Entspannte Reise durch Sträters persönliche Galaxis

Bad Homburg (js). „Sträter liest so, wie Bruce Willis aussieht!“ Hat einer vom Fernsehen mal gesagt. Was für eine Werbebotschaft. Das rockt, das lockt ins Kurhaus. Die Hütte ist rappelvoll an einem normalen Mittwochabend, im Saal und oben auf der Empore. Die paar freien Plätze in der ersten Reihe belegt der Entertainer des Abends durch Umschichtung des Publikums, Timo (9) gehört fortan zu den Ehrengästen und bekommt gegen zehn Uhr auch eine Cola, damit er den Rest noch aushält. Also den Monolog auf der Bühne vor ihm durchhält, der einem Neunjährigen bisweilen ob des Ausstoßes der Wortplacken seltsam vorkommen mag.

Kurzes Geplänkel mit dem blitzenden Fotografen, ein Plausch mit Timo, das reicht zum Eingrooven und für die ersten zehn Show-Minuten. Schön, mal wieder mit ihnen zu plaudern, sagt Torsten Sträter zur Begrüßung. So ähnlich jedenfalls.

Der Mann aus dem Ruhrpott muss hier kein Eis brechen. „Er is wie er is, des find’ ich gut“, sagt ein junger Kerl zu seinem Kumpel auf dem Nebenplatz. Ein halb so junger Kerl wie der Kerl da auf der Bühne, der gerade reinschlendert. Aussieht, wie sie ihn alle kennen. Mit dem Beanie auf dem Kopf, in dem 53 wilde Lebensjahre abgespeichert sind und manchmal ein wenig in Zaum gehalten werden müssen. Schwarzes Sakko, schwarzes T-Shirt, kunstvoll kaputte Hose, schwarze Treter, in einer Hand die Kaffeetasse, die immer zum Outfit gehört. So isser, „mega“ findet ihn eine Frau mittleren Alters, die in den folgenden knapp dreieinhalb Stunden einen prima Abend hat. Nicht zu überhören. Bis kurz vor halb zwölf ist Torsten Sträter in seiner Erzählwelt unterwegs, in unser aller Welt, das macht ihn so sympathisch. Er offenbart sich, er is wie er is, wie ein Kumpel, der mal eben vorbeikommt und einen Schwank aus seinem Leben erzählt. Einer, der viel zu erzählen hat, Kettenreaktionen im Denken kreiert und seine Freunde mitnimmt auf eine entspannte Reise durch seine persönliche Galaxis. Familiengeschichten und so’n Zeugs, skurrile Dinge, seltsame Geschichten manchmal. Torsten Sträter, der gelernte Herrenschneider, Slam-Poet, Comedy-Schriftsteller und Dampfplauderer mit Sozialisation unter anderem in Herne. Torsten Sträter und wie er die Welt sieht. Niemals würde er sich über sein Publikum erheben, das macht ihn zum Freund. Für manche auch, dass er sich aus der Politik raushält.

Tiefenentspannte Neurosendeutungslasagne, diesen knappen Übertitel hat er selbst einmal seiner wortreichen Gemengelage im Alleingang gegeben. Aber seriös, selten langweilig, am späteren Abend vielleicht etwas zu langatmig, wie etwa die Geschichte von der Begegnung mit Campino von den „Toten Hosen“ im ICE zwischen irgendwo und nirgendwo. Sie wissen schon, die mit den schwer ertragbaren olfaktorischen und akustischen Komponenten. Timo hätte da noch eine zweite Cola gebrauchen können, manch einer im Publikum einen Espresso und ein bisschen mehr Esprit, aber aufgestanden ist niemand.

Sträter, der nicht so liest, wie Bruce Willis aussieht, weiß das zu schätzen. Und bringt seine Empfindung wie immer deutlich auf den Punkt: „Sie sind als Publikum nicht zu unterschätzen.“ Wenn alle nach mehr verlangt hätten um kurz vor halb zwölf, er hätte ihnen noch mehr gegeben.

Schwarzes Sakko, schwarzes T-Shirt, Mütze auf dem Kopf: So kennt man Comedian Torsten Sträter. Foto: js



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