Schmierfinken kommen ungestraft davon

Was so harmlos aussieht, ist dennoch nicht einfach nur ein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat und wird als solche auch von der Kriminalstatistik erfasst: Sprayer-Hinterlassenschaft in der Bornhohl. Foto: HB

Hans-Jürgen Biedermann

Steinbach. Corona beeinflusste auch in Steinbach die Kriminalitätsstatistik, mehr noch jedoch ein einzelner Täter. Der Jugendliche verübte im zurückliegenden Jahr Straftaten wie am Fließband und bewirkte damit, dass die Kommune nun in der Statistik schlecht dasteht.

Die guten Nachrichten zuerst: Im Vorjahr ging die Zahl der Wohnungseinbrüche von elf auf sechs zurück und es wurde kein einziges Auto gestohlen. Doch die Kriminalität ist in der achtgrößten Kommune des Hochtaunuskreises gleichwohl um rund 13 Prozent gestiegen. Das ist die schlechte Nachricht, denn im Kreis sieht es ganz anders aus, denn hier sind die Fallzahlen um 9,5 Prozent gesunken. Der Negativtrend in Steinbach hängt mit einem 19-Jährigen zusammen, der Straftaten wie am Fließband verübte und in die Kategorie der Intensivtäter eingestuft wird.

In der Kriminalstatistik der Polizeidirektion Bad Homburg werden überwiegend Zahlen und nur ganz besondere Fallbeispiele veröffentlicht. Diesmal befasst sich der Report mit jenem Deutschen aus Steinbach, den man getrost als „schweren Jungen“ bezeichnen kann, bei dem alle Angebote der Jugendgerichtshilfe verpufft sind. Der junge Mann hat im vergangenen Jahr beinahe jede Woche eine Straftat verübt. Von 35 Einbruchdiebstählen sind 23 in Steinbach begangen worden, außerdem drei Sachbeschädigungen und eine Brandstiftung. Eine zuvor verhängte zweijährige Jugendstrafe bewirkte keine Verhaltensänderung. Im November vergangen Jahres wurde er daher erneut für zwei Jahre hinter Gitter geschickt.

Er suchte den „Kick“

Die juristische Aufarbeitung seiner Delikte ist noch nicht abgeschlossen. Dazu gehören Unterschlagungen, Fahren ohne Führerschein und die Missachtung von Auflagen der Bewährungshilfe. Straftaten, so erfuhr die Polizei, brachten ihm einen „Kick“, den er sonst nirgendwo finden konnte.

Mit 387 Fällen hat die Kriminalität in Steinbach wieder das Niveau von 2018 erreicht. Bei der Häufigkeitsziffer, der Zahl der Straftaten pro 100 000 Einwohner, liegt die Stadt kreisweit auf Platz fünf, hinter Bad Homburg, Oberursel, Usingen und Grävenwiesbach, aber vor Friedrichsdorf.

Miese Aufklärungsquote

Die Aufklärungsquote beträgt allerdings lediglich 54,8 Prozent und damit deutlich weniger als im Kreisdurchschnitt, der bei 63,5 Prozent liegt. Die magere Ausbeute ist vor allem der Sachbeschädigung geschuldet, deren 50 Delikte nur zu 16 Prozent aufgeklärt wurden. In diese Kategorie fallen Schmierereien an Hauswänden in der Berliner Straße, Kritzeleien auf Holzbänken im Spielpark am Grünen Weg und Brandspuren an einer hölzernen Sitzgruppe auf dem Bolzplatz im Wingertsgrund.

In der Statistik schlägt die leichte Körperverletzung mit 39 Fällen zu Buche, danach folgen Fahrraddiebstähle mit 34 Fällen auf Platz drei unter den fünf häufigsten Delikten. Rauschgifthandel mündete in 24 Ermittlungsverfahren und Diebstähle von Motorrädern und Mopeds, überwiegend aus Garagen in der Stettiner Straße, summierten sich auf 22 Fälle.

Corona beeinflusste die Kriminalstatistik in mehrfacher Hinsicht. Wegen der häufigeren Anwesenheit von Hausbewohnern und Mietern sanken die Tatgelegenheiten und die Zahl der Wohnungseinbrüche ging im Hochtaunus- kreis um 41 Prozent zurück. Dagegen nahm die häusliche Gewalt um 18,5 Prozent zu, offenbar als Folge des Aggressionsstaus, den Homeoffice und Homeschooling in Familien verursacht haben. Insgesamt wurden 391 einschlägige Straftaten angezeigt, wobei die Gewalt in 77 Prozent der Fälle von Männern ausging. Hierbei liegen die Zahlen nicht nach den einzelnen Kommunen aufgeschlüsselt, sondern nur als Gesamtbetrachtung für den Hochtaunuskreis vor.

Stadtpolizei und Streetworker

Die steigende Kriminalität wird die Kommunalpolitik in Steinbach beeinflussen. Die Aufstockung der Stadtpolizei von 2,6 auf vier Stellen ist so gut wie beschlossen. Die Einstellung von Streetworkern in Verbindung mit jugendpolitischen Konzepten rückt in den Focus. Das Präventionsprogramm des Landes, Stichwort Kompass, dem die Kommune im vergangenen Jahr beigetreten ist, wird in diesem Jahr mit Workshops und Bürgerforen anlaufen. Corona sorgte auch hier für erhebliche Verzögerungen.



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