Ehemalige Natochenny-Schüler sorgen für ausverkauftes Haus

Viel Applaus gibt es für Sergey Belyavsky und Alexander Preiss (v. l.). Foto: jbr

Bad Homburg (jbr). Die Meisterklasse von Professor Lev Natochenny kehrte zurück auf die Bühne! Im Rahmen des 10. Lev Natochenny Piano Festivals traten dessen Schüler und weitere, exklusive Gäste bei vier Konzerten in der Englischen Kirche auf. In diesem Jahr standen vorwiegend Komponisten der Hochromantik auf dem Programm. Mikhail Kambarov und Alexander Koryakin boten Werke der Romantiker Robert Schumann und Franz Liszt dar. Jedoch war mit Maurice Ravel auch der Impressionismus vertreten, als dessen Hauptvertreter der Franzose gilt.

Sogar der mittlerweile weit über die Bundesgrenzen hinaus bekannte Pianist Martin Stadtfeld, der zu den erfolgreichsten Absolventen der Meisterklasse zählt, gastierte mit einem Benefizkonzert zugunsten der Nachwuchsförderung des Lev Natochenny Piano Instituts. Die Stücke von Ludwig van Beethoven und Volksliedbearbeitungen aus der Feder Stadtfelds selbst wurden mit Kurzgeschichten von Frank-Thomas Mitschke begleitet.

Bei einer „Soirée Romantique et Moderne“, aus der jedoch nach einigen Programmänderungen sozusagen eine „Liszt-Soirée“ entstanden sei, wie Veranstalter Thomas Preiss bemerkte, verzauberten Sergey Belyavsky und Alexander Preiss ihr Publikum mit weiteren Werken aus der Zeit des Fliehens weg von alten Formen, einengender Satzregeln und Taktvorgaben hinein in Fantasiewelten und kompositorische Gestaltungsfreiheit.

Den Abend eröffnete Natochenny-Schüler Preiss mit der „Legende No.2“ und „Valée d’Obermann“. Gefühlvoll, leidenschaftlich und mit vielen eigenen Ideen, die er in die Werke Franz Liszts einbrachte, führte der junge Pianist von einem ruhigen Beginn bis hin zu virtuosen Gewittern zwischen Windspielen und bedrohlichem Donner durch die Sage des St. François de Paule (Franz von Paola), welche dem Komponisten für das Werk zum Vorbild diente. Den Anschluss kontrastierte Alexander Preiss mit einem Opus, das ursprünglich aus dem Zyklus „Album d’un voyageur“ (Album eines Reisenden) stammte.

Sergey Belyavsky zeigte mit einer Liszt-Bearbeitung der „Sechs Müllerlieder“ Robert Schumanns und den „Réminiscences de Don Juan“, deren Motive der Oper „Don Giovanni“ von Wolfgang Amadeus Mozart entlehnt sind, weitere Facetten aus dem Schaffen des Romantikers. Eindrucksvoll spielte auch Belyavsky auf, zeigte sein großes Talent bei schnellen Läufen und wirbelnden Wendungen, die über die gesamte Klaviatur reichten. Auch die verspielten Kontrapunktierungen und die ruhige Gestalt der „Sechs Müllerlieder“ traf der Instrumentalist auf den Punkt und bewegte das Publikum in der Englischen Kirche mit seiner Darbietung. Einen weiteren Höhepunkt bot das Galakonzert zum Abschluss des Festivals: Es traten Nuron Mukumi und noch einmal Alexander Preiss als Mitglieder der Meisterklasse ihres Professors sowie Nami Ejiri, die mittlerweile selbst als Dozentin und gefragte Pianistin aktiv ist, auf. Oberbürgermeister Alexander Hetjes war zu Gast und richtete außer Thomas Preiss ein Grußwort an das Publikum, das die Englische Kirche erneut bis auf den letzten Platz füllte.

Es begann Alexander Preiss mit einer Auswahl aus Frédéric Chopins „Préludes Opus 28“, die sich in ihrer Kürze mit besonderem Abwechslungsreichtum auszeichnen und dem Meisterschüler erneut viel Platz für Interpretation ließen. Eine Chance, die dieser gekonnt nutzte. Nuron Mukumi, der zum wiederholten Male beim Lev Natochenny Piano Festival dabei war, bot mit vier kurzen Werken aus der Feder Chopins und fünf ausgewählten Stücken aus Peter Tschaikowskys Opus 72 ein äußerst farbenreiches Programm. Mit dem bekannten „Walzer Op. 64 cis-Moll“ holte Mukumi das Publikum mit einem der bekanntesten Werke des polnischen Komponisten perfekt ab und brillierte mit natürlicher Leichtigkeit, waren die zu spielerischen Gesten auch noch so anspruchsvoll.

Die beiden folgenden polnischen Tänze verbreiteten ein beinahe sommerliches Flair durch anmutige Verspieltheit. Jedoch krönte der junge Virtuose seinen Auftritt erst mit der Auswahl aus den Werken Tschaikowskys. Dynamisch und voller Prägnanz steigerte sich Nuron Mukumi von „Chant élégiaque“ über eine „Méditation“ bis hin zur marschartigen „Polacca de concert“, mit der er feierlich abschloss. Begeistertes Klatschen und Jubelrufe erntete Mukumi zum Dank für sein Spiel.

Unübertroffen blieb allerdings Nami Ejiri, die mit zwei Werken von Maurice Ravel und Claude Debussy in der Englischen Kirche gastierte. „Jeux d’eau“ (Wasserspiele), deren Klänge wie Lautmalereien ganz selbstverständlich aus den Fingern der Pianistin zu fließen schienen, luden am Ende des Abends zum Träumen ein. Losgelöst vom Konstrukt einer festen Tonart nutzte Nami Ejiri den gesamten Tonumfang des Konzertflügels für Glissandi und bediente sich mit Finesse der von Ravel geforderten Techniken. Mit Claude Debussys berühmten „L’Isle Joyeuse“ rundete Ejiri das Galakonzert fantastisch ab. Die drei Pianisten schufen mit außergewöhnlichen Darbietungen, eingereiht in das großartige Programm des Lev Natochenny Piano Festivals, ein würdiges Finale und erhielten zum Abschluss noch einmal großen Beifall – auch vom Meister, Lev Natochenny, der sich herzlich bei seinen drei (Ex-)Schülern bedankte.



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