Zeitkapseln sollen in 80 Jahren wieder geöffnet werden

Per Zeitkapsel in die Zukunft: Mit dieser Aktion wirbt das Team der Erlöserkirchengemeinde unter Dr. Christoph Zekorn (3. v. l.) darum, dass sich Bad Homburger Bürger und Institutionen an der Spendenaktion für die Dachsanierung der Kirche beteiligen. Fotos: Bergner

Bad Homburg (a.ber). Die Erlöserkirche ist in rote Planen gehüllt. „Sieht aus wie von Christo“, meint Volker Weber, der Vorsitzende des Bauausschusses der evangelischen Gemeinde. Er deutet auf die in schwindelerregender Höhe arbeitenden Dachdecker und sagt: „Wir sind im Zeitplan.“ Fast jeden Tag ist Volker Weber am Ort. Dachdecker, Restauratoren für die Fenster, Klempner und Gerüstbauer greifen Hand in Hand, um 2000 Qua-dratmeter Schiefer neu einzudecken, die Elektroinstallationen aus dem Jahr 1908 zu erneuern, den Blitzschutz komplett auszutauschen und die Fäulnisschäden an Dachbalken zu sanieren. 1,2 Millionen Euro soll die Grundrenovierung des Kirchendaches des von Kaiser Wilhelm II. erbauten Gotteshauses kosten. 20 Prozent davon muss die Erlösergemeinde selbst tragen – mit ihrem Projekt „Per Zeitkapsel in die Zukunft“ wirbt die Gemeinde dabei um Sponsoren.

So manche Überraschung erwartete die für die Sanierung Verantwortlichen: Sei es ein Bienenvolk in einem unzugänglichen Dachraum, das ein Imker jüngst vorsichtig entfernte und umsiedelte, sei es ein Turmfalkenjunges, das plötzlich auf dem Gerüst herumlief und von der Feuerwehr gerettet und in den Schlossgarten gebracht wurde. „Dem Uhu, der hier hauste, war der Lärm wohl zu groß“, meint die Vorsitzende des Kirchenvorstands, Petra Kühl. „Er sitzt jetzt auf dem Weißen Turm im Schlosshof.“

Blick auf den Brand in Paris

Aber auch am Gebäude selbst tauchen überraschende Probleme auf: So war über Jahre in einen der Türme viel Wasser eingedrungen. Nun werden die Anschlussfugen zwischen Dachflächen und Türmen neu verfugt. Die Schieferplatten, so Weber, müssten von Hand zugeschnitten werden. An den Fenstergauben sei das besonders kompliziert, hier lege deshalb der Chef der Dachdeckerfirma selbst Hand an. „Und wenn im Dach gelötet werden muss, müssen diese Arbeiten zwei Stunden vor Arbeitsschluss beendet werden, um dann noch sicherstellen zu können, dass nichts anfängt zu brennen“, sagt der Bauausschussvorsitzende mit Blick auf den Brand der Kathe-drale Notre Dame in Paris.

Im Dachstuhl der Erlöserkirche werden dann später im Jahr die sogenannten „Zeitkapseln“ in einer zugelöteten Kiste lagern – für 80 Jahre. Das von dem Kirchenvorsteher Dr. Christoph Zekorn und einem Team erdachte Projekt läuft bis zum 6. September: Gegen eine Spende von 990 Euro für die Dachsanierung erhält der Spender außer einer Spendenquittung eine längliche Röhre aus Edelstahl, die er nach seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen mit Dingen und Texten füllen kann, die er der Zukunft anvertrauen möchte. „Hoffnungen, Sorgen und Gedanken zu Vergangenem und Zukünftigem können hier ihren Platz finden“, so Zekorn. Die Zeitkapseln werden Anfang September dann im Gemeindebüro wieder abgegeben und verschlossen. Am Erntedankfest wird die Box mit den Zeitkapseln feierlich auf den Dachboden der Kirche gebracht. Anschließend lagern sie 80 Jahre dort und sollen erst bei der nächsten Renovierung wieder hervorgeholt und geöffnet werden. Der Kirchenvorstand gibt seinen nachfolgenden Generationen dann auf, mit den Inhalten der Zeitkapseln nach 80 Jahren eine Ausstellung zu eröffnen. „Selbstverständlich kann jeder Kapsel-Besitzer bestimmen, ob der Inhalt seiner Zeitkapsel in 80 Jahren der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden oder weiter ruhen soll.“

Schon jetzt haben Familien, Ärzte und Apotheker, Konditoren und verschiedene Lions- und Rotary-Clubs aus Bad Homburg eine Zeitkapsel erworben. Ein Club hat bereits für einen Kindergarten eine Kapsel gesponsert; hier wird die Stahlröhre mit Dingen gefüllt, die den Kindern und Erzieherinnen wichtig erscheinen. „Wir wünschen uns, dass noch mehr Bad Homburger Bürger und Institutionen die Möglichkeit nutzen, Dinge und Gedanken der Zukunft anzuvertrauen“, wirbt Christoph Zekorn für das Projekt. Auch die Konfirmanden der Erlöserkirche und der Kirchenvorstand selbst haben bereits eine Zeitkapsel befüllt. Die Anzahl der Zeitkapseln ist auf 123 Stück limitiert.

!Wer eine Zeitkapsel für sich oder andere Menschen erwerben will, kann dies jetzt im Gemeindebüro der Erlöserkirche, Dorotheenstraße 3, 61342 Bad Homburg – montags, mittwochs und freitags von 9 bis 12 Uhr – unter Telefon 06172-21089 oder per E-Mail an info[at]erloeserkirche-badhomburg[dot]de tun. Der Spendenpreis von 990 Euro kommt der Dachsanierung der Kirche zugute.



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