Bad Soden (nd) - Das Wort Museum hat seinen Ursprung im altgriechischen Wort „mouseîon“ und bedeutet „Heiligtum der Musen“. Auch heute haben Museen eine wichtige kulturelle Bedeutung – sie sind Orte, an denen Geschichte erlebt werden kann, Orte des Lernens, oft aber auch Orte, die eine Mahnung mit sich bringen, Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen. Am 18. Mai wurde weltweit der Internationale Museumstag begangen. Dieser wurde 1977 vom International Council of Museums (ICOM) ins Leben gerufen. Er soll die gesellschaftliche Rolle von Museen in den Fokus bringen. Zahlreiche deutsche Museen nahmen am Aktionstag teil, so auch das Bad Sodener Stadtmuseum im Badehaus im Alten Kurpark. Benjamin Felmy, Mitarbeiter des Stadtarchivs, führte die Besucher durch die Räume des Museums und teilte sein umfangreiches Wissen.
Das weiße Gold Bad Sodens
Zu Beginn beschrieb Felmy die Salzgewinnung in Bad Soden, denn die Salzquellen des Kurortes sind untrennbar mit dessen Geschichte verbunden. Schon seit Jahrhunderten hatte man versucht, hier Salz zu gewinnen - oft allerdings nur mit mäßigem Erfolg. Zwar schmeckt das Wasser aus den Quellen sehr salzig, trotzdem ist der Salzgehalt nicht besonders hoch. Ab einem Salzgehalt von rund 14 Gramm Salz pro Liter Wasser wird von Sole gesprochen. In Bad Soden liegt der Salzgehalt bei circa einem Gramm Salz pro Liter Wasser. Der niedrige Gehalt des damals so wertvollen Minerals machte dessen Gewinnung zunächst unrentabel. Für die Verdampfung des Wassers wurde viel Brennholz benötigt - ein zu hoher Kostenfaktor. Im Jahr 1605 konnte dieses Problem gelöst werden. Die Brüder Christoph, Kaspar und Hans Geiß aus Kassel brachten eine neue Technik mit nach Bad Soden - die Gradiertechnik. Ein Gradierwerk bestand aus langen Holzwänden, die zunächst mit Stroh und ab 1750 mit Schwarzdornreisig verfüllt waren. Mithilfe von Pumpen, die mit Wasserkraft betrieben wurden, pumpte man die Sole nach oben, um sie über den Reisig rieseln zu lassen. Diese Methode ließ das Wasser schneller verdunsten und durch die Wiederholung des Prozesses erhöhte sich der Salzgehalt der Flüssigkeit Grad um Grad. Die Flüssigkeit wurde nun in die sogenannten Sudpfannen geleitet. In diesen Pfannen wurde die „Sulze“, also das salzhaltige Wasser, „gesotten“, sprich eingestampft - übrig blieb das weiße Gold.
Reichtum für Wenige
Die Gebrüder Geiß unterhielten die Saline gemeinsam mit dem Frankfurter Tuchhändler Jean du Fay. Im Jahr 1617 verkauften die Brüder ihren Anteil an den Geschäftspartner. Von dem Erlös ließen diese die „Rote Mühle“ bauen, die allerdings bald darauf im Dreißigjährigen Krieg geplündert und niedergebrannt wurde. Sie wurde später zwar wieder aufgebaut, doch die Gebrüder Geiß standen am Ende vor dem Nichts. Jean du Fay hingegen verstarb ein Jahr, nachdem er die Saline komplett erworben hatte. Seine Tochter Maria du Fay erbte die Saline. Diese war mit dem Seidenhändler Abraham de Malapert verheiratet. Die Familie verkaufte fortan das Bad Sodener Salz in Frankfurt am Main. Weniger glücklich waren jedoch die Bauern in Bad Soden. Rohre zerschnitten die Felder und die Landwirte konnten diese nicht mehr problemlos queren. Zusätzlich wurden zwei Bäche gestaut, um die Wasserpumpen betreiben zu können – so fehlte den Bauern nun auch noch das Süßwasser zur Bewässerung der Äcker. Als „Entschädigung“ erhielten sie den Gegenwert einer Kuh pro Jahr – wohlgemerkt nicht pro Bauer, sondern alle zusammen. Für die Familie Malapert liefen die Geschäfte hingegen gut und so konnte Malapert ein repräsentatives Wohn- und Kontorgebäude in Frankfurt erwerben. Über viele Jahre hielten die Sodener Salinen das Salzmonopol in Frankfurt am Main. Erst im Jahr 1812 wurde der Salinenbetrieb in Bad Soden eingestellt. Die Absatzmärkte waren Stück für Stück weggefallen. Ab 1810 wurde für den Zeitraum von drei Jahren Karl Theodor von Dalberg Großherzog von Frankfurt. Dieser beanspruchte das Salzmonopol für sich, besaß er doch selbst Salinen in Bad Orb. Das gleiche Problem ergab sich für die Familie Malapert im Herzogtum Nassau – dort beanspruchte Napoleon das Salzmonopol. Erfolglos versuchten die Salinenbetreiber, diese zu verkaufen. In den folgenden Jahren wurden das Gradierwerk und die Salinen endgültig abgerissen. In Bad Soden erinnert nur noch die „Salinenstraße“ an das einstige technische Wunderwerk. Ein Holzbalken wurde beim Bau der City-Arkaden in den 1980er Jahren gefunden. Wahrscheinlich ist er ein Überrest der Anlage – er ist im Stadtmuseum ausgestellt. Weitere Spuren hinterließ das Salzgewinnungswerk nicht. „Das ist natürlich traurig für die Ortsgeschichte“, so Benjamin Felmy. Auch in Frankfurt erinnert heute nur noch der Name der Straße „Am Salzhaus“ an den einstigen Reichtum der Familie Malapert und die Sodener Salinen, denn das Wohn- und Kontorgebäude wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Den Lageplan der Salinen in Bad Soden, die damals außerorts lagen, kann man im Bad Sodener Stadtmuseum betrachten.
Florierender Kurbetrieb
„Erst nach der Schließung der Salinen konnte sich der Kurort richtig entwickeln“, erklärte Fermy. Dieser begann eigentlich schon im Jahr 1701. Eine Heilquelle, die im Dreißigjährigen Krieg abgedeckt wurde, um zu verhindern, dass sich Soldaten vor Ort wohlfühlten, wurde wiederentdeckt - der Gesund- oder Milchbrunnen (Quelle 1). Der Frankfurter Arzt Johann Bernhard Gladbach erwähnte die Quelle in einer seiner Publikationen. Das traf den damaligen Zeitgeist. Soden wurde bekannter und weckte das Interesse der Frankfurter Bürgerschaft, die den Kurort fortan für die „Sommerfrische“ nutzten. Das erste Kurhaus entstand - damals als „Frankfurter Hof“ bekannt. Das Gebäude existiert noch heute, allerdings in stark veränderter Form - den Einwohnern Bad Sodens ist es heute als „Hundertwasserhaus“ bekannt. Dort, wo einst das Gradierwerk stand, wurde ab dem Jahr 1818 der Alte Kurpark und die Königsteiner Straße gebaut. „Diese bot viel Platz für die Kurvillen und Pensionen“, so Fermy. Da Bad Soden zum Herzogtum Nassau gehörte, unterstützte dieses die Entstehung des Kurortes. Auch der ehemalige Salinenbesitzer nutzte die günstige Gelegenheit und ließ sich hier seine Sommerfrische erbauen. Der Anschluss an das Eisenbahnnetz im Jahr 1839 und die Eröffnung des Bahnhofs in Bad Soden im Jahr 1847 förderten den Kurbetrieb noch weiter. Im Laufe der Jahre kamen viele Berühmtheiten als Kurgäste in den Ort am Taunus. Felix Mendelssohn Bartholdy, Peter Tschaikowsky und der Autor des „Struwwelpeters“, Heinrich Hoffmann waren nur einige davon. Wieder andere, wie Otto von Bismarck und Leo Tolstoi, besuchten Verwandte, die in Bad Soden zur Kur waren. Der Komponist Richard Wagner war zwar auch nicht als Kurgast gekommen, hoffte aber erfolglos seine Scheidung vorantreiben zu können, da seine Frau Minna in Soden kurte. Herzogin Pauline von Nassau gefiel es hier so gut, dass sie sich einen eigenen Landsitz errichten ließ - das Paulinenschlösschen, in dem sich heute das Bürgerbüro befindet. Im Jahr 2001, also genau 300 Jahre nach dessen Beginn, wurde der Kurbetrieb schließlich eingestellt. Das Kurwesen war unrentabel geworden und die Kur GmbH wurde aufgelöst. „Ort mit Heilquellenkurbetrieb ist heute der Titel der Stadt Bad Soden“, legte Fermy dar. Zu den Qualifikationen des Titels gehören kurgerechte Parkanlagen und der Zugang zu Heilquellen, von denen Bad Soden elf Stück aufweisen kann.
Ein stolzes Wappen
Zu guter Letzt erklärte Benjamin Felmy die Bedeutung des Bad Sodener Stadtwappens. Im Jahr 1191 wurde Soden in einem Schutzbrief erstmalig schriftlich erwähnt. Eine Kopie des Schutzbriefes findet man im Stadtmuseum.
Viele Dörfer in der Gegend entstanden wahrscheinlich durch den Sulzbacher Fronhof. Von dort aus siedelten freie Bauern in das Umland - Soden, Neuenhain, Altenhain und Schneidhain entstanden. Die freien Bauern hatten einige Privilegien - beispielsweise ein eigenes freies Gericht und niedrigere Steuersätze.
Bis zum Zerfall des deutschen Kaiserreiches im Jahr 1803 behielt Bad Soden den Titel „Reichsdorf“, indem die Bewohner sich ihre Privilegien stets neu vom jeweiligen Herrscher bestätigen ließen. Zu dieser Zeit waren von ursprünglich rund 300 Reichsdörfern nur noch vier übrig – darunter Bad Soden und Sulzbach. „Die Sodener fühlten sich nur dem König oder Kaiser untertan – deshalb ziert der Reichsapfel seit Jahrhunderten das Wappen von Bad Soden“, schloss Fermy.
Wer mehr über die wechselhafte Geschichte Bad Sodens erfahren möchte, kann mittwochs, samstags und sonntags von 15 bis 18 Uhr das Stadtmuseum im Badehaus besuchen. Der Eintritt ist frei.
Dieses Modell zeigt das neue Gradierwerk, das dort erbaut wurde, wo sich heute der Sodener Bahnhof befindet.