Erster Aufschlag auf gesegnetem Rasen

Alle Kameras sind auf Angelique Kerber gerichtet. Die frühere Weltranglistenerste eröffnet offiziell den „Spielbank Bad Homburg“-Centre Court mit dem Durchschneiden eines Grasbands. Mit dabei sind (v. l.) Spielbank-Gecshäftsführer Lutz Schenkel, Uwe Eyles, Präsident des TC Bad Homburg, Kurdirektor Holger Reuter und Oberbürgermeister Alexander Hetjes. Foto: js

Von Jürgen Streicher

Bad Homburg. Kaiserwetter im Kurpark, im satten Grün zeigt sich der „Heilige Rasen“, auf dem längst die ersten Heldinnen hätten gekürt werden sollen. „Turnierbotschafterin“ Angelique Kerber ist im Sportdress angereist, knapp 100 geladene Gäste feiern mit ihr und kirchlichem Beistand die Eröffnung des Centre Courts der „Bad Homburg Open“.

Längst hat das geplante Damen-Turnier in der Tennis-Szene den Beinamen Klein-Wimbledon bekommen, doch der Traum muss nach Corona noch ein Jahr weitergeträumt werden. Die Mittagsstunde am Samstag mit dem ersten Spiel auf dem Hauptplatz war ein Fest der Vorfreude auf die wirkliche Premiere.

Fällt der Blick auf die riesige graue Werbewand an der einen Stirnseite des Platzes, fällt er auch auf das ehrwürdige Clubhaus des TC Bad Homburg, das vor der Kulisse der Parkbäume ein wenig royalen Glanz alter Tage verströmt. Der Zeit voraus indes das Logo, es kündet davon, dass es die „Bad Homburg Open since 2021“ gibt. So wird es sein, wenn die Tenniswelt im nächsten Jahr hoffentlich nicht mehr aus den Fugen ist und die Kurstadt tatsächlich als „fester Punkt auf der Profi-Tennis-Landkarte“ notiert ist, wie es sich Oberbürgermeister und Tennisspieler Alexander Hetjes für die „schönste Stadt Deutschlands“ wünscht. „Tennis is coming home“, das Motto wird bis dahin seriös bleiben, schließlich ergötzte man sich im Kurpark schon am gepflegten Rückschlagspiel im schicken Dress, als Wimbledon noch im Tennisschlaf lag. Auch damals, 1876, war Bad Homburg der Zeit ein Jahr voraus, der legendäre Tennisort im Londoner Südwesten stieg erst 1877 ein. Unter dem Dach des „All England Lawn Tennis and Croquet Club“ werden auch die Kurstadt Open über die Bühne gehen, sozusagen das Vorspiel für Wimbledon. Und zwar auf gesegnetem Rasen, auch das war wohl eine Premiere am Samstag. Noch nie habe er einen „heiligen Rasen betreten, noch nie einen heiligen Rasen gesegnet“, bekannte Pfarrer Werner Meuer von der Pfarrei St. Marien, der zur Segnung mit „Homburger Weihwasser“ mit dem Kollegen Hans-Joachim Wach von der Erlöserkirche antrat. Und den Tennissport „fair, solidarisch, spannend und edel“ nannte, die Mittagsglocken waren da gerade verklungen. Die Ehre, einen Rasenstreifen als Symbol für die Eröffnung des Platzes zu durchschneiden, hatte die Turnierbotschafterin Angelique Kerber, deren Management als Veranstalter des WTA-Vorbereitungsturniers auftreten wird. Symbolkraft hatte auch der Auftritt von OB Hetjes und TC-Präsident Uwe Eyles als Rasenstreifenhalter beidseits der Wimbledon-Königin von 2018, Stadt und Verein wollen gleichermaßen von der Werbewirksamkeit des Turniers profitieren.

Daumen hoch für den Rasen

Die Club-Mitglieder des TC Bad Homburg können das schon jetzt, noch vor der weiblichen Tennis-Elite dürfen sie nun auf den Platz und testen, wie es sich auf dem ganz besonderen Rasen so spielt. Bis ungefähr sechs Wochen vor dem ersten Aufschlag der Stars am 20. Juni 2021. Dann wird der Centre Court wie auch die beiden „Match Courts“ hinter dem Kaiser-Wilhelms-Bad wieder zur Spielwiese des Greenkeepers, der bei der Eröffnung ein stark gefragter Mann war und ausgiebig TV-Interviews geben musste.

„Gewürzmischung“ nennt Kurdirektor Holger Reuter die spezielle Wimbledon-Saat, die für die weltberühmten Rasenflächen an der Londoner Church Road genutzt wird und jetzt auch im Kurpark die Grundlage für perfektes Rasentennis bieten soll. „Ich bin zufrieden“, sagt der Rasenmeister, angesichts der nur kurzen Vorbereitungszeit sei der Spielgrund gelungen, Daumen hoch nach dem Vortest am Morgen. Das Geläuf sei gut, befanden wenig später auch die zum „Exhibition Mixed“ eingeladenen Altstars Rainer Schüttler und Michael Kohlmann und das Damen-Duo, das mit ihnen auf den Platz trat. Die Ehre des ersten Aufschlags auf dem gesegneten Rasen hatte die erst 17 Jahre alte Nachwuchshoffnung Mara Guth, als Mädchen aus Usingen sozusagen in der Rolle der lokalen Heldin, die mit Davis-Cup-Teamchef Michael Kohlmann auf der einen Seite des Netzes stand und umgehend den ersten Punkt verbuchte. Angie Kerber hatte Rainer Schüttler, den einstigen Fünften der Weltrangliste, an ihrer grünen Seite, das launige Show-Doppel mit netten Einlagen ging nach drei knappen Sätzen an das gemischte Doppel Kerber/Schüttler. Hat sich die hochtalentierte Mara Guth da etwa einen Platz im Fed-Cup-Team von Schüttler erspielt? Oder gar eine „Wildcard“ für die ersten „Bad Homburg Open“? Solche Fragen wurden wohl eher diskret im Anschluss an die Eröffnungspartie im Clubhaus bei Sekt und Häppchen erörtert.

Von einem „speziellen, besonderen Tag“ sprach „Angie“ Kerber schon vor dem Spiel vor dem geladenen Publikum in werbefreien Liegestühlen, auf Hockern und an Stehtischen. Weil die Erinnerung an den Wimbledonsieg 728 Tage zuvor im Finale gegen Serena Williams wieder wach wurde, weil an diesem Tag das Endspiel 2020 in London hätte sein sollen und sie vom deutschen Tennis-Präsidenten Ulrich Klaus in den Stand eines DTB-Ehrenmitglieds gehoben wurde, natürlich auch, weil die „Bad Homburg Open“ nach ihrem Karriereende eine wichtige Rolle im Tennisleben der 32-jährigen Top-Spielerin als Mitveranstalterin einnehmen sollen. Zwei ihrer sportlichen Wegbegleiterinnen, Andrea Petkovic und Julia Görges, haben für die Premiere bereits zugesagt, bei der um 300 000 Dollar Preisgeld gespielt wird, „Angie“ rührt fleißig die Werbetrommel. Und Bad Homburg darf sich voraussichtlich auf flottes Damentennis auf gesegnetem Grün freuen.

!Tickets im Vorverkauf gibt es über die Turnier-Homepage www.badhomburg-open.de und über die Hotline 0180-6050400. Bereits gekaufte Tickets für die Bad Homburg Open 2020 behalten ihre Gültigkeit für das Turnier im kommenden Sommer.

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