Auf der Schwelle zwischen Dramatik und Feierlichkeit

Bad Homburg (jbr). Mit einem dreiteiligen Konzert des Bayerischen Kammerorchesters Bad Brückenau lief die Orchesterkonzertreihe der Bad Homburger Schlosskonzerte im neuen Jahr an. Hierzu begrüßte in alter Vertrautheit Karl-Werner Joerg die Zuhörer in der, nach Corona-Maßstäben, beinahe ausverkauften Schlosskirche.

Das Kammerorchester unter der Leitung von Johannes Moesus hieß seinerseits das Publikum mit der Sinfonie Nr. 22 in G-Dur, verfasst von dem böhmischen Komponisten und Kontrabassisten Antonio Rosetti, willkommen. Nach einer langsamen Einleitung wurden die heiteren Melodien zunehmend schneller, hier und dort stachen die Bläser heraus, besonders als der erste Satz nach Moll umschwang und Dramatik aufkam. Wieder mit heiteren, vollen Klängen folgte ein Allegro, in dessen Verlauf die Sinfonie eher dahinfloss, bevor immer wieder Aufwärtsbewegungen der Celli und des Kontrabasses die Harmonien aufbrachen. Mit einer hintergründigen Begleitung der Streicher schoben dazu die Oboen kleinere Soli ein.

Leise ging die Komposition zum zweiten, auf ein Grave und Allegro folgenden Satz, einem Menuett, über. Hier berührten die Musiker die Zuhörer mit melancholischen Passagen, bei denen die Einsätze versetzt erklangen und Streicher und Bläser im Wechsel die Stimmführung übernahmen. Im Mittelteil des zweiten Satzes konnte die Oboe als Solistin brillieren. Nur begleitet vom Konzertmeister und dem Solocellisten setzten die Musiker das Trio gekonnt in Szene.

Abrupt folgte ein eindrucksvoller Übergang zum vollen Orchesterklang mit lauten, dramatischen Harmonien. Aus der letzten Reihe der Bühnenbesetzung der Schlosskirche brach schließlich das Horn mit einem beinahe majestätischen Einschub unter lebhafter Anleitung des Dirigenten hervor. Zum Abschluss des Werkes brillierte das Bayerische Kammerorchester mit einem Allegretto und einem Presto, gezeichnet von schnellen Läufen und zarten Pausen, die wiederum laut das Ende der Sinfonie bedeuteten.

Das darauffolgende Stück aus der Feder des wenig aufgeführten Komponisten und Zeitgenossen Rosettis und Mozarts, Johannes Matthias Sperger, trägt den Namen „Konzert für Viola und Orchester in D“. Für dieses Konzert hatte Konzertveranstalter Karl-Werner Joerg den renommierten Bratschisten Georgy Kovalev gewinnen können, der den Solopart der Viola übernahm. Nach einem kurzen Umbau auf der Bühne erklang ein erhabener Auftakt mit vollem Orchester, der Ähnlichkeiten mit dem berühmten „Te Deum“ von Marc-Antoine Carpentier aufweist. Darauf folgte ein leichtes und bewegtes Solo Kovalevs, das das Orchester dezent begleitete. Nach einer musikalischen Antwort der restlichen Streicher begann das virtuose Spiel von Georgy Kovalev auf der Schwelle zwischen Dramatik und Feierlichkeit zu balancieren. Dies unterstrich er mit gekonnten Läufen, bei denen dem Bratschisten spieltechnisch einiges abverlangt wurde.

Das feierliche Ende des Cantabile ging in ein abschließendes Rondo über, in dem eine rhythmische, dumpfe Begleitung der Streicher zur Viola zu hören war. Die folgende Pause, bei der beinahe der Eindruck eines sehr plötzlichen Endes entstand, bildete die Überleitung zu einem fürstlichen Schlussteil mit wiederkehrenden Motiven.

Das dritte Werk an diesem Abend stammt von dem berühmtesten Komponisten der Wiener Klassik, Wolfgang Amadeus Mozart, der seine dargebotene 29. Sinfonie in A-Dur im Jahr 1774 schrieb. Beginnend mit harmonischen Mehrdeutigkeiten zwischen Bedrohlichem und Heiterem kristallisierten sich zügig die typischen Stilmerkmale der durch Mozart geprägten Zeit heraus, die bereits in den vorangegangenen Stücken seiner Zeitgenossen immer wieder auftauchten.

Im folgenden Andante, das sich als Tempobezeichnung vom Italienischen „Andare“ (auf Deutsch „Spazieren“) ableitet, nahm das Kammerorchester aus Bad Brückenau das Publikum auf einen solchen Spaziergang durch Salzburg, wo Mozart zu dieser Zeit lebte, mit. Die zarten Melodien regten beinahe tonmalerisch die Fantasie an, man flaniere durch einen Park, in dem die Holzbläser wie Vogelgezwitscher erklangen. Ein kontrastierendes, von Kürze und Brillanz geprägt, Menuett und ein Trio folgten.

Das Stück nahm noch einmal Fahrt auf, als schnelle Läufe im letzten Satz erklangen und es mit einer festlichen Coda ein eindrucksvolles Ende fand. Die Zuhörer applaudierten kräftig und zeigten sich begeistert von dem abwechslungsreichen Programm des Bayerischen Kammerorchesters.

Solist ist der deutsch-russische Bratschist Georgy Kovalev. Foto: jbr



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