Märchenhaftes Lichtfest im herbstlichen Kleinen Tannenwald

Unter einer Linde erzählt Lotte von der Inde mit schöner Gestik und ausdrucksvoller Mimik die Geschichte von einer Magd, die einen Prinzen von seinem Fluch erlöst. Foto: pit

Bad Homburg (pit). Der Kleine Tannenwald ist ein Park mit einer ganz eigenen, besonderen Atmosphäre. Seine stimmungsvolle Kulisse ist wie geschaffen für das zweite Lichtfest, bei dem sich Kinder und Erwachsene auf einen märchenhaften Spaziergang begeben konnten, in dessen Verlauf erfahrene Geschichtenerzählerinnen und ein junges Schauspielensemble auf sie warteten.

Mit wohl gesetzten Worten oblag es der Bad Homburger Märchenerzählerin Michaele Scherenberg, die großen und kleinen Gäste zu der „schlauen Führung für schlaue Kinder“ zu begrüßen: „Wir haben alles extra so gemacht, dass ihr die von uns im ganzen Park versteckten Sachen gut sehen könnt.“ Die Erzählerin Erna sei nicht ganz riesig und ganz bunt, lautete einer der verheißungsvollen Hinweise, ein anderer wiederum: „Der Indianer, der Weisheitsgeschichten erzählt, läuft mit einer Trommel herum.“

Ausgerüstet mit Hefe-Igel in der einen Hand und Laterne in der anderen – beides erhielten die Kinder am Eingangstor – machten sich kurz darauf die Märchenfreunde jedes Alters auf die verlockende Entdeckungstour durch das Parkgelände, das, in ein herbstlich-buntes Kostüm gehüllt, das Seine für das märchenhafte Erlebnis beisteuerte. Der Klangteppich aus Harfenmusik von Stefanie Bieber und gut eingesetzte Lichtinstallationen rundeten die Szenerie ab, in die es einzutauchen galt.

Etwa in die Geschichte über die Entstehung des Lebens auf dieser Erde, die Dörte Sukavi erzählte. Dass der Bericht über die „Bakterien, die nach zwei Milliarden Jahren mal was größeres machen wollten“, trotz der bildhaften Wortwahl sehr fundiert wirkte, ist kein Wunder. Denn die Kirdorferin arbeitet in ihrem „anderen“ Leben als Meeresbiologin am Senckenberg-Museum in Frankfurt.

Weiter ging der Spaziergang rund um den Teich mit dem romantischen Pavillon in seiner Mitte. Und schon bald ließ sich die Stimme von Birgit Fritz vernehmen, die gerade ein afrikanisches Märchen wiedergab. „Und die Affen sagten zur Katze: ‚Wir wollen dich ärgern, ein wenig necken‘“, erzählte sie gerade ihrem gespannt lauschenden Publikum. Die Katze habe darauf listig geantwortet: „Das dürft ihr tun, aber nicht die Glocke des Großvaters läuten.“ Und mit dieser Glocke sei das Bienennest im Baum gemeint gewesen. Gerade dieses Verbot aber habe die Affen, die das Nest nicht als solches erkannten, besonders verlockt, so dass sie ganz viele Bienenstiche geerntet hätten: „Jetzt wisst ihr, warum es im Zoo Affen gibt, die einen ganz roten Popo haben.“ Und die Moral von der Geschicht’? „Ihr solltet euch hüten, die Glocke des Großvaters zu läuten“, schmunzelte Birgit Fritz und zückte ihre Kalimba, ein afrikanisches Daumenklavier, das auch einige Kinder gerne mal ausprobieren wollten.

Lotte von der Inde saß derweil bei Kerzenlicht unter einer der schönen Linden des Parks und erzählte das Märchen von der Magd, die es vermochte, einen Jüngling zu erlösen, der von einer „Alten“ in einen Baum verwandelt worden war. Und siehe da, er war nicht nur schön, sondern auch noch von Adel, und die Bäume rund um ihn herum nahmen ebenfalls wieder Menschengestalt an. Denn das war der Hofstaat des jungen Prinzen, der die Magd selbstverständlich zur Frau nahm. Auch Lotte von der Inde hatte kleine Musikinstrumente mitgebracht, mit denen sie zwischen den Geschichten für zarte Klanggewebe sorgte.

Viel Aufregung herrschte am Schweizer Haus. Hier setzten Kinder der Landgraf-Ludwig-Schule das Grimm’sche Märchen „Schneewittchen“ in Szene, während Michaele Scherenberg die Rolle der Erzählerin übernahm. Gerade konnte die junge Königstochter das Herz des Jägers erweichen, der sie auf Geheiß ihrer Stiefmutter eigentlich töten sollte, und in der nächsten Szene war sie schon bei den sieben Zwergen gelandet. Zu schön, mit welcher Freude die Kinder sich dem Spiel hingaben, während die anderen jungen Zuschauer das Geschehen gespannt verfolgten.

Lichtspirale zum Pavillon

Auch im Pavillon hieß es: Ohren spitzen. Die „nicht ganz riesige und sehr bunte“ Märchenerzählerin Erna Dudensing aus Basel fesselte ihr Publikum zunächst mit ihrem mitreißenden Bericht über den „Schlangenprinz“, bevor sie – passend zur Jahreszeit – die Geschichte vom „Seelchen“ preisgab.

Eine Lichtspirale, die von allen Beteiligten und Gästen des romantischen Spektakels gelaufen wurde, führte ebenfalls in den Pavillon – und gemeinsam gesungene Abendlieder beendeten ein ganz besonderes Ereignis, das zwar von leichter Hand gewebt aussah, aber in seiner Organisation vielen profunden Helfern zu verdanken war, wie Ideengeberin Petra Kirchberg von der Bad Homburger Kinderkunstschule versicherte: „Dazu gehörten vor allem die Mitorganisatoren vom Förderverein Kleiner Tannenwald und Michaela Scherenberg vom Wohlfühlhaus.“ Und eines steht schon heute fest: Auch 2020 wird es das Lichtfest im Kleinen Tannenwald geben.

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