Ausdrucksstark und überzeugend

Sophie Pantzier, Froncois Lefèvfre, Johann Caspar Wendell und Juri Vallentin (v. l.) gastieren im Rahmen der Kammerkonzerte in der Schlosskirche. Foto: jbr

Bad Homburg (jbr). Wäre die Passionszeit eine Musik, dann klänge sie wohl wie Johann Sebastian Bachs Choral „O Haupt voll Blut und Wunden“, dessen Melodie der Komponist vielfach in seinen Werken aufgriff. Nun diente sie dem „Trio d’Iroise“, das gemeinsam mit dem Oboisten Juri Vallentin in der Schlosskirche gastierte, als Fundament für die Darbietung der vier Musiker. Bach jedoch, so erklärte der Cellist Johann Caspar Wendell zu Beginn, habe die Melodie des berühmten Chorals eigentlich von einem Madrigal – ein weltliches Gesangsstück der Renaissance und des Frühbarocks – des Komponisten Hans Leo Haßler übernommen, weswegen dieses mit dem Titel „Mein Gmüth ist mir verwirret“ auch die Eröffnung der Darbietung bildete.

Die Melodie erschien altbekannt, jedoch erklangen die Diminutionen heiter verziert und ungebundener, als die Zuhörer es aus der Kirche oder von anderen Darbietungen der Fassung Bachs gewöhnt sein mochten. Die Oboe – von Beginn an virtuos gespielt von Juri Vallentin – übernahm die Führung im polyphonen „Wetteifern“ der Stimmen. Im weiteren Verlauf des Konzerts rezitierten die Musiker zwischen den Stücken strophenweise den Text zu „Mein Gmüth ist mir verwirret“.

In vier Sätzen griff auch Johann Gottlieb Janitsch (1708-1763) die Komposition Hans Leo Hasslers beziehungsweise Johann Sebastian Bachs auf. Das Quadro g-Moll über „O Haupt voll Blut und Wunden“ boten die Violinistin Sophie Pantzier, Francios Lefèvre an der Viola und Johann Caspar Wendell, die gemeinsam das „Trio d’Iroise“ im Jahr 2017 gegründet hatten, und Juri Vallentin überzeugend und ausdrucksstark dar. Den Instrumentalisten gelangen bereits im ersten Satz (Largo e maestoso) schöne, fließende Übergänge von Leise zu Laut, wobei das Cello mit einer sehr rhythmischen Begleitung die schweren, gedeckten Klänge der anderen Streicher und die oftmals im Vordergrund stehende Oboe unterstrich. Im folgenden Allegretto trat das ursprüngliche Thema stark paraphrasiert auf und wurde durch viele schöne Ornamentierungen ergänzt. Nach einem gemächlichen Adagio fuhr das Ensemble abschließend musikalisch schwere Geschütze auf, indem sie den letzten als Vivace (lebhaft) verfassten Satz besonders mitreißend und gekonnt darboten. Allen vier Musikern war hier sichtlich die Freude am Spiel anzusehen.

Im Anschluss erklang erstmals der als Leitfaden des Konzerts dienende Choral Johann Sebastian Bachs, allerdings mit „Erkenne mich, mein Hüter“ betitelt. Als letztes Stück vor der Pause spielte das „Trio d’Iroise“ – diesmal ohne Juri Vallentin – eine Romance für Streichertrio in h-Moll von Frederick Septimus Kelly. Innovativ begleiteten hier Viola und Cello die Violinistin Sophie Pantzier gezupft, während eine – dem Titel folgend – romantische Geigenmelodie erklang. Exzellent spielte Pantzier viele facettenreiche Wendungen, die von lieblicher Leichtigkeit bis hin zu Melancholie und Dramatik reichten und schloss somit wunderbar an die Textrezitation des von Liebeskummer handelnden Madrigals Hans Leo Haßlers an.

Nach der Pause folgte eine weitere Fassung des Chorals „O Haupt voll Blut und Wunden“, der insgesamt viermal gespielt wurde, ohne das Publikum dabei zu langweilen. Im Gegenteil: Viele wirkten erleichtert das Stück unter der Bezeichnung „Wie soll ich dich empfangen“ noch einmal zu hören, nachdem das „Trio d’Iroise“ und Juri Vallentin mit einem Werk des niederländischen Komponisten Theo Verbey beinahe schockierten. Die „Four Preludes to Infinity“ zeichneten sich durch Stilistik der sich von Ton- und Taktarten abgrenzenden Moderne aus. Ein Präludium erschien hier polytonaler und verzerrter als das andere. Obwohl rhythmisch anspruchsvoll und keineswegs leicht zu spielen, sorgte diese Musik für Unmut unter einigen Zuhörern, da sie nicht zu den anderen Stücken der alten Meister passte.

Zum Ende des Konzerts erklang die Schlussfuge aus Bachs „Kunst der Fuge“, durch die sich abermals das Thema des Chorals in allen Formen und Farben zog. Die vielschichtige Komposition, die unvollendet blieb, da Bach vorzeitig starb, sorgte auch durch das sehr gut abgestimmte Spiel des „Trio d’Iroise“ und des Oboisten Juri Vallentin für einen gelungenen Abschluss, für den die Zuhörer sich mit langanhaltendem Applaus bedankten.



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