Main-Taunus (MS) – Die Beratungsstelle der Arbeitsgemeinschaft gegen Suchtgefahren (AgS) in der Pfingstbrunnenstraße in Schwalbach steht vor dem Aus. Weil der Main-Taunus-Kreis die Einrichtung, die auch für die Suchtberatung von Betroffenen aus Bad Soden zuständig ist, langfristig nicht mehr finanzieren will, ist am 30. Juni Schluss. Dabei ist der Bedarf für eine solche Beratungsstelle im östlichen Main-Taunus-Kreis durchaus gegeben. Betreuten die vier Beraterinnen im Jahr 2023 noch 183 Süchtige aus Schwalbach und Bad Soden, waren es im vergangenen Jahr schon 268. Die Mitarbeiterinnen befürchten nun, dass ihre Klienten ab Juli ganz ohne Betreuung dastehen werden.
Hintergrund der Schließung ist ein Streit ums Geld. Der Main-Taunus-Kreis wirft dem kleinen Verein vor, den Mitarbeiterinnen höhere Gehälter zu zahlen, als vereinbart war. Nach Angaben von Kreissprecher Dr. Johannes Latsch hätte das sogar eine fristlose Kündigung gerechtfertigt. Fachlich habe der Kreis an der Arbeit der AgS aber nichts auszusetzen, betont er. Man habe sich geeinigt, das Vertragsverhältnis zum Ende des Jahres „in gegenseitigem Einvernehmen“ zu beenden.
Nun ist aber schon ein halbes Jahr früher Schluss, denn die meisten Mitarbeiterinnen haben sich wegen der angekündigten Schließung neue Stellen gesucht, so dass die AgS die Beratungsstelle schon ab Juli nicht mehr betreiben kann.
Die Vorwürfe des Main-Taunus-Kreises weist die AgS zurück. „Dem Kreis ist kein finanzieller Schaden entstanden“, sagt Vorsitzender Horst Wassum. „Wir haben dem Kreis die Zusage gemacht, das zuviel gezahlte Geld zurückzuzahlen.“ Dass die Mitarbeiterinnen zum Teil ein um eine Stufe höheres Gehalt als vereinbart bekommen, sei richtig. Das sei aber nur der Tatsache geschuldet, dass qualifiziertes Beratungspersonal zu den festgeschriebenen Konditionen nicht zu bekommen ist. Host Wassum hat das Gefühl, dass die Diskussion um die Gehälter nur ein vorgeschobener Grund ist, um die Zusammenarbeit zu beenden. Denn schließlich sei die Gehaltsstruktur dem Kreis schon länger bekannt und sei auch nie beanstandet worden.
Der langjährige Vorsitzende des Trägervereins bedauert die Schließung der Schwalbacher Einrichtung, die sich auch um Klienten aus Bad Soden kümmert. Zwei Jahre lang hatte er eine Übernahme der kleinen Hilfsorganisation durch die Paritätische Projekte gGmbH des Paritätischen Wohlfahrtsverbands vorbereitet, um die Zukunft der Beratungsstelle zu sichern. Der Entschluss des Kreises, nicht länger mit der AgS zusammenarbeiten zu wollen, hat das nun zunichte gemacht.
Die vier Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle sind nach einer Mitteilung der AgS „fassungslos“. Ihre Sorge gilt den Betroffenen – Menschen mit gravierenden Alkohol- oder Drogenproblemen, die ihrer Meinung nach auf die Hilfestellungen der Beratungsstelle angewiesen sind. Durch die Betreuung werde in vielen Fälle eine Eskalation der Sucht verhindert, die vor allem für die Familien der Süchtigen dramatische Konsequenzen habe und hohe Folgekosten nach sich ziehe.
Kreissprecher Johannes Latsch behauptet zwar, dass der Kreis dafür Sorge tragen werde, dass weiterhin ein qualifiziertes Suchtberatungsangebot vorgehalten wird. Wie das konkret aussehen soll, weiß aber im Moment offenbar niemand. Die AgS berichtet, dass das – ebenfalls beim Main-Taunus-Kreis angesiedelte – Gesundheitsamt vor kurzem angefragt habe, an wen man die Betroffenen denn nun weitervermitteln solle.
Vor dem Hintergrund, dass die Fallzahlen gerade in Schwalbach und Bad Soden in den vergangenen Jahren stark angestiegen sind, hält die AgS ihr eigenes Ende für hoch problematisch. In einer Mitteilung schreibt der Verein: „Gerade jetzt benötigen Menschen schnelle, wohnortnahe Beratungshilfe, um nicht zu verzweifeln und die persönliche Zukunft zu sichern. Die Folgen der anstehenden Schließung der Suchtberatungsstelle werden die Ratsuchenden unmittelbar spüren.“