Eisenbahnfreunde tüfteln an neuer Altstadt

Ein Blick in die Eisenbahnlandschaft zeigt die Liebe zum Detail und Genauigkeit, mit der die Eisenbahnfreunde ihre Modelle mit viel Freude und Geduld bauen. Foto: Eisenbahnfreunde

Von Tatjana Lenz

Eschborn. Eine große Eisenbahnwelt ist mit viel Liebe zum Detail im Vereinsheim aufgebaut. „Der Modellbahnmarkt in der Stadthalle ist jedoch abgesagt.“ Dem Vorsitzenden der Eisenbahnfreunde, Michael Sauer, ist die Enttäuschung anzumerken. Aber auch ein kleines bisschen Erleichterung, denn einfach wäre die Organisation des Marktes, der für Sonntag, 23. Januar, geplant war, nicht gewesen. „Wir bekommen in der Regel mehr als 250 Besucher in die Stadthalle“, sagte er im Gespräch mit dieser Zeitung. Das wiederum hätte ein umfangreiches Hygienekonzept bedeutet, Einlasskontrollen, Dokumentation und vieles mehr. Für einen kleinen Verein sehr viel Arbeit, die zunächst noch nicht einmal etwas mit dem eigentlichen Markt zu tun gehabt hätte. Für die Vereinsmitglieder gehe die Sicherheit vor. Auch wenn das bedeutet, dass sie – wieder einmal – auf eine Möglichkeit zur Außenpräsentation verzichten müssen.

Und das geht nun schon seit vielen Monaten so, denn auch die große Anlage, die die Eisenbahnfreunde im Vereinsheim aufgebaut haben, ist derzeit für die Besucher nicht zugänglich. „Da können wir aufgrund der Hygieneverordnung leider derzeit niemanden hineinlassen“, bedauert Sauer. Dabei gab es schon so manchen schönen Tag der offenen Tür, zu dem die Besucher fasziniert durch die Eisenbahnwelt wandelten.

Das Motto der Modellbahnbauer ist „die Liebe zum Detail“, wie der Vorsitzende betont. Und das nehmen sie auch wörtlich. Häuser, Bahnhof, Menschen, Autos und Landschaft sind den 50er-Jahren nachempfunden. Und da nehmen sie es mit den Details sehr genau. So rauscht ein langer Güterzug mit jeder Menge Opel-Fahrzeugen über die Schienen. „Dazu haben wir uns bei Opel die alten Baupläne und Farbmischungen geben lassen“, schwärmt Sauer. Jedes Detail der Fahrzeuge haben die Modellbauer nachempfunden. Diese Akribie gilt auch für das neueste Projekt. Eine neue Trasse soll auf der Anlage entstehen. Selbstverständlich würden sich die Eisenbahnfreunde nicht damit zufrieden geben, einfach nur ein paar Schienen auf die Bretter zu schrauben und einen grünen Teppich auszurollen. „Wir bauen an einer neuen Altstadt“, verrät Sauer.

Freudenhaus in der Altstadt

Und diese bekommt neben einem Kunsthaus auch ein Freudenhaus im Hafen. Nun ist es für Sauer nicht damit getan, einfach ein Haus zu bauen und ein Schild an das Etablissement zu hängen oder eine rote Laterne zu befestigen. Vielmehr hat er dafür Kontakt in die Frankfurter Szene gesucht, den Chef eines solchen Hauses um eine Zimmerbesichtigung gebeten, selbstverständlich ohne Freier und Frau, um dann Bilder der Einrichtung zu machen. Diese dienen nun als Vorlage für das neue Haus, an dem er arbeitet. Und ja, wie an so vielen Stellen auf der Anlage, kommt auch in dem neuen Etablissement die Technik zum Einsatz. In welcher Form, bleibt derzeit noch der Fantasie überlassen.

Doch auch die anderen Mitglieder des Vereins sind nicht untätig. Das neue Künstlerhaus ist nämlich ebenfalls einem echten Haus nachempfunden. Mittels Airbrush-Technik altern Dach und Mauerwerk künstlich nach, erhalten Figuren Gesichter, Schilder Schriften und der Maler des Künstlerhauses eine Leinwand, auf der eine Eva malt. Ein Teil des Daches soll geöffnet bleiben und so den Besuchern einen Einblick in das Haus geben. Ganz klar, dass die Wände Tapeten brauchen und die Räume Mobiliar. Auch das bauen die Mitglieder detailgetreu nach. Momentan beschäftigt sich Sauer mit dem Nachbau und der Gestaltung eines Briefkastens. Auch bei solchen vermeintlichen Banalitäten wollen die Eisenbahnfreunde nicht auf das Original, was Farbe, Maßstab und Aussehen angeht, verzichten.

Putzen mit Feingefühl

„Das Bauen übernimmt derzeit jeder für sich zu Hause“, erklärt Sauer. Die regelmäßigen Treffen sind im Wesentlichen auf maximal zehn Personen beschränkt. „Wir haben auch versucht, uns online zu treffen, aber das hat einfach nicht den gleichen Effekt.“ Die Treffen laufen über eine vorherige Anmeldung, sowohl bei den Erwachsenen als auch bei den Jugendlichen. In einem noch kleineren Kreis kommen die Männer außerhalb der großen Runde zusammen, um zu putzen. Ja, sie können das und sogar mit ganz viel Liebe und Feingefühl. Mit einem Pinsel, um ganz genau zu sein, „denn nur so kommt man wirklich auch in jede Ecke und Ritze“, verdeutlicht der Vorsitzende. Eine Art Ministaubsauger fängt ein, was sich über die Luft auf den Schienen, Figuren, Häusern und Hügeln angesammelt hat. Sehr gründlich gehen die Männer dabei vor, schließlich soll nichts dem Staub überlassen oder zerstört werden, was in unzähligen Stunden penibel geschaffen wurde.

Dieses einem interessierten Publikum vorzustellen, „darauf hoffen wir ehrlich gesagt noch in diesem Jahr“, sagt Michael Sauer mit Blick auf den Veranstaltungskalender. Dass sich im Mai die Ausstellung im Rahmen des Eschenfestes organisieren lasse, das glaubt er nicht. Nicht einmal, dass aufgrund der derzeitigen Situation das Fest überhaupt über die Bühne geht. Bliebe also noch der Herbst für eine Ausstellung. Und bis dahin könnte das eine oder andere neue Modell fertig sein.

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