Endlich wieder Besuch im Haus des Kaisers

Kirsten Worms und Ulrich Haroska im Schlafzimmer des Kaisers. Foto: js

Bad Homburg (js). Der Kaiser ist zurück in der Kurstadt. Fast jedenfalls. Die Menschen können sich wieder ein Bild davon machen, wie der letzte deutsche Kaiser und preußische König Wilhelm II. einst mit seiner Frau Auguste Victoria im Schloss zu Bad Homburg gelebt hat. Nach zehn Jahren Schließung wegen Restaurierungsarbeiten kann das geneigte Publikum ab dem Wochenende wieder den Königsflügel im Schloss besuchen. „Wir wollen Erlebnis- und Lernort sein“, sagt die Direktorin der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen, Kirsten Worms, beim ersten Rundgang durch die authentisch aufgefrischten Gemächer.

Einen sehr schönen Satz hat auch Ulrich Haroska formuliert, der Leiter der Restaurierungsabteilung. „Die DNA des Kaisers ist auf den Oberflächen noch nachweisbar“, so Haroska voller Begeisterung über das finale Ergebnis des langwierigen Prozesses. Soll heißen, es ist so wie damals 1918, als das Kaiserpaar nach Holland ins Exil ging. Das Land Hessen hat den Flügel des Schlosses aufgrund beträchtlicher Bauschäden an Tragwerk, Dach und Fassade für rund zehn Millionen Euro instandgesetzt, mehr als eine Million Euro wurden zudem in die Aufarbeitung der kaiserlichen 17-Zimmer-Wohnung auf etwa 1000 Quadratmeter Wohnfläche investiert. Darauf bezieht sich Haroska, spricht vom „Gesamtklang wie bei einem Orchester, alles muss zusammenpassen“. Um den Museumstrakt mit den Kaiserappartements in einem weitestgehend authentischen Zustand präsentieren zu können.

Jetzt, so der Anspruch der Bauherren, Restaurateure, Forscher und Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen, dokumentieren die Wohn- und Gesellschaftsräume im ersten Obergeschoss des Flügels aufgrund der von historischen Quellen geleiteten Überarbeitung wieder exakt den Zustand von 1917/18. Kirsten Worms spricht vom „authentischsten Ort in Deutschland“, der den alltäglichen Charakter eines zeitweiligen Lebens- und Wirkungsortes des Kaiserpaares dokumentiere. „Darauf sind wir stolz“, so die Direktorin. Gestern kam Hessens Staatsministerin für Kunst und Kultur, Angela Dorn-Rancke, zur feierlichen Einweihung, sie nannte die kaiserlichen Appartements einen „Lernort der Geschichte“. Passend zum 150. Jahrestag der Gründung des Deutschen Kaiserreichs und zum 75-jährigen Bestehen der Staatlichen Schlösser und Gärten. Jubiläumsmotto: „Wir geben Geschichte Zukunft.“ Kein Detail sollte bei der umfangreichen Restaurierung der Wohnräume ausgelassen werden. Anhand von Stühlen im Schlafzimmer der Kaiserin wurde etwa die Wandfarbe des Raums rekonstruiert, anhand von Abdrücken in der Wand die Bekachelung mit blauweißen Kacheln im Delfter Stil im reich verzierten Badewannenschrank aus dem Ankleidezimmer wieder aufgefrischt. Ja, Badewannenschrank, so war das bei Kaisers. Der Schrank aus Eichenholz wurde aus Lorsch zurückgeholt. „Im Prozess gab es mehrere glückliche Funde und Überraschungen beim immobilen wie mobilen Kunstgut“, bilanziert das Team der Restaurierung. Wichtige Möbel und Accessoires seien in ihre „ursprünglichen Zusammenhänge“ zurückgekehrt, Leihgaben aus dem niederländischen Exilort des Kaiserpaares und der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg vervollständigen das Bild, das Ulrich Haroska meint, wenn er von der DNA des Kaisers spricht.

Führungen im Kerzenlicht, wie sie in früheren Zeiten sehr beliebt waren, wird es übrigens nicht mehr geben. Das passt nicht ins authentische Bild, denn Wilhelm II. war ein äußerst technikaffiner Kaiser für seine Zeit. Beleuchtung hatte stets große Bedeutung für „Seine Majestät“ und wohl auch für „Ihre Majestät“. Schon 1905 wurde das Schloss im Königsflügel elektrifiziert, es war nach Haroskas Nachforschungen das fünfte Gebäude in der Stadt, das diesen Luxus der Moderne erhielt. Die elektrifizierten Kronleuchter im Versammlungssaal erstrahlen in neuem Glanz, die historischen Lichtschalter funktionieren wieder, das Orchester gibt ein stimmiges Bild ab. Genau hingucken muss man im riesigen Speisezimmer mit dem kleinen Tisch in der Mitte des Raumes, um eine Besonderheit zu entdecken, die ohne gut informierte Führungskraft an der Seite wahrscheinlich unentdeckt bliebe. Auf der einen Seite liegt das besondere Stück rechts neben dem Gedeck, die „Kaisergabel“, der Dreizack mit Messer, eine Spezialkonstruktion für den seit der Geburt durch einen nicht gesunden linken Arm gehandicapten Kaiser. Auch wo der Kaiser zu Fuß hinging, wie der Volksmund so schön sagt, ist in der Museumsausstellung bestens dokumentiert. Auch in eine Art Schrank.

!Die Wiedereröffnung des Königsflügels im Landgrafenschloss ist Anlass für „Tage der offenen Tür“ am Samstag und Sonntag, 4. und 5. September. „Hereinspaziert“ heißt es da, ohne Eintritt zu bezahlen. Geöffnet ist jeweils von 10 bis 17 Uhr.

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