Erstes Chorkonzert nach langer Corona-Zwangspause

Glücklich die einen, dass sie wieder musizieren dürfen, und froh die anderen, dass sie endlich wieder ein wunderbares Konzert erleben können. Foto: Mirjam Roepke

Bad Homburg (ks). „Für uns war es großartig, nach mehr als anderthalbjähriger Zwangspause wieder einmal ein Konzert musiziert zu haben“, gestand Kantorin Susanne Rohn im Namen aller Mitwirkenden als „Nachhall“ zum klang- und wortreichen Chorkonzert in der Erlöserkirche. Dass die „Hörerschaft“ in dem nach Corona-Richtlinien gefüllten Gotteshaus genauso dankbar war, hat der herzliche und anhaltende Beifall am Ende bewiesen.

In den Kompositionen und Texten alter Meister des 17. und 18. Jahrhunderts geht es meist um Lob und Peis für den Schöpfer, wie das im „Magnificat“ von Francesco Durante (1684-1755) zum Ausdruck kommt. Dem Text entspechend wechseln sich lyrische Elemente mit den resoluten Antworten des Chors ab. Dieses eindrucksvolle, „musikalisch schwingende“ Werk war ein guter Auftakt für den Neustart in eine hoffentlich wieder mögliche Konzertsaison in der Erlöserkirche. Es endet in dem Bekenntnis: „ Ehre sei dem Vater, dem Sohne und dem Heiligen Geiste. Wie es war im Anfang, jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit“ (Psalm 126).

Aber es geht auch um Wehklagen und Leid der Menschen, wie sie sich in der „Historia de Jephte“, der Geschichte von Jephte, widerspiegeln, die Giacomo Carissimi (1605-1674) zu seinem Werk inspirierte. Es wird von Chor, Solisten und Orchester dem Geschehen entsprechend weniger lyrisch-sanft als eher dramatisch kraftvoll dargeboten.

Die Rolle des Erzählers (Historicus) ist auf Frauen- und Männerstimmen verteilt, und auch der Frauenchor hat seinen eigenen Part, sodass der „Erzählfluss“ insgesamt seine „stimmige“ musikalische Entsprechung findet. Erzählt wird der Kampf Jephtas gegen die Ammoniter. Endet er siegreich, wird Jephta Gott das erste Geschöpf opfern, das ihm nach dem Sieg aus seinem Hause begegnet. Das „Drama“ gipfelt darin, dass es seine einzige Tochter ist, die ihm „singend mit Pauken und Reigen“ entgegenkommt. Die Verzweiflung des Mädchens mündet in der Klage „über ihre Jungfernschaft“, weil sie keine Kinder hat, die sie beweinen werden. Der Chor stimmt in ihr Wehklagen ein: „Weint, Kinder Israels, weint, alle Jungfrauen und beklagt Jephtas einzige Tochter im Liede der Trauer.“

Die Interpreten haben auch dieses vielschichtige und gefühlsbetonte Werk eindrucksvoll gemeistert. Nach der „Paduane à 5“ von Dietrich Becker (1623-1679) ließ Susanne Rohn das Konzert mit drei Werken von Friedrich Händel (1685-1759) ausklingen, darunter die Ouvertüre zum Oratorium „Jephta“. Dieses große Werk soll demnächst aufgeführt werden.

Zwischen den Vertonungen von Händel und Carissimi liegen über 100 Jahre, und ein Vergleich verspricht spannend zu werden. Händels „Haec est Regina Virginium“ ist Maria, der „Königin der Jungfrauen“ gewidmet und basiert auf einem „Gregorianischen Antiphon“ aus dem 13. Jahrhundert. Solche musikalischen Zitate aus Gregorianischen Weisen finden sich auch bei Händels Zeitgenossen Durante.

Besonders beeindruckte das lyrisch-kontemplative Sopransolo „Haec est Regina Virginum“, bevor das Konzert mit dem doppelchörigen „Nisi Dominus“ von Georg Friedrich Händel festlich zu Ende ging. Susanne Rohn hatte ein gut abgestimmtes Programm zusammengestellt, das von Mitgliedern des Bachchores, dem Orchester „L`Arpa festante“ unter Leitung von Christoph Hesse sowie den Gesangsolisten Simone Schwarz, Myriam Jabaly, Britta Jacobus, Benoît Haller und Markus Flaig in beeindruckendem „Einklang“ dargeboten wurde. Susanne Rohns Dirigat war wie immer engagiert, bestimmend und einfühlsam zugleich.



X