Die „Problemlöserin“ hinter den Kulissen

Seit 22 Jahren managt Rathausmitarbeiterin Janina Kühne die Theaterreihe Steinbach und kennt ihre Abonnenten. Foto: csc

Von Christine Šarac

Steinbach. Der Gong ertönt, und auch die letzten Besucher der Theaterreihe Steinbach strömen in den großen Saal des Bürgerhauses, um ihre Plätze einzunehmen, bevor sich der samtene Bühnenvorhang hebt. Es ist der Moment, in dem Janina Kühne, städtische Mitarbeiterin im Rathaus und seit 22 Jahren für das Gelingen der Theaterreihe verantwortlich, einmal kurz Luft holen kann.

Was die Theaterbesucher nicht ahnen. Bevor sie hier eintrafen, um einen schönen Abend zu verleben, hat sich schon Stunden zuvor vieles getan. Für Janina Kühne ist das Projekt Theater ein abendfüllendes Programm, das sie mit ganz viel Herzblut ausführt. Die organisatorische Arbeit für die Theaterreihe, die die Stadt in Zusammenarbeit mit dem Kultur- und Partnerschaftsverein anbietet, liegt auch in ihren Händen. „Ich wähle für jede neue Saison die Stücke aus, erarbeite den Bestuhlungsplan und mache die Abrechnung“, erzählt sie. Wenn Janina Kühne am Theaterabend gegen 18 Uhr nach einem arbeitsreichen Tag ins Bürgerhaus kommt, hat sie immer eine große Tasche dabei. Wichtigstes Utensil darin ist ein schwarzer Aktenordner. Er enthält alle Informationen, die es zu jedem Stück gibt. Dazu gehören nicht nur die Bühnenanweisungen des Tourneetheaters und sämtliche Verträge, sondern auch der gesamte E-Mail-Verkehr. „Das muss sein, denn wenn ich hier bin, kann ich ja nicht mehr auf meinen Rechner im Büro zugreifen“, erklärt Janina Kühne. Sie kümmert sich darum, dass in der Garderobe der Damen Blumensträuße stehen, die sie bereits zuvor besorgt hat, und auch Erfrischungsgetränke und Schokolade für die Nerven finden die Schauspieler vor. „Das schreiben viele Akteure auch ins Gästebuch, dass sie sich bei uns gut betreut gefühlt haben“, sagt sie nicht ohne stolz. Angelika Mann und Inez Timmer haben sich da zum Beispiel mit den Worten „klein aber fein“ verewigt. Brigitte Grothum schrieb im November 2011 „Wir haben uns wohl gefühlt“ und auch Doris Kunstmann, die schon öfter im Bürgerhaus aufgetreten ist, hinterließ eine Widmung „mit besonders herzlichem Dank“.

Apropos, die Garderobe ist, sobald die Schauspieler eintreffen, eine Tabuzone. „Die meisten brauchen und wünschen sich dann Ruhe, und das respektieren wir natürlich“, erzählt Janina Kühne. „Auch Selfies machen oder Autogrammwünsche äußern sind für mich ein No-Go, es sei denn, die Schauspieler selbst äußern diesen Wunsch“, sagt die 46-Jährige bestimmt. Dennoch ergaben sich in den vergangenen 22 Jahren viele schöne Begegnungen. „Ich erinnere mich an ein nettes Gespräch mit Tom Gerhard. Auch Doris Kunstmann ist eine ganz reizende Person“, schwärmt Janina Kühne. „Marion Kracht hat mir sogar mal eines ihrer Kochbücher geschenkt. Das steht jetzt bei mir zu Hause“, erzählt sie. Die Liste ließe sich noch weiter fortführen. „Das Schöne an dieser Arbeit ist, dass es nie langweilig wird. Eine Routine gibt es nicht. Jede Vorstellung läuft anders ab“, so die Mutter einer neunjährigen Tochter. Die wichtigste Eigenschaft, die man mitbringen muss, sei Flexibilität, betont sie. „Wenn um 16 Uhr noch ein Bühnenarbeiter organisiert werden muss, dann darf man nicht lange überlegen“, weiß die Problemlöserin.

Zum Glück hat Janina Kühne aber auch ein Team, auf das sie sich verlassen kann. Zum Beispiel gehören die drei Hausmeister des Bürgerhauses dazu. Gerhard Fuchs und Gerald Dehn sind zum Beispiel für die Bestuhlung zuständig. Das klingt erst mal nicht spektakulär, ist aber ein schweißtreibender Job, schließlich müssen 199 Stühle zu 16 Reihen aufgebaut werden. Die Stuhlreihenerhöhung für die Reihen fünf bis 16 übernehmen Mitarbeiter des Bauhofs, die einen Tag zuvor anrücken. Hausmeister Lahsen Maach, der die Abendschicht übernimmt, ist gegen 18.30 Uhr bereits damit beschäftigt, in der Küche im ersten Stock 50 Brezeln aufzubacken, die später in der Pause als Snack an der Bar verkauft werden. Derweil polieren Serveta Harrop und Ines Dietze, beide Mitarbeiterinnen des städtischen Kindergartens „Wiesenstrolche“, die Gläser und bauen die Getränkeauswahl gut sichtbar auf. Ines Dietze hat am nächsten Morgen ihren letzten Arbeitstag und wird in den Ruhestand verabschiedet. „Es ist gut, dass ich heute Abend hier wieder mitarbeiten kann, das lenkt mich ab, und der Tag morgen ist nicht so schwer für mich“, erzählt sie. Inzwischen ist auch das Ehepaar Schmidt eingetroffen, das seit 2020 die Garderobe managt. Nun kontrolliert Janina Kühne noch einmal, ob die Stühle auch alle richtig stehen. „Ah, da sehe ich schon einen Fehler“, sagt sie und schiebt die Plätze acht und neun zusammen. Beim Bestuhlungsplan ist es so ähnlich wie bei der Tischordnung einer Hochzeit – hier ist Fingerspitzengefühl gefragt. „Ich kenne meine Abonnenten und weiß, wer gern neben wem sitzt“, so Kühne. Bei 113 Aboplätzen eine starke Leistung. Falls jemand mit seinem Platz nicht zufrieden ist, versucht Janina Kühne, auch dieses Problem zu lösen, sofern es ihr möglich ist. „Das ist eben der Unterschied zu einem großen Haus wie der Jahrhunderthalle“, erklärt sie. Ein schwerer Schlag für die Theaterreihe war der Brand des Bürgerhauses 2013. „Ich war gerade im Urlaub, als der Anruf kam. Ich konnte es einfach nicht glauben“, erinnert sich Janina Kühne. Damals hatte gerade ihre dreijährige Elternzeit begonnen, sodass sie bei ihrer Rückkehr ein völlig neues Bürgerhaus vorfand.

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