Hilfe zur Selbsthilfe – seit 25 Jahren

Bad Homburg (fch). Bisher haben Stella Detjen und ihre Mitstreiter vom gemeinnützigen Bad Homburger Verein „Back to Life“ viel geschafft. Stolz können sie auf das Erreichte für die Ärmsten der Armen in Indien und Nepal blicken. Da Stillstand Rückschritt bedeutet, nimmt Stella Deetjen das 25-jährige Bestehen ihres 1997 offiziell gegründeten Vereins zum Anlass, jetzt die „Back to Life gemeinnützige Stiftungsgesellschaft“ zu gründen.

„Wir verfolgen eine langfristige, nachhaltige Strategie und streben stets an, dass sich Projekte nach der von uns geleisteten ‚Starthilfe‘ selbst tragen und noch lange über die Projektlaufzeit hinaus Nutzen stiften“, sagt Stella Deetjen. Mit den Mitteln der gerade gegründeten Stiftung sollen bereits realisierte oder noch geplante Entwicklungsprojekte für die Zukunft abgesichert werden. „Bei den von uns umgesetzten Infrastrukturprojekten wie Geburtshäusern, Schulen und Wassersystemen ist es erforderlich, dass es am Ort Partner gibt, die nach der Übergabe des Projekts die Kosten der Instandhaltung übernehmen.“

Es zeige sich aber häufig, dass Pflege und Instandhaltung von Gebäuden schnell zur Schwachstelle in der Entwicklungsarbeit werden. Die lokalen Partner sind häufig nicht in der Lage, die Kosten zu übernehmen. „Was wir bauen, das müssen wir auch erhalten“, sagt die 52-Jährige. Es gebe in Indien und in Nepal viele Beispiele, die zeigten, was nicht passieren sollte. Da werden von internationalen Organisationen beispielsweise Schulgebäude errichtet, um die sich nach der Fertigstellung keiner mehr kümmere. „Erst verfallen die Dächer, dann die Gebäude und am Ende sind nur noch Ruinen übrig.“

Das sei keine Option für die zahlreichen Projekte von „Back to Life“, die sie von 1992 bis 2017 in Indien (Leprahilfe, Heime für Kinder von Leprakranken und deren Umfeld) und seit 2009 in Nepal realisiert. Die Bandbreite der Schwerpunkte in Nepal reicht von Bildung, Gesundheit und Wasser über Einkommensförderung und Nothilfe bis zu Klima- und Ressourcenschutz. Getreu dem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“ erarbeiten Menschen sich eine Perspektive.

Zu ihrem seit drei Jahrzehnten bestehenden Engagement kam die gebürtige Frankfurterin, die in Bad Homburg aufwuchs, durch Zufall. Nach ihrem 1989 an der Kaiserin-Friedrich-Schule (heutiges KFG) bestandenen Abitur und einer Musicalausbildung in Frankfurt/Main wollte sie eine Fotografenausbildung in Italien machen. Da sich deren Anfang verschob, reiste Stella Detjen nach Indien und lernte dort eine Gruppe Leprakranker kennen. Die junge Frau sah nicht weg wie viele andere Urlauber, sondern engagierte sich. Sie sammelte Spenden, um die Not der Betroffenen zu lindern.

Wo die Not am größten ist

„Anfangs kannte ich jeden Spender persönlich. Dann bekam ich 2006 den ‚World Hope Award‚ verliehen. Seither erhalten wir Spenden aus ganz Deutschland.“ Vor 13 Jahren fing Stella Deetjen mit ihrem gemeinnützigen Verein an, anfangs noch parallel zu ihrem Engagement in Indien, Projekte für benachteiligte Menschen, insbesondere Kinder und Jugendliche, in Nepal zu realisieren. „Nepal hat die gleiche Kultur wie Indien, ist aber das deutlich ärmere Land. Es gehört zu den 20 ärmsten Ländern der Welt. Indien hat sich in den vergangenen Jahren enorm entwickelt.“ Das zwischen Indien und China liegende Nepal ist von beiden Supermächten abhängig. Viele Nepalesen arbeiten zudem unter menschenunwürdigen Bedingungen als Tagelöhner in Indien, China und Malaysia.

Im April und Mai 2015 wurde Nepal von schweren Erdbeben verwüstet, viele Menschen starben. Im Mai 2021 war Nepal das von Corona weltweit am meisten betroffene Land. „Wir setzen unsere Hilfe dort ein, wo die Not am größten ist“, betont Stella Deetjen. Im Rahmen der Corona-Nothilfe in Nepal konnten 20 Krankenhäuser mit dringend benötigten medizinischen Geräten und Notwendigem im Wert von über 310 000 Euro ausgestattet werden. „Dank einer Sauerstoffanlage kann das Distriktkrankenhaus in Mugu, das für 55 000 Menschen in dieser abgelegenen Bergregion zuständig ist, nun selbst den überlebenswichtigen Sauerstoff herstellen.“ In Nepal beschäftigt „Back to Life“ acht Mitarbeiter und arbeitet mit zwei Partnerorganisationen zusammen, die 89 einheimische Mitarbeiter haben. Gemeinsam mit ihnen begleitet „Back to Life“, die von ihnen geförderten Gemeinden und Familien in drei Projektgebieten, langfristig, um wirklich nachhaltige Erfolge zu erzielen.

„Mit geringem Einsatz kann man den Menschen in den Hochgebirgsregionen das Leben enorm erleichtern.“ Dazu gehören Infrastrukturprojekte wie zwölf bereits realisierte Wassersysteme mit 87 Wasserzapfstellen für mehr als 2000 Menschen und zehn weitere geplante Wassersysteme in den Bergen Mugus. Saubere Energie wird rund ein Drittel aller Familien in der Hochgebirgsregion mittels 3200 rauchfreier Öfen und 3500 Solarlichtanlagen zur Verfügung gestellt. Errichtet wurden bisher 36 erdbebensichere Schulgebäude mit 116 Klassenräumen. Fast 4400 Schüler werden mit Schuluniformen, Lernmaterial und Winterkleidung ausgestattet. Gebaut wurden inzwischen 15 Geburtshäuser, in denen 2370 Kinder das Licht der Welt erblickten. „Am 28. Dezember wurde das 1000. Corona-Baby geboren.“

Eine berufliche Perspektive bietet der Verein den Menschen mit der Vermittlung wichtiger Kenntnisse. Ausgebildet werden staatlich geprüfte Hebammen und Agrartechniker, die ihre Kenntnisse an die Bevölkerung weitergeben, damit diese ihr Einkommen sichern.

!Weitere Informationen zum Verein „Back to Life“ und zur neugegründeten Stiftung gibt es im Internet unter www.back-to-life.org. Wer Verein und Stiftung finanziell unterstützen möchte, findet unter dieser Adresse auch die Spendenkonten.

Mit inzwischen 15 von „Back to Life“ gebauten Geburtshäusern in den Bergen Nepals sorgt Stella Deetjen dafür, dass die Kindersterblichkeit sinkt. 2370 Kinder erblickten dort das Licht der Welt. Foto: Back to Life

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