Aus der Telefonzelle wird ein Bücherschrank

Eine rote Telefonzelle wird zum Bücherschrank. Nach Lektüre suchen Kurdirektor Holger Reuter (l.) und Oberbürgermeister Alexander Hetjes. Foto: fch

Bad Homburg (fch). Früher standen Telefonzellen an fast jeder Straßenecke. In ihnen wurden dringende Gespräche geführt, Notrufe abgesetzt. Sie boten Schutz vor Regen und Kälte. Zur Ausstattung gehörten Aschenbecher, wodurch es in ihnen fast immer nach kaltem Rauch stank. Doch durch die Digitalisierung ist ihre Zahl drastisch zurückgegangen. Fast jeder hat heute ein Handy, das Telefonzellen zunehmend überflüssig macht. Langsam verschwinden sie aus dem Stadtbild, landen auf dem Müll.

Dieses Schicksal bleibt der roten am 12. Mai 1990 aufgestellten und mit einem Tastentelefon bestückten englischen Telefonzelle auf dem Kurhausvorplatz nach fast genau 30 Jahren treuer Dienste erspart. Zu verdanken ist dies zwei Anträgen von CDU und SPD im Stadtparlament. Für das Geschenk aus Exeter zum 25-jährigen Bestehen der Partnerschaft zwischen den beiden Städten wünschten sich die Antragssteller eine neue Verwendung als „Bücherzelle“. Und so wurde die 1924 vom britischen Architekten Sir Giles Gilbert Scott mit Kuppeldach entworfene, typisch englische Telefonzelle nach einem kurzfristigen Leerstand ab Herbst 2019 für rund 2500 Euro zum Bücherschrank umgebaut.

„Sie wurde frisch gestrichen, und es wurden Regale eingebaut“, sagte Kurdirektor Holger Reuter. Gemeinsam mit Oberbürgermeister Alexander Hetjes und einigen Bürgern weihte er den neuen öffentlichen Bücherschrank ein. Die Regale als Erster mit Büchern zum Stöbern und Ausleihen bestückt hat Spielbankdirektor Lutz Schenkel. Bürger und Besucher können sich ab sofort in der „kostenlosen Freiluft-Bibliothek“ Bücher ausleihen oder Bücher in das Regal stellen, die sie nicht mehr brauchen. Wer gut erhaltene Bücher verschenken will, kann sie einfach in eine der sechs öffentlichen Bücherschränke der Kurstadt stellen. „Lesen, so sagte schon der große Voltaire, stärkt die Seele. In Bad Homburg gibt es seit Kurzem mehrere neue Orte, an dem man seine See stärken kann“, freut sich Hetjes.

Zu diesen Orten gehören seit Ende 2019 die Bücherschränke in Kirdorf (Bushaltestelle am Kirdorfer Kreuz) und in Ober-Erlenbach (an der Bäckerei Freimuth). Gebaut haben diese beiden Schränke mit ihren praktischen Klappfenstern Mitarbeiter des „Stöbertreffs“, einem sozialen Projekt in Hannover. Die Kosten für diese witterungsbeständigen, auf einem Betonsockel stehenden Bücherschränke belaufen sich pro Stück auf rund 3000 Euro. Ein Bücherschrank steht in Dornholzhausen. Öffentliche Bücherregale gibt es in der Englischen Kirche und im Stadtbüro im Rathaus. Demnächst sollen auch noch in Ober-Eschbach und im Ortsbezirk Berliner Siedlung/Gartenfeld Bücherschränke aufgestellt werden.

„Das Prinzip wird sehr gut angenommen“, sagt Hetjes. Er betont, dass das Angebot in den Bücherschränken nicht mit der Auswahl an Medien in der Stadtbibliothek in der Dorotheenstraße und ihrer Außenstelle in Ober-Erlenbach, Am Alten Rathaus 5, zu vergleichen ist. „Das Angebot in der Stadtbibliothek ist naturgemäß wesentlich umfangreicher – und die Mitgliedschaft ist ebenfalls kostenfrei.“

!Während die öffentlichen Bücherschränke rund um die Uhr geöffnet haben, gelten für die Stadtbibliothek in der Innenstadt folgende Öffnungszeiten: dienstags bis freitags von 11 bis 18 Uhr sowie samstags von 11 bis 14 Uhr. Die Zweigstelle in Ober-Erlenbach öffnet immer dienstags (16-19 Uhr), mittwochs (9.30-11.30 Uhr) sowie donnerstags (16-19 Uhr) ihre Pforten.



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