vorsitzende des Vereins, Gabriele Eilers, mit einem Strauß Blumen und Merci-Schokolade. Die Bürgerselbsthilfe „die brücke“ lädt einmal im Monat zu Vorträgen ein, die die Menschen in Steinbach interessieren. Es ist eine der vielfältigen Aktivitäten des Vereins mit seinen rund 370 Mitgliedern. Dazu gehören das Sonntagscafé, Spaziergänge, Spieleabende und Feste. Ein Schwerpunkt ist die Hilfe im Alltag für meist ältere Menschen. Sie erhalten Unterstützung von Helfern beim Arztbesuch oder Einkauf. Solche Helfer werden weiterhin gesucht, betont Gabriele Eilers. Wer Interesse hat, kann sich unter Telefon 06171-981800 oder per E-Mail an info@brücke-steinbach.de wenden.