Frühlingserwachen … (fast) ohne uns!

Das Badehaus und davor der blühende Magnolienbaum Foto: Scholl

Bad Soden (Sc) – Die ersten Bäume blühen, die Stadtgärtner haben im Kurpark die ersten Frühlingsblumen gepflanzt und neben den farbenfrohen Stiefmütterchen recken die Osterglocken ihren Kopf in den Sonnenhimmel. Es ist Frühling, die Natur erwacht aus dem Winterschlaf. Bedauerlicherweise tut sie das in diesem Jahr fast ohne uns. In einer Zeit, in der es uns Bürger förmlich nach draußen zieht, um die frische Frühlingsluft und die ersten warmen Sonnenstrahlen zu genießen, müssen wir drinnen bleiben. Das ist nicht leicht, aber leider (fast) unumgänglich.

Wer in den letzten Tagen aufmerksam lauschte, der konnte hören, wie die ersten Vögel anfingen zu singen und getreu dem Motto „Der frühe Vogel fängt den Wurm“ eifrig die frisch gemähten Rasenflächen beackerten, um den einen oder anderen Wurm zu erbeuten. Denn eines ist klar – wenn man schon nicht mehr draußen unterwegs sein soll, so kann die überschüssige Bewegungsenergie zumindest in Gartenarbeit investiert werden. Überall brummten die Rasenmäher, die Bau- und Gartenmärkte waren voller Menschen, und Blumenläden verlegen ihr Angebot weg von Schnittblumen hin zu wunderschön bepflanzten Frühlingskörbchen für Garten und Balkon.

Wenn uns dies eines zeigt, dann, dass es die Menschen nach draußen zieht, in die Natur – nur dürfen oder sollen wir eigentlich nicht! Ein Dilemma, das schwer auszuhalten ist und uns allen viel Disziplin abverlangt. Da ist eine Mutter mit ihrem Rad fahrenden Kind alleine im Kurpark unterwegs, ein älteres Ehepaar geht Hand in Hand gemeinsam spazieren, und von der Seite naht der sportliche Jogger nebst Hund. Irgendwie müssen sie alle mit mindestens 1,5 Metern Abstand aneinander vorbeikommen und beachtenswerter Weise funktioniert das gut. Ein kurzes Innehalten, ein freundliches Nicken, und schon ist ohne viele Worte ein Weg umeinander herum gefunden – wenn die Welt sich doch immer so einig wäre. Etwas schwieriger wird das auf den letzten übriggebliebenen Openair-Events – den Wochenmärkten. Diese waren am Wochenende gut besucht und angesichts der sonst leergefegten Plätze und Straßen wirkte es, als wären irgendwie „alle“ auf dem Markt unterwegs. Schaute man genauer hin, so zeigte sich, dass die Kunden nicht einfach „herumstanden“, sondern sie warteten in der Schlange!

Die Warteschlangen waren zwar vom Aufbau und Abstand her noch ausbaufähig, aber man war bemüht! Die Stimmung war gut, viele Besucher trugen bereits einen Mund- und Nasenschutz und gaben ihr Bestes, um möglichst viel Abstand zu ihren Mitmenschen zu halten. Genauso funktionierte es vor den geöffneten Geschäften. Ob vor der Bäckerei, Metzgerei oder Apotheke: Die Menschen standen Schlange – in der Sonne. Geduldig, freundlich und mit jeder Menge Zeit.

Dummerweise kann man mit der vielen Zeit aber momentan so wenig anfangen. Viele, die einen Garten ihr Eigen nennen können, haben am Wochenende die Grillsaison eröffnet – nur mit der eigenen Familie versteht sich. Für alle anderen Bürger ohne Garten ist Grillen leider momentan nirgendwo möglich, denn „ein dauerhaftes Niederlassen im Park zwecks Picknick, Sonnenbaden oder Ähnliches“ ist verboten und kann mit empfindlichen Strafen geahndet werden. Wer dann einen unliebsamen Nachbarn hat, der sich über Grillgeruch auf dem Balkon beschwert, der muss leider den Tischgrill auspacken. Bedauerlich, aber leider nicht zu ändern! Nimmt man alles zusammen, kann schon mal Frust entstehen – anstrengendes Homeoffice, quirlige Kinder, geschlossene Spielplätze, genervte Teenies im Cyberspace-Modus und einsame Großeltern am Telefon – Corona hat uns im Griff und wirbelt unser Leben gründlich durcheinander! Aber hey – kann man dem Drama nicht vielleicht die Stirn bieten? Was nützen der Frust, die schlechte Laune und die Trauer um das, was wir im Moment nicht haben können? Wie wäre es mit dem Versuch, aktiv einen neuen Weg zu gehen?

Vielleicht gibt es ein paar nette Freunde von früher, mit denen man mal wieder Kontakt aufnehmen könnte? Für ein Treffen wird bestimmt später auch wieder Zeit sein. Irgendeine verrückte Bastelidee, die man immer im Kopf hatte, die aber viel zu viel Zeit kostet? Die Zeit haben wir jetzt. Das seit Jahren ungelesene (dicke) Buch, das nie den Weg in den Urlaubskoffer fand oder die Umsetzung abgedrehter Kochideen kreativer Familienmitglieder, die auch mal schief gehen dürfen? Mit einem coolen Sportwagenpuzzle kann man auch männliche Familienmitglieder begeistern, und glauben Sie mir – 5.000 Teile brauchen wirklich Zeit. Ein Glas Wein zu zweit, wo vorher immer „Business bis in die Nacht“ angesagt war, oder gemeinsam eine „blöde“ Streaming-Serie schauen, die bei den Kids einen Hype ausgelöst hat und eigentlich wirklich echt spannend ist …

Es gibt doch so viele Dinge, die wir immer tun wollten, für die wir aber nie Zeit hatten. Jetzt ist die Zeit dafür, vorausgesetzt, man muss dafür nicht vor die Tür.

In diesem Sinne wünsche ich allen Bürgern frohe Ostern, hoffe auf ein bisschen mehr Gelassenheit und den Mut, diese Situation anzunehmen!

Die Tage werden wieder andere werden und wir sollten uns darauf freuen! Genießen wir die Sonne und freuen wir uns an der Natur, wenn auch mit Einschränkungen. Vielleicht sollten wir auch versuchen, uns auf die Dinge zu besinnen, die wir heute einfach nicht mehr hoch genug zu schätzen wissen – Gesundheit zum Beispiel.



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