Fritz Sadtler GmbH feiert großes Fest zum 275-Jährigen

Sie sind stolz auf die lange Tradition des Bad Homburger Dachdeckerbetriebs Fritz Sadtler GmbH (v. l.): Geschäftsführer Uwe Schädlich, Firmeninhaber Dachdeckermeister Peter A. Löw und der Betriebsleiter und Dachdeckermeister Joachim Georg. Foto: a.ber

Bad Homburg (a.ber). Wenn Guiseppe Nitri hoch oben auf dem Dach des zweigeschossigen Pfarrhauses der evangelischen Erlöserkirchengemeinde in der Ottilienstraße 5 steht und die Bieberschwanz-Ziegel in Doppeldeckung mit Segmentschnitt verlegt, 35 Stück auf den Quadratmeter, müssen er und seine drei Mitarbeiter nicht nur aufpassen, dass sie die Balance auf dem schrägen Dach mit seinen vielen Vordächern und Türmchen halten. Die Dachdecker müssen auch darauf achten, dass bei der Arbeit die Vorgaben des hessischen Denkmalschutzes eingehalten werden. Trotz mitunter harter Witterungsbedingungen, mitunter gefährlicher und schwerer körperlicher Arbeit beim Abreißen alter Ziegel und Hinaufwuchten von Material, das bis zu 25 Kilogramm wiegen kann, sind sich Kosta, Florian, Drilon, Islam, Albert und Guiseppe einig: „Wir haben Vertrauen in unsere Fähigkeiten, sind sportlich – und es macht Spaß, Dächer zu decken!“

Die Truppe feierte begeistert mit, als die traditionsreiche Bad Homburger Dachdeckerfirma Fritz Sadtler GmbH am vergangenen Samstag ihr 275-jähriges Bestehen beging. Mehrere 100 Gäste waren auf das Werksgelände der Willy A. Löw KG gekommen, die gemeinsam mit ihrer Tochterfirma Fritz Sadtler ein großes Fest ausgerichtet hatte.

Es konnte nicht augenfälliger sein als an diesem sonnigen Nachmittag, wie sehr ein alteingesessener Betrieb das Bild und Treiben eines Ortes mitprägt, Teil der Geschichte ist und die Gegenwart innovativ mit formt: Joachim Georg und Uwe Schädlich, Betriebsleiter und Geschäftsführer des seit 1747 in Homburg existierenden Dachdeckerbetriebs Sadtler, begrüßten gemeinsam mit Firmeninhaber Peter A. Löw nicht nur Honoratioren aus Stadt, Landkreis und Handwerks-Innung, sondern auch zahlreiche kleine und mittelständische Unternehmer der Kurstadt, Handwerksmeister, Gesellen und deren Angehörige.

Wer einen langen Atem hat, kann viel erzählen: Die Gespräche an den in ukrainischen Nationalfarben eingedeckten Tischen, bei Grillfleisch, Falafel und Getränken und den Klängen einer Live-Band, drehten sich um Vergangenes aus den vergangenen 275 Jahren, herausragende Dachdecker-Projekte der Fritz Sadtler GmbH, gemeinsam erlebte Herausforderungen, um Menschliches und Geschäftliches, Zukunftsideen und Engagement für die Heimatstadt. Tafeln zur Historie des Betriebs, den der 1724 in Braunfels geborene Johannes Sadtler im Alter von 23 Jahren in Homburg gegründet hatte, informierten die Gäste: Als Hofsteindecker am Schloss der landgräflichen Familie von Braunfels war Johannes Sadtler kurzerhand mit seiner Frau Maria Christina dem gleichaltrigen Friedrich IV. Karl von Braunfels nach Homburg gefolgt, der im Erbstreit gegen die Darmstädter landgräfliche Verwandtschaft das Homburger Schloss als neue Residenz der Landgrafschaft Hessen-Homburg etablierte – und dem jungen Handwerker jede Menge Arbeit anvertraute.

„Das Werk lobt den Meister“ sagt ein altes Sprichwort: An den Dächern, die die Dachdecker-Dynastie Sadtler mit ihren Gesellen und Arbeitern in 275 Jahren in Bad Homburg bis heute gedeckt hat, kann man die lange Erfahrung mit einem Bauhandwerk ablesen, das vielfältig ist und großes Geschick erfordert. Der Königliche Hofdachdecker-Betrieb deckte zum Beispiel 1835 das Schieferdach des neuen Englischen Flügels am Homburger Schloss und reparierte 1870 das Dach der landgräflichen „Jägerkaserne“ (heutiges Finanzamt) nach einem Sturmschaden; der 1816 geborene, „Boncourage“ genannte legendäre Dachdeckermeister Johannes Adam Sadtler IV. konnte sich bei Ausbesserungsarbeiten am Weißen Turm gerade noch vorm Absturz retten; 1903 wagte sich Louis Sadtler an die Neueindeckung des extrem steilen historischen Rathausturms.

Sadtler bildet Löw aus

Auf der Rückseite der schönen Jubiläums-Broschüre zur Geschichte der Fritz Sadtler GmbH, die Karin Hirche gestaltet hat, wird auch der Zusammenhang der Dachdecker Sadtler mit der Willy A. Löw KG, heute mit 180 Mitarbeitern einer der großen Dachdeckerbetriebe im Rhein-Main-Gebiet, deutlich: Louis Sadtler bildete 1886 den Dachdeckergesellen Peter Löw aus Wolfenhausen aus, auf dem Foto sieht man Peter Löw mit seinen Söhnen Albert und Wilhelm für die Firma Sadtler den Rathausturm decken. Peter Löw gründete dann im Jahr 1919 ein eigenes Geschäft in der Kurstadt, das Urenkel Peter A. Löw heute führt. Die Firma Fritz Sadtler selbst war im Jahr 1947 aufgeteilt worden: in den Betrieb von Fritz Sadtlers Sohn Gerhard, der 1993 von der Willy A. Löw KG übernommen wurde – und den Dachdeckerbetrieb von Fritz’ Sohn Wilhelm, die Wilhelm Sadtler GmbH, die bis heute von dessen Nachkommen Robert, Andrea und Peter Sadtler als eigenes Familienunternehmen in Bad Homburg fortgeführt wird. Joachim Georg, seit Jahrzehnten Dachdecker und heute Betriebsleiter bei der Firma Fritz Sadtler, und Geschäftsführer Uwe Schädlich sind froh über die gute Zusammenarbeit ihrer zehn Mitarbeiter mit dem Mutter-Betrieb Löw und wünschen sich für die Zukunft, „dass der Betrieb und die Materialbeschaffung gesichert werden kann und wir alle Mitarbeiter in Arbeit halten können“. Für ihn sei es eine Ehre und wichtig gewesen, das Traditionsunternehmen Sadtler 1993 zu erhalten, meint Peter A. Löw. Die Dachdecker der Fritz Sadtler GmbH packen heute auch große Projekte in der Umgebung an – wie den historischen Bahnhof Neu-Isenburg, ganze Häuserzüge in Königstein und Frankfurt, die nach alten Kenntnissen und neuesten handwerklichen Standards eingedeckt werden. Aber auch viele private Homburger leben unter „Sadtler-Dächern“.

Dass sich die Sadtlers auch immer gesellschaftlich und sozial in ihrer Heimatstadt einbrachten, Zunftmeister waren, den Sportverein HTG und die Freiwillige Feuerwehr mitgründeten, ist auch eine Tradition, die weiter verfolgt wird. Dachdeckermeister Martin Bendrick vom Vorstand der Löw AG erzählt von der Eindeckung des Daches für das neue Minigolf-Haus im Kurpark und vom „Weihnachtsbaum, den wir jedes Jahr für die Gemeinde in der Erlöserkirche aufstellen. Das sind Dinge, die wir umsonst tun und die uns stolz machen.“

!Die Broschüre „275 Jahre Fritz Sadtler GmbH“ ist bei der Firma Löw in der Benzstraße 18 erhältlich.

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