Lebendiges Bild von Köppern im Wandel der Zeiten

Friedrichsdorf (fch). Mit 40 Besuchern hatten die Gastgeber vom Heimatverein Köppern gerechnet, gekommen waren über 80. Wodurch einige vom Foyer aus den Powerpoint-Vortrag „750 Jahre Köppern - mehr als Wilddiebshausen“ - Eine lange Ortsgeschichte im Zeitraffer“ von Dr. Erika Dittrich verfolgten. Die Leiterin des Friedrichsdorfer Stadtarchivs und der Museen nahm ihre Zuhörer mit auf eine spannende Zeitreise von der Steinzeit bis in die Nachkriegszeit. Diese begann mit Lesefunden in der Steinzeit und Hügelgräbern der Bronzezeit. Vermutlich ist die Siedlung Köppern viel älter, doch dafür gibt es bisher noch keine Belege.

Auf 95 Tafeln ließ Dittrich die Geschichte des Ortes am Beispiel von Funden, Kunstschätzen, Orten, Karten, Urkunden, Büchern, Berichten, Häusern wie Kirchen, Pfarr- und Ratshäusern, Natur und Bäumen wie der Gerichtslinde vor der Pilsstube „Zum Trunk“, Gewerbe wie Mühlen-, Töpfer- und Ziegeleiwesen, wechselnden Obrigkeits- und Pfarrzugehörigkeiten, Natur und Menschen lebendig werden. Schnell wurde klar, dass früher zwar vieles anders, aber nicht besser war.

Hexenverbrennung und Heidenjagd

Da wird etwa von zehn Hexenverbrennungen in den Jahren 1603, 1634 und 1654 berichtet. Im 30-jährigen Krieg seien 1639 die Schweden mit „1000 Reitern und 200 Fußsoldaten gekommen, erzählt Dittrich weiter: „Sie trieben ein solch barbarisch Wesen, dass bei diesem Aufzug die meiste Leuth fast ihres Lebens nicht konnten sicher seyn.“ 1645 wüteten die Franzosen von Mainz her, 1646 wieder die Schweden und dann die Kaiserlichen, dazu kam dann noch der Hessen-Krieg zwischen Hessen-Kassel und Darmstadt. „Die Kriegsleute handelten nicht wie ehrliche Soldaten, sondern ärger, als nie kein Feind gethan, ja wie die wüthenden Wölfe und Teufel“, steht es gschrieben. Die Bilanz: Nur acht männliche Einwohner bei 50 insgesamt überlebten.

1667 wütete die Pest. Wie viele Leben sie in Köppern forderte ist nicht bekannt. Eingeführt wurde das Pestläuten, das bis 1905 jeweils um zehn und 17 Uhr erklang. Besser war es für die einfachen Leute auch nicht 1681 wie Chronist Blaß berichtete. Da reiste der „Landgraf nach Schwalbach ins Bad“, um seiner Gesundheit etwas Gutes zu tun, die Reisegelder aber trugen die Gemeinden und wurden auf die Gemeindemitglieder umgelegt. „Das Jahr 1737 machte eine Heiden- oder Zigeunerjagd notwendig, die wie gewöhnlich mit einer vergnüglichen Trinkerei auf Gemeindekosten abschloss“, weiß Dittrich.

1687 gründeten Hugenotten Friedrichsdorf und die Köpperner erhielten neue Nachbarn. Ab 1747 ließ der Landgraf das Holzstehlen in der Seulberger Mark ahnden. An den Napoleonischen Kriegen nahmen neun Köpperner teil. Zu kämpfen hatten die einfachen Leute 1833 im Winter mit Hochwasser im Erlenbach, später dann mit Sturmschäden im Wald, 1835 wütete die Ruhr, 1836 verursachte ein Sturm Schäden an Fichten und Buchen, drückte Fensterscheiben ein, und es folgten Felddiebstähle und Missernten.

Als 1850 in Homburg eine Krankenanstalt errichtet wurde, trat Köppen bei und meldete 30 Ortsarme an. Zwar war bereits 1811 in Hessen-Homburg die Ablösung der Leibeigenschaft eingesetzt, aber erst 1867 erfolgte durch Preußen die Umsetzung. Eine 1861 durchgeführte Volkszählung ergab 842 Einwohner, von denen 757 Lutheraner, 31 Reformierte, 24 Katholiken und 17 Juden waren. Der seit 1898 praktizierte Bergbau in der Brauneisensteingrube forderte im ersten Weltkrieg mit Heinrich Weidinger und Heinrich Riehl zwei Opfer.

1901 ging die Hüttenmühle in den Besitz der Stadt Frankfurt über. Anfangs wurde sie zu einer Trinkerheilanstalt, dann in eine Anstalt für „Irre und Epileptische“ und nachfolgend in eine Nervenheilanstalt ausgebaut.

1910 gründeten Toni und Bruno Werntgen in Köppern ein „Flugtechnisches Institut“. 1911 wütete ein großer Brand, der die Gründung einer Feuerwehr nach sich zog. Viele Köpperner zogen in den ersten Weltkrieg, Kriegsgefangene wurden im Steinbruch oder der Landwirtschaft zur Arbeit eingesetzt. Bis heute berühmt sind die beiden skrupellosen Wilddiebe Johann Wilhelm Mieger und sein Sohn Wilhelm Mieger, denen Köppern den Beinamen „Wilddiebshausen“ verdankt. Im Verlauf eines großen Prozesses wegen zweifachen Mordes wird der Vater 1937 zum Tode verurteilt und im Gefängnis Preungesheim mit der Guillotine hingerichtet, mit der einst Schinderhannes enthauptet wurde.

In der NS-Zeit wird die vom Juden- zum Christentum konvertierte Frieda Müller, geborene Oppenheimer, denunziert und am 3.12.1943 in Auschwitz ermordet. Im 19. Jahrhundert lebten weniger als 800 Menschen in Köppern, heute sind es 6200 Einwohner.



X