Im Horex-Museum auf Spurensuche gehen

Geschichte als Detektivarbeit: Das kleine Selbstporträt von Landgräfin Eleonora Margaretha aus dem Jahr 1759, das Dr. Peter Lingens in der Hand hält, führt auf die Spur zweier angeblicher Möbelstücke aus dem Besitz der Landgräfin. Foto: a.ber

Bad Homburg (a.ber). „Gemalt im Alter von 80 Jahren ohne Brille“ – diesen Vermerk schrieb Eleonora Margaretha, Landgräfin von Hessen-Homburg auf ein kleines Selbstporträt, das die Tochter Landgraf Friedrich II. im Jahr 1759 gemalt hatte. Dr. Peter Lingens, Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Städtischen Historischen Museums Bad Homburg, zeigte das Bild bei der Führung auf den Spuren von Landgräfin Eleonora den Besuchern im Horex-Museum. Die 12. Bad Homburger Kulturnacht hatte das Städtische Museum zum Anlass genommen, das wegen eines großen Wasser- und Schimmelschadens im Jahr 2021 geschlossene Haus mit mehreren Themen-Führungen wiederzueröffnen.

Viel zu entdecken gab es an diesem Abend für die jüngsten Besucher bei einem Gang durch das Horex-Museum zur Schöpferin der berühmten „Maus“-Figur, Isolde Schmitt-Menzel. Aus den Schubkästen des Schaudepots zogen Mitarbeiter des Museums Originalzeichnungen, Spielkarten und andere Utensilien zu der orangenen Maus; Kinder konnten am historischen Schulpult im Obergeschoss Platz nehmen und selbst dazu zeichnen. „Wir haben hier jemanden, der Freude daran hat, sich die Geschichte Bad Homburgs zu erarbeiten“, stellte Museumsleiterin Ursula Grzechca-Mohr die Ukrainerin Antonina Kostyshyna vor, Mitarbeiterin eines Archivs und im Tourismus in ihrer Heimatstadt Kiew beschäftigt, die flüchten musste. Sie ist derzeit mit ihrem Sohn in der städtischen Hölderlin-Wohnung in der Villa Wertheimber untergebracht, lernt Deutsch und übersetzte vor der Kulturnacht den englischen Teil der App des Städtischen Museums ins Ukrainische. Antonina Kostyshyna führte eine Gruppe ukrainischer Frauen zu 15 Bildern und Objekten des Städtischen Museums.

Die Besucherinnen der Kulturnacht hörten in ihrer Sprache Erläuterungen zu berühmten kurstädtischen Persönlichkeiten und deren Geschichte, betrachteten auch die Miniatur eines Goethe-Standbilds, das in Originalgröße in Bad Homburgs Partnerstadt Marienbad steht, und erfuhren Interessantes zu den Partnerschaften, die die Kurstadt pflegt.

In eine kleine Detektiv-Geschichte konnten Besucher einer weiteren Führung eintauchen: Dr. Peter Lingens erzählte über Recherchen zu Landgräfin Eleonora Margaretha (1679-1763), die er gemeinsam mit Professor Dr. Barbara Dölemeyer vom Bad Homburger Geschichtsverein gemacht hatte. Im Bestand des Stadtmuseums befinden sich drei Porträts der Landgräfin.

Eleonora wuchs im Homburger Schloss auf, wurde als erwachsene Frau zwecks Versorgung von ihrem Vater in ein evangelisches Damenstift für hochadelige Frauen geschickt, hielt sich jedoch lieber in Homburg auf und besaß dort nachweislich drei Immobilien. Sie war begeisterte Hobby-Jägerin und Unternehmerin und gehörte einem Alchimisten-Zirkel an, der sich in der Gold-Herstellung versuchte. Ein dubioser französischer Baron dieses Zirkels vererbte der Landgräfin ein großes Haus, das bis 1865 in der Homburger Altstadt an der Stelle der heutigen Landgraf-Ludwig-Schule stand. Das Haus gelangte später in die Hände der Familie von Wernigk, die viele der darin befindlichen Möbel übernahm – das hatte ein Erbe der Familie auf einem Zettel vermerkt, der auf der Rückseite des Selbstporträts der Landgräfin klebte, das Nachfahren der von Wernigks aus Trier vor Kurzem nebst zwei Möbelstücken auf dem Kunstmarkt angeboten hatten. Die Stadt Bad Homburg kaufte die drei Objekte an. Dr. Lingens sprach über die Nachforschungen im Nachlass-Inventarverzeichnis der Landgräfin, zeigte das inzwischen restaurierte Schreib-Möbel und den Spieltisch – „das Ergebnis der Detektivarbeit ergab aber, dass dieser rechteckige Tisch aus dem 18. Jahrhundert nicht aus Eleonoras Besitz stammt, ihr Spieltisch war nämlich oval – aber schön ist er trotzdem“, schmunzelte Dr. Lingens.



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