Sommerschule hilft, Wissenslücken zu schließen

Bessere Chancen im neuen Schuljahr: Die ehemalige KFG-Direktorin Heike Zinke und Oberstufenschüler Felix Gärtner helfen Schülern in der Sommerschule des Kinderschutzbundes, ihre Wissenslücken nach dem Corona-Lockdown zu schließen. Foto: Bergner

Bad Homburg (a.ber). Wer in diesen Tagen durch die blau angestrichene Tür des Dr.-Ingrid-Karutz-Hauses am Hindenburgring tritt und in den großen Raum im Erdgeschoss kommt, den empfängt mitten in der Ferienzeit eine konzentrierte Schulatmosphäre: Im Hausaufgabenraum des Kinderschutzbundes Hochtaunus sitzen acht Mädchen und Jungen im Alter von zehn bis 14 Jahren, beugen sich über Schulbücher und Hefte und lassen sich von Felix Gärtner helfen. Der Oberstufenschüler unterrichtet Deutsch – drei Wochen lang versucht er, gemeinsam mit den Schülern Wissenslücken zu füllen, die durch den Unterrichtsausfall wegen der Corona-Pandemie entstanden sind. Es ist der zweite Teil der „Sommerschule“ des Kinderschutzbundes; in den ersten drei Wochen der Sommerferien kamen Sechs- bis Elfjährige zum Lernen, nun büffeln die Kinder und Jugendlichen der weiterführenden Schulen, um nach mehr als drei Monaten ohne Präsenzunterricht in ihren Schulen den Anschluss an den Lernstoff für das neue Schuljahr zu finden.

Die pädagogische Leitung der Sommerschule, deren Idee beim Kinderschutzbund Anfang Mai noch vor den ersten Überlegungen des hessischen Kultusministeriums zu Hilfsangeboten für Schüler geboren worden war, hatte die ehemalige Schuldirektorin des Kaiserin-Friedrich-Gymnasiums, Heike Zinke, spontan übernommen. Seit Februar 2020 im Ruhestand, arbeitete die Deutsch- und Englischlehrerin flugs ein Konzept aus: „Zwei Doppelstunden Unterricht mit einer halben Stunde Pause dazwischen, von 8.30 bis 12 Uhr konzentriertes Lernen – es sollte kein Betreuungsangebot sein, sondern den Kindern wirklich helfen, den Start ins neue Schuljahr besser zu bewältigen“, so Heike Zinke. Sie selbst unterrichtet Englisch, Referendarin Bettina Hedke und Felix Gärtner Deutsch und Mechthild Weiß-Hennerici, ehemalige Studienleiterin der Humboldtschule, unterrichtet Mathematik. Angesprochen hatte der Kinderschutzbund Schüler aus den Familien, die vom Verein auch sonst betreut werden. „Es sind Kinder, die aufgrund ihrer familiären Situation Unterstützung brauchen und eine klare Struktur im Alltag“, sagt Heike Zinke.

Christiane de Maizière, die seit 18 Jahren ehrenamtlich für den Kinderschutzbund Hochtaunus arbeitet, erklärt: „Die Corona-Zeit ist für manche Familien ausländischer Herkunft extrem schwierig: Einige haben die Gefährdungssituation gar nicht verstanden – entweder machen sie total dicht und übertragen ihre Angst auf ihre Kinder, oder sie tun so, als wäre nichts und beachten keinerlei Regeln. Ohnehin sind viele Eltern so mit der eigenen Integration in die deutsche Gesellschaft beschäftigt, dass sie oft keine Zeit und Kenntnis haben, um bei den Schularbeiten zu helfen. Das hat sich in der Lockdown-Periode nochmal verstärkt.“ Mit den täglichen Treffen ab 8.30 Uhr, wo im Garten des Ingrid-Karutz-Hauses erst Interaktionsspiele gemacht werden, bevor der Unterricht beginnt, „bekommen die Schüler wieder Grund unter die Füße“, so Heike Zinke. Aber nicht nur Kinder ausländischer Herkunft sind dabei, sondern auch solche aus deutschen bildungsfernen Familien. Seit März 2020 hatten die beiden hauptamtlichen Fachkräfte des Kinderschutzbundes, Anita Faulhaber und Dr. Margarita Rivas, per Telefon und Besuchen den Kontakt zu den Familien gehalten, Material für die Schüler vorbeigebracht und manchmal die Kinder auch telefonisch durch die Arbeitsblätter der Schulen gelotst.

Leckereien und Rucksack

Auf dem großen Gartentisch der Einrichtung stehen in den Pausen schwedische Leckereien für die eifrigen Jungen und Mädchen bereit: Das Projekt „Sommerschule“ des Kinderschutzbundes wird finanziell von der Firma Ikea Frankfurt unterstützt, „die uns auch zwei Einkaufswagen mit Snacks und Getränken zur Verfügung gestellt hat“, sagt Christiane de Maizière begeistert. Der Rotary-Club Bad Homburg-Kurpark steuerte für jeden Schüler einen Rucksack mit Stiften, Schere, einem Buch-Gutschein und weiteren Dingen bei. Nach den Schulferien werden die Kinder und Jugendlichen weiter zweimal pro Woche schulisch unterstützt – „besonderes Augenmerk wird dabei auf die Frage der Organisation des eigenen Lernens gerichtet“, so die ehemalige KFG-Leiterin Heike Zinke.

Der Kinderschutzbund Hochtaunus hat bisher kein Corona-Hilfsgeld beantragt und seine Fachkräfte nicht in Kurzarbeit geschickt. Auch die ehrenamtlichen Helfer und Minijobber arbeiten weiter. So ist es dem Kinderschutzbund nach elf Wochen Zwangspause wegen Covid-19 gelungen, seine Angebote wie die Telefonseelsorge „Nummer gegen Kummer“, die Babylotsen, die Klamottenschachtel im Hindenburgring und andere Aktivitäten sofort wieder aufzunehmen.

!Die Angebote des Deutschen Kinderschutzbundes Kreisverband Hochtaunus sind im Internet unter www.kinderschutzbund-hochtaunus.de oder unter Telefon 06172-20044 zu erfahren.



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