Warum eine Nacht drüber zu schlafen beim Lernen hilft

Werner Cassel vom Schlafmedizinischen Zentrum des Klinikum Marburg fesselt die Schüler der Humboldtschule mit seinem Vortrag zum Thema Schlafen und Lernen. Foto: HUS

Bad Homburg (hw). Der Löwe schläft täglich 22 Stunden und der Delphin unter Wasser mit nur einer aktiven Hirnhälfte. Spätestens nach diesem Einstieg konnte sich Werner Cassel vom Schlafmedizinischen Zentrum des Klinikum Marburg der Aufmerksamkeit der Humboldtschüler gewiss sein. In seinem Vortrag lernten die Schüler der Einführungsphase die Bedeutsamkeit des Schlafens für erfolgreiches Lernen.

Mit wissenschaftlichen Statistiken aus dem Schlaflabor und Erklärungen zu biologischen Prozessen erläuterte der Experte den Jugendlichen, dass sie direkten Einfluss auf ihre Lerneffizienz nehmen können: Melatonin- und Orexinausschüttung verändern sich mit Licht und Dunkelheit. Die Eltern werden sich wundern, wenn in Zukunft beim Zähneputzen der Badezimmerspiegel dunkel bleibt und der lange Mittagsschlaf zur kurzen Mittagsruhe wird. Cassel erläuterte weiterhin, wie Tiefschlafphasen das Behalten von gelernten Vokabeln fördern, wie die REM-Traumschlafphase am Ende der Nacht das Speichern von komplexen Zusammenhängen ermöglicht. In seinem wissenschaftlichen Vortrag zeigte der Diplompsychologe aber auch tiefes Mitgefühl mit den Jugendlichen: die Schule beginne für die Schüler aus biologischer Sicht viel zu früh, denn Jugendliche sind chronobiologische Nachtigall-Typen. Zu diesem Mitgefühl gab er dann aber auch sofort tröstliche Tipps, zum Beispiel sich in den Pausen auf dem Schulhof dem natürlichen Licht mit höheren LUX-Werten als dem künstlichen Licht im Klassenraum auszusetzen. Die Idee zur Vortragsreihe entstand aufgrund einer Umfrage in der Oberstufe im vergangenen Schuljahr. Oberstudienrätin Katrin Schürger, die die Methodenwoche an der Humboldtschule entwickelt und betreut, hatte die Schüler mit 50 persönlichen Fragen aus der Reserve gelockt und so die Interessensschwerpunkte und den Bedarf der Jugendlichen ermittelt.

Die Oberstufenleiterin der Humboldtschule, Sandra Muniz Fernandez schildert die Ergebnisse: „Schüler empfinden gerade die Anforderungen in der Oberstufe und kurz vor dem Abitur als besonders stressig. Unser Ziel ist es, zu Beginn der Oberstufe informative Veranstaltungen anzubieten, die ihre Resilienz steigert, sie für Selbstachtsamkeit sensibilisiert und Selbstwirksamkeit in den Fokus rückt, damit sie den schulischen Belastungen besser gewachsen sind.“

In einem zweiten Vortrag vermittelte eine Expertin der Leipziger Unternehmens „Extrazwei“ Kenntnisse zur digitalen Stressminderung. Von den vielen wertvollen Strategien für eine selbstbestimmte Mediennutzung, wurden einige sofort in der Aula praktisch ausprobiert. Für das nächste Schuljahr sind weitere Vorträge und Workshops zu den Ergebnissen der Umfrage geplant.

Auch wenn die Suche nach hochrangigen Referenten mühselig sei, wie die Schule mitteilt, die Schüler wüssten diese Unterstützung zu schätzen.



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