Stadtbücherei: Ausleihrekord und die „Bibliothek der Dinge“

Für jeden etwas dabei: Der Raum im Obergeschoss der Stadtbücherei – hier steht im Vorraum auch der 3D-Drucker. Foto: Stadt Bad Soden

Bad Soden (bs/Sc) – Die Jahresstatistik 2024 der Bad Sodener Stadtbücherei kann sich mehr als sehen lassen. Erstmals wurde bei der Zahl der Gesamtausleihen die 100.000er-Marke durchbrochen. Mit insgesamt 102.012 ausgeliehenen Medien – inklusive der digitalen – stieg die Zahl im Vergleich zum Vorjahr um 8 Prozent.

Deutlich sind die Zuwächse im Bereich der Printmedien, besonders bei der Kinderliteratur mit plus 17,5 Prozent. „Für die Heranwachsenden und ihre Entwicklung ist der Umgang mit Büchern besonders wichtig“, erläutert der Leiter der Stadtbücherei, Chris Becker, „deswegen werden wir den Bestand, der sich an Kinder und Jugendliche richtet, weiter ausbauen.“ 

Wie groß die Bedeutung der Stadtbücherei im Kulturzentrum Badehaus ist, zeigt auch die Zahl ihrer Besucher – sie stieg auf fast 40.000 und verzeichnete damit einen Anstieg um 18 Prozent. Ein Grund dafür sind die durchweg gut angenommenen Angebote für alle Altersgruppen – von den Lesestunden, den „fremdsprachigen“ Literaturzirkeln bis zu den Spielenachmittagen. Die Bücherei konnte ihr Angebot an Veranstaltungen im Vergleich zum Vorjahr verdoppeln und die Teilnehmerzahlen verdreifachen. 

Spitzentitel 2024 

Spannend ist alljährlich der Blick auf die Topplatzierungen des Vorjahrs: Welche Medien in welchen Sparten wurden am meisten nachgefragt und waren die Spitzenreiter? Bei der Belletristik – zum Beispiele Romane und Erzählungen – liegt klar Lokalmatadorin Nele Neuhaus mit ihrem aktuellen Titel „Monster“ ganz vorn. Das beliebteste Hörbuch im vergangenen Jahr waren „Die drei ???“ mit „Surfstrand in Gefahr“. Platz 1 bei den Kinderbüchern belegte „Gregs Tagebuch 4“ von Jeff Kinney, bei den Sachbüchern „Altern“ von Elke Heidenreich und bei den „Tonie“-Figuren „Elmos Mitmachmusik“ aus der Sesamstraße. 

Neue Angebote – Neues erleben

Auf der langen Liste der Stadtbüchereipläne für das noch junge Jahr 2025 stehen unter anderem die Anschaffung von Brettspielen und die attraktivere Gestaltung der Räume im ersten Obergeschoss. Auch für die Stadtteilbücherei in Neuenhain in der Hauptstraße 45 hat sich das Büchereiteam einiges vorgenommen. Die Stadtteilbücherei soll besonders gefördert werden durch die Anschaffung neuer Möbel und stärkere Unterstützung aus der Hauptstelle im Badehaus.

Dass die Bad Sodener Stadtbücherei so erfolgreich in ihren Bemühungen ist, die Bürgerinnen und Bürger – ganz klassisch – für das gedruckte Wort zu begeistern, Kindern das Lesen näherzubringen und mit einem breit aufgestellten Angebot ganz unterschiedliche Bedürfnisse anzusprechen, liegt im Wesentlichen an dem Wandel der „klassischen“ Bücherei zu mehr Digitalität und moderneren Medien. Auch deshalb erfreuen sich z.B. die Tonies größter Beliebtheit, denn eigentlich verbergen sich hinter den bunten Figuren auch „nur“ Vorlesegeschichten, die von Kindern mehr als heiß geliebt werden. Auf diesem Weg erfährt das „Vorlesen“ erfreulicherweise eine moderne Renaissance – ohne Vorlese-Oma, dafür mit kinderleichter digitaler Unterstützung.

Bibliothek der Dinge

Bereits an diesem Beispiel zeigt sich, dass die digitale Welt auch in der Bibliothek Einzug gehalten hat. Die neueste Errungenschaft steht in Gestalt eines 3D-Druckers im Flur des 1. OG und wartet – nach diversen erfolgreichen Testläufen – auf ihren Einsatz in Kürze. Was aber hat ein 3D-Drucker mit einer Bibliothek zu tun, mag sich manch begeisterter Leser fragen. Eigentlich nicht viel, wenn da nicht eine sehr zukunftsgewandte Neuinterpretation dessen, was eine Bibliothek zu leisten vermag, im Hintergrund stünde. Chris Becker, Leiter der Stadtbibliothek, beschreibt den interessanten Ansatz folgendermaßen: „Bibliotheken sind heute nicht mehr nur Leihbüchereien, sondern offene Orte der Begegnung und bieten den Nutzerinnen und Nutzern eine Form der (technischen) Teilhabe, die ihnen die Nutzung von Dingen (u.a. 3D-Drucker) erlaubt, was sonst für den Einzelnen nur schwer möglich wäre.” Dieser modernen Interpretation folgend hat die Bibliothek nicht nur in den 3D-Drucker, sondern auch in Programmierroboter für Kinder im Alter von 3 bis 6 Jahren und in einen programmierbaren Schneideplotter zum Basteln investiert.

3D-Drucker

Ein würfelförmiges Gehäuse steht im 1.Obergeschoss der Bibliothek – mit jeweils fast einem halben Meter Seitenlänge beinhaltet er den eigentlichen Drucker, mit dem sich dreidimensionale Gegenstände erschaffen lassen. Für jeden gedruckten Körper wird eine entsprechende Dateivorlage benötigt, die mittels „Slicing”-Software in eine Druckdatei übersetzt wird. Einmal programmiert, kann für den Druck u.a. die Druckgeschwindigkeit eingestellt werden, von der auch die Druck-genauigkeit abhängig ist. Einfach gesagt gilt: je höher die Druckgeschwindigkeit, desto „ungenauer” und leichter der Druck. Je nach Modell kann der Druck zwischen 30 Minuten (Lesezeichen) bis zu mehreren Stunden für komplexere Strukturen betragen, denn je komplexer die Form, desto mehr „Stützstrukturen” werden generiert und gedruckt, da der Drucker nicht „in der Luft” drucken kann, sondern ein individuell kreiertes „Stützgerüst” mitdruckt.

Das Material, aus dem die Gegenstände gedruckt werden, ist ein holzgefülltes Filament aus nachhaltiger Quelle und biologisch abbaubar. Es handelt sich also nicht einfach um „Plastik”, was auch der Geruchsentwicklung beim Druck zugutekommt. Durch die Vollverglasung des Würfels gibt es die Möglichkeit, dem Drucker beim Druck „zuzuschauen”, und es ist nicht nur ein entspannendes Beobachten, sondern auch ein schönes Gefühl, wenn in dem Drucker Schicht für Schicht eine Figur entsteht, die der Besucher letztendlich selbst erschaffen hat. Am Ende müssen noch die Stützstrukturen „abgeknibbelt” werden, was durchaus Geduld und Fingerspitzengefühl erfordert.

Entsprechende Workshops sind ab März eingeplant und werden rechtzeitig bekannt gegeben.

Programmierroboter

Einen weiteren Schritt in Richtung ‚Digitale Welt‘ geht die Bibliothek mit der Anschaffung von sechzehn Programmierrobotern, die für Kinder in der Altersklasse von drei bis acht Jahren vorgesehen sind. „Die Programmierroboter gibt es sowohl zur Ausleihe für Kitas und Grundschulen als auch zur Ausleihe hier in der Bibliothek”, erläutert Chris Becker das Konzept. Acht Roboter sind bereits im Einsatz, weitere stehen in den Startlöchern. Dass die kleinen Roboter, die die Form von Autos oder kleinen Bienen haben, sehr beliebt sind, zeigt die Tatsache, dass alle verfügbaren fast ständig ausgeliehen sind. Das Augenmerk liegt hier auf der Digitalpädagogik, denn die Kinder lernen spielerisch, die kleinen Roboter zu programmieren – die Bienchen sind über Rückentasten bedienbar, die Programmierung der Autos erfolgt über Farbflächen und ist etwas anspruchsvoller.

Programmierbarer Schneideplotter

Die neueste Errungenschaft für die „Bibliothek der Dinge” ist ein Schneideplotter. Hier können Kunden Muster einscannen und anschließend aus verschiedenen Materialien ausschneiden. Die Materialvielfalt ist groß und es bleibt viel Raum sowohl für Künstlerisches wie auch für Praktisches: Türschilder, Faltfiguren, Schriftzüge zum Aufbügeln auf Stoffe und T-Shirts, Origami – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Es können auch eigene Modelle gescannt und bearbeitet werden. Und damit bei der Anwendung nichts schief geht, wird es auch hierfür in Kürze entsprechende Workshops geben.

Auch über die bereits jetzt erlebbaren Neuerungen in der „Bibliothek der Dinge” hinaus denkt Chris Becker über weitere Angebote nach, um den Bürgerinnen und Bürgern Bad Sodens die Möglichkeit zu geben, Neues zu erleben, indem er „barrierefreie” Angebote schafft. Einfach mal mitmachen und ausprobieren, ist oft der beste Weg, Neues zu entdecken. Die Bibliothek sorgt mit ihrem breit aufgestellten und interessanten Angebot dafür, dass den Bürgerinnen und Bürgern – ob Jung oder Alt − auch in Zukunft nicht langweilig werden wird.

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