Gespräche mit Gleichgesinnten können aus der Sucht helfen

fsh-Vorsitzender Peter Bittermann betont: „Zu den Gruppentreffen sind alle Betroffenen und Angehörigen willkommen.“Foto: fch

Friedrichsdorf (fch). Gute Vorsätze haben gerade Hochkonjunktur. Damit es nicht bei den Vorsätzen bleibt, müssen Taten folgen. Für Vieles gibt es professionelle ärztliche und psychologische Hilfe. Zusätzlich bietet der gemeinnützige Verein „FreiwilligeSuchtkrankenHilfe“ (fsh) in Friedrichsdorf in Gesprächskreisen „Hilfe zur Selbsthilfe“ für Alkohol- und Medikamentenabhängige sowie sonstige stoffgebundene und ungebundene Suchterkrankungen an. Die Bandbreite an Suchterkrankungen ist groß. Die Abhängigkeit reicht von Alkohol, Medikamenten, Süßigkeiten und Drogen über Spiel- und Kaufsucht bis hin zu Polytoxikomanie, dem gleichzeitigen Konsum von verschiedenen psychotrop wirkenden Substanzen. Willkommen sind bei den Treffen in den Räumen des Seniorentreffs Betroffene und Angehörige. Bei den Betroffen sollte zuvor eine Entgiftung in der Vitos oder Hohemarkklinik erfolgt sein. Allerdings sei diese nicht Voraussetzung für die Teilnahme an den Gesprächskreisen. „Sucht hat viele Gesichter. Wer abhängig ist, steckt in einem Teufelskreis und benötigt Hilfe. Die Teilnahme an den Gesprächskreisen ist anonym, kostenfrei und unverbindlich“, informiert Vereinsvorsitzender Peter Bittermann. Jede Gruppe wird von zwei Vereinsmitgliedern geleitet, die selbst betroffen oder Angehörige Betroffener sind. Der Vorsitzende wie alle anderen Vereinsmitglieder, derzeit sind es 24 ehrenamtliche Suchtkrankenhelfer und drei in Ausbildung, sind für ihre Aufgabe bestens ausgebildet. Sie nehmen permanent an internen und externen Weiterbildungen teil. „Für unsere Supervision und Weiterbildung nehmen wir externe Fachdozenten in Anspruch“, ergänzen Ulrike Overmann und Katharina Straube. Bei den Treffen werden unabhängig von Konfessionen oder Politik interessante und unterstützende Gespräche geführt. Es gebe keinen Redezwang, das Gesagte bleibt im Raum. „Auf Augenhöhe werden Themen behandelt, die helfen, Belastendes, Suchtdruck, Trigger (Auslöser) und Ängste abzubauen. Das Ziel ist, ein gesundes Selbstwertgefühl zu erlangen und einen Weg zur zufriedenen Abstinenz zu finden. Schritt für Schritt helfen sich die Teilnehmer gegenseitig“, informieren die ehrenamtlichen Suchtkrankenhelfer. Das Motto lautet: „Nur du allein schaffst es – Aber du schaffst es nicht allein“. Nach der Begrüßung stellt sich jeder mit seinem Vornamen und seinem Problem vor Danach wird ein Thema besprochen wie „Was triggert mich?“ oder „Wie stehe ich Feiertage ohne rückfällig zu werden durch?“ Einsamkeit und auch Home Office können Süchte fördern. Angewendet wird bei den Gesprächen die pädagogisch-therapeutische Methode „Themenzentrierte Interaktion“ (TZI), die das ganzheitliche Lernen in Gruppen befördern soll. Der Leiter ist zugleich Teilnehmer, schlägt Arbeitsschritte vor und moderiert das Gespräch. Es findet bei den Gesprächen keine Kommentierung und keine Bewertung statt. Die Gruppenteilnehmer sind für die Betroffenen wichtig, denn sie haben selbst Erfahrungen mit und ohne Sucht gemacht. „Es gibt keinen Wettbewerb untereinander. Es wird in den Gruppen nicht unterschieden zwischen Leuten, die etwa gerade erst trocken sind oder bereits seit Jahren. Denn man hat es nie geschafft, diese Krankheit zu überwinden. Der körperliche Entzug dauert zehn bis zwölf Tage, der Kopfentzug ein Leben lang.“ Gedächtnis, Gewohnheiten, Überzeugungen, Persönlichkeit, Selbstwertgefühl wie auch alle körperlichen Erhaltungsfunktionen sind im Unterbewusstsein gespeichert. Das regelmäßige Reden helfe dabei, nichts zu verdrängen. Wer sich von seiner Angst, seiner Sucht, seiner Erfolglosigkeit, körperlichen oder seelischen gesundheitlichen Beeinträchtigungen befreien möchte, müsse Mut haben, sich zu öffnen, sich helfen zu lassen, um sich selbst zu helfen. Die Gruppe tauscht Tipps aus, „wenn die Luft dünner wird“ und die Betroffenen können in der Gruppe ihren Druck loslassen. Bei der Selbsthilfe geht es darum, ein Thema aktiv anzugehen und sich in einem Kreis von Betroffenen gegenseitig zu unterstützen. Die Praxis zeige, dass der Kontakt zu Gleichgesinnten eine gute Möglichkeit sei, mit der entsprechenden Lebenslage besser umzugehen. Die Gesprächskreisteilnehmer können von den Erzählungen anderer lernen und sich gegenseitig Mut machen, wodurch die Genesung unterstützt werde. „Häufig sind Betroffene die größten Experten auf ihrem jeweiligen Gebiet“, wissen die Suchtkrankenhelfer aus Erfahrung. In Friedrichsdorf finden jeden Mittwoch und Freitag von 19 bis 21 Uhr und jeden ersten sowie dritten Donnerstag im Monat von zehn bis 12 Uhr Gesprächskreise zur „Hilfe zur Selbsthilfe“ in den Räumen des Seniorentreffs, Friedrich-Ludwig-Jan Straße 29A, statt. Organisator der Gesprächskreise ist die Freiwillige Suchtkrankenhilfe Bad Homburg, die unter Telefon 0800-7824823 sowie im Internet unter www.f-s-h.de erreichbar ist.



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