Sie wollen zum einmaligen Marathon nach Göteborg

Sigrid Hilbig (links) und Pia Sauerwald beim Trainingslauf im Stadtwald. Foto: HB

Steinbach (HB). Sie ist eine stadtbekannte Frau, eine, die sich ehrenamtlich sehr engagiert. Vorsitzende im Bürgerselbsthilfeverein „Die Brücke“ und im Kulturverein und Freundschaftsverein. Eine, die den Partnergemeinden Avertin an der Loire und Steinbach-Hallenberg im Thüringer Wald gerade in Coronazeiten nahe ist. So kennt man Sigrid Hilbig. Die weniger bekannte Seite der 56-Jährigen ist ihre Liebe zum Laufen. Sie ist Marathonfrau und ist an Sehnsuchtsorten unterwegs, an denen die großen Gefühle entstehen. In New York zwischen Staten Island und dem Centralpark, in Frankfurt von den Hochhausschluchten in die Festhalle und demnächst in Göteborg, das die Schweden Gotenhafen nennen.

Der Lauf an der Ostsee hat keine Tradition und er wird auch keine Zukunft haben. Er findet Mitte September nur ein einziges Mal statt, zur Erinnerung an die Stadtgründung vor 400 Jahren durch König Gustav Adolf II., der ein paar Jahre später im 30-jährigen Krieg gefallen ist. Es ist die Exklusivität, die Einmaligkeit dieses Ereignisses, die Sigrid Hilbig veranlasst hat, die „Laufreise“ zu buchen. Es wird womöglich ihr letzter Kraftakt auf der Straße sein. Aber das weiß sie noch nicht so genau. Sicher ist aber, dass sie im kommenden Jahr keinen Marathon laufen, sondern vom Tegernsee nach Sterzing in Südtirol wandern wird. Sechs Frauen aus Steinbach und soweit die Füße tragen. Bei der Alpenüberquerung ist Pia Sauerwald auch dabei.

Die 62-Jährige gehört zur Wandergruppe der TuS und hat vor sieben Jahren von Hilbigs Laufbegeisterung erfahren. Die Erzieherin in einem Eschborner Kindergarten ist auf diesem Sektor nicht ganz unbedarft, hat jedoch Wettbewerbe in Frankfurt mit Distanzen von weniger als 10 Kilometern absolviert. Mal beim „Lauf für mehr Zeit“, mal beim Chase- Morgan-Event. Ihr Interesse an der langen Strecke wuchs, nachdem Sigrid Hilbig in Frankfurt und New York zu den Finishern gehörte. Nunmehr bilden de beiden Frauen ein kongeniales Marathonpaar, eine Laufgemeinschaft, die nicht von Bestzeiten getrieben wird, sondern einfach nur ins Ziel kommen will. Laufen soll Spaß machen. Das bedeutet, die Drehzahl darf nicht in den roten Bereich empor schnellen. Hilbig und Sauerwald beherzigen deshalb das Prinzip fünf Minuten laufen und eine Minute gehen. Bei einem voraussichtlichen Stundenmittel von sieben Kilometern werden die Steinbacherinnen am Sonntag, den 19. September gegen 16 Uhr das Ziel in Göteborg erreichen.

Dafür müssen sie sich nicht nur im Rennen sondern schon im Training quälen. In den letzten Wochen stehen Läufe bis 35 Kilometer auf dem Plan. Von montags bis samstags werden bis zu 80 Kilometer absolviert. Bei den kürzeren Distanzen geht es durch den Steinbacher Wald und über die Felder Richtung Stierstadt, für die längeren Trainingsläufe wählen die Frauen das Niddaufer in Frankfurt. Doch in der heißen Vorbereitungsphase trennt sich die Trainingsgemeinschaft. Sigrid Hilbig macht Urlaub auf dem Peleponnes – natürlich hat sie die Laufschuhe und den Trainingsplan im Gepäck.

Nach jedem Marathon hatte Sigrid Hilbig, die beim hessischen KfZ-Handwerk in Frankfurt-Praunheim die Meisterklasse managt, dieses ambivalente Gefühl. Einerseits fühlte sie sich ausgepresst wie eine Zitrone, andererseits stolz und glücklich, weil sie alle Reserven mobilisiert und das Ziel erreicht hatte. Diesmal will sie dieses Gefühl mit der Gefährtin Pia teilen. Zweifel am erfolgreichen Ende der Marathonreise an die Ostsee sind verboten.



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