Große Komponisten mal ganz intim

Katharina Martini und Leo Herzog schaffen es, mit Akkordeon und Querflöte ungewöhnliche, aber klangvolle Klassikvariationen zu spielen. Foto: nl

Bad Homburg (nl). Es ist das erste Kammerkonzert dieser Herbstsaison. Der Louissaal im Schloss ist für diesen Abend die Ausweichlocation für die prachtvolle Schlosskirche, die sich derzeit noch im Renovierungsstatus befindet. Das bedeutet an diesem Abend zwar weniger Raum und entsprechendes Klangvolumen, aber es bedeutet andererseits mehr private Atmosphäre und viel direkteren Klang. Welch ein Privileg für diejenigen, die eine Karte ergattern konnten.

Nachdem die pfeifende Heizung sich als Störfaktor herausstellte und es doch nicht eines der Hörgeräte war, die an diesem Abend mit im Raum waren, die dieses eindringliche Pfeifen zu verantworten hatten, wie zunächst angenommen, konnte das ausverkaufte Konzert auch schon beginnen.

Der Auftakt ist schwermütig und allseits bekannt. Es ist Astor Piazzollas „Adios Nonino“. Tangomusik mit Querflöte und Akkordeon. Der berühmte argentinische Komponist hat kurz nach dem Tod seines Vaters dieses Stück geschrieben: „Adieu Väterchen“.

Katharina Martini, die Flötistin, führt in jedes Stück kurz ein und gibt dem Publikum Gelegenheit, sich an diesem Abend nicht nur den Klängen hinzugeben, sondern es ist somit auch über die interpretierten Künstler des Abends im Bilde, die die beiden Musiker zusammen vortragen.

Katharina Martini und Leo Herzog am Akkordeon sind, das zeigt sich gleich nach den ersten Klängen, hervorragend aufeinander abgestimmt. Hier musizieren zwei, die sich gut kennen. Als zweites Stück folgt ebenfalls eine traurige Tonlage des Italieners Giulio Caccini aus der Zeit der Spätrenaissance: Ein „Ave Maria“, das eigens für Flöte und Akkordeon arrangiert wurde. Im Anschluss daran wird es weitaus klassischer. Es folgen Chopin und Camille Saint-Saëns’ „Schwanengesang“ aus „Karneval der Tiere“. Alle Klassikfans, die sich jetzt fragen werden, was hat denn das Akkordeon dort zu suchen, wo sonst Geigenklänge und andere Streichinstrumente zu hören sind, werden den Stücken eine neue Klangfarbe entnehmen können. Diese reduzierte Variante eines Duetts von Querflöte und Akkordeon ist ein wesentlich mehr rhythmisierter Klang, der sich durch das Akkordeon ergibt. Doch der Interpretation tut das keinesfalls weh. Es ist ein herrlich leichter Charakter, der der Musik damit abgewonnen wird.

Kurz vor der Pause kommt eine weibliche Komponistin zum Zug. Leopoldine Blahetkas „Variationen für Flöte und Klavier, op. 39“. Die Österreicherin war zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine sehr bekannte Pianistin.

In der sektlosen Pause bleibt dann kurz Zeit, um über das Programm des Abends in den Austausch mit dem Musiknachbarn zu gehen und es stellt sich heraus: die Zufriedenheit über diesen ungewöhnlich intimen Rahmen und die kleine Besetzung für die großen Komponisten scheint großen Anklang zu finden.



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