Obstbaumblüte – Nachtfröste sind noch nicht vorbei

In diesem Jahr findet die Obstbaumblüte etwa zwei Wochen später statt. Foto: Reinhard Birkert

Eschborn (ew). Durch den sehr kalten April findet die Obstbaumblüte gut zwei Wochen später als 2020 statt – dies kann sich nach Lage und Obstsorte auch um einige Tage verschieben. Der Obst- und Gartenbauverein Niederhöchstadt ist seit fast 30 Jahren aktiv und setzt sich für die Natur ein.

„Die Zitterpartie“, so Ehrenvorsitzender Reinhard Birkert, „ob noch Frostschäden auftreten, ist abzuwarten. Wir müssen immer die „Eisheiligen“ hinter uns bringen, die am Patronatstag der Heiligen Sophia am 15. Mai zu Ende gehen. Erst dann kann man verlässliche Aussagen treffen, welche Blüten tatsächlich zu einem Fruchtansatz führten. Wenn 30 bis 50 Prozent der Blüten Frostschäden haben, hat das noch keine großen Auswirkungen auf den Ertrag. Ein blühender Baum produziert mehr Blüten, als für einen Vollertrag notwendig ist. Auch wenn fast alle Blüten einen Fruchtansatz haben, wird der Baum von sich aus nur einen Teil behalten. Im Juni („Junifall“) entscheidet der Obstbaum, wieviel Früchte er ernähren kann. Oder man lässt als Obstbauer am Obstbaum nur eine bestimmte Anzahl an Blüten zu („ausdünnen“).“

Durch die späte Blüte gibt es bisher kaum Frostschäden an den heimischen Obstbäumen. Die Herbstbirne „Alexander Lucas“ begann etwa am 11. April zu blühen. Auf den Höhen oberhalb des Westerbachtals gab es keine Frostprobleme. Die Birnen zeigen schon einen schönen Fruchtansatz. Im Gegensatz zum Landkreis Darmstadt-Dieburg, so ein aktueller Lagebericht über den Obstbau in Hessen – dort hat die Birnensorte „Alexander Lucas“ einen Ausfall von 100 Prozent, andere Birnensorten bis zu 50 Prozent Schäden.

„Unsere Höhenlage mit etwa 140 Metern, der Schutz des Altkönigs und die inzwischen wieder vorhandenen zahlreichen Obstanlagen mit einem spezifischen Mikroklima helfen uns, Spätfröste abzumildern. Wir haben schon ein besonderes Klima am Südhang des Altkönigs und zwischen Main und Nidda. Die Birnensorten ‚Gute Luise‘, ‚Williams Christ‘, ‚Clapps Liebling‘ stehen gut da“, erklärt Reinhard Birkert.

Ab etwa 26. April begann die Apfelblüte mit Jonagold, Boskoop und weiteren Sorten.

Wer durch die Feldgemarkung geht, sieht die Bäume in voller Blüte. „Wichtig ist jetzt, dass es warm bleibt, damit die Bienen fliegen. Für die Imker ist es bis jetzt ein sehr schwieriges Jahr, bei der Kälte ist keine Biene geflogen, und es gab keine Honigproduktion“, erläutert das Vorstandsmitglied.

Außer der langen Kälteperiode hat auch die Trockenheit die Wachstumsbedingungen extrem ausgebremst. Sollte die Trockenheit weiter anhalten, wird ein überdurchschnittlicher Fruchtfall erwartet.

„Zum Glück hatten wir in der letzten und vorletzten Woche einige üppige Regenfälle, die sich sofort im Obstbau, auf den Wiesen und in den Getreidefeldern positiv ausgewirkt haben. Es gab einen kräftigen Wachstumsschub. Die Blüte bei den Mirabellen, Frühzwetschgen und frühen Süßkirschen ist fast vorbei“, bilanziert Birkert optimistisch.

Zum Thema Insekten: „Letzte Woche habe ich das Leben in unseren Kirschbäumen beobachtet. Es wimmelte nur so von Bienen und Hummeln. Man hörte überall ein massives Summen“, so Birkert. Er setzt hinzu: „Wir haben im Obstbauviertel in Niederhöchstadt sehr viele Insekten. Das ist aber kein Zufall. Nicht seit fünf Jahren (Diskussion Klimawandel, Insektennotstand), sondern seit fast 30 Jahren bemühen wir uns als Obst- und Gartenbauverein unsere Kulturlandschaft und die dazugehörige Fauna und Flora zu schützen und zu fördern. Auf einer Streuobstwiese leben bis zu 5000 Insekten – auf und unter der Wiese. Wir verzichten auf Dünger, fördern die Vielfalt der Pflanzen, pflanzen alte Obstsorten, um die Genetik auch für kommende Generationen zu erhalten. Gemeinsam mit der Jägerschaft haben wir ein bestimmtes Mähkonzept. Ein Teil der Obstwiesen wird früh gemäht, weil die Vögel und Raubvögel Insekten und Mäuse für ihre Aufzucht brauchen. Diese Nahrung finden sie nicht im hohen Gras. Ein Teil der Obstwiesen wird erst spät gemäht: Schutz für Rehe, Feldhasen und Rebhühner, sowie die Förderung des Wachstums von Gräsern und Blumen.“

Außerdem haben Landwirte „Blühäcker“ angelegt, ein Segen für die Kulturlandschaft. Zudem kommen Aktivitäten der Stadt Eschborn, die Biotope ausgewiesen hat. All das, was jetzt in Niederhöchstadt als „Ökologisierung der Landschaft“ zu sehen ist, ist das Ergebnis vieler Gespräche, guter Zusammenarbeit, einer hohen Fachlichkeit und vieler fleißigen Hände. Deswegen gibt es auch keine Toleranz gegenüber Personen, die durch ihr „Ich-Verhalten“ diese Erfolge wieder zerstören.

Der Obst- und Gartenbauverein arbeitet daran seit fast 30 Jahren. „Weil wir ein Ziel haben und anpacken. All das machen wir ehrenamtlich und mit großem zeitlichen und auch finanziellen Einsatz“, ergänzt Birkert.



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