Musik mit Ecken, Kanten und Tiefgang

Ulla Meinecke (r.) begeistert zusammen mit ihrem musikalischen Begleiter Reinmar Henschke am Keyboard das Publikum beim Konzert im Forum Friedrichsdorf. Sie präsentieren „Songs und Geschichten“, die in die Tiefe gehen, berühren und zum Nachdenken anregen. Foto: fch

Friedrichsdorf (fch). Mit ihrem Hit „Die Tänzerin“ aus ihrem Album „Wenn schon nicht für immer, dann wenigstens für ewig“ hat Ulla Meinecke Musikgeschichte geschrieben. Der Evergreen „Die Tänzerin“ von 1983 war eine der beiden Zugaben, mit denen sich die gebürtige Hessin von ihren Fans im Forum Friedrichsdorf am Wochenende verabschiedete.

Mitgebracht hatte die Wahl-Berlinerin als musikalischen Begleiter am Keyboard den Multiinstrumentalisten Reinmar Henschke. Gemeinsam präsentierten sie einen Abend voller „Songs und Geschichten“, die berührten und zum Nachdenken anregten. Im Laufe des Konzerts erwiesen sich einige Fans im Forum als textsicher, sangen leise alle Lieder mit. Die anderen klatschten im Takt, stimmten wie Reinmar Henschke in die Refrains mit ein, spendeten immer wieder Zwischen- und lang anhaltenden Schlussapplaus.

Singend und plaudernd eroberte Ulla Meinecke seit mehr als 50 Jahren ihr Publikum. Ihre Markenzeichen sind ihre sanfte, rauchige Stimme und ihre lyrischen, ironisch-reflektierenden Liedtexte. Diese verfasst sie selbst und arbeitet bei der Vertonung oft mit bekannten deutschen Musikern zusammen.

Zu hören waren neben eigenen Songs auch gecoverte Titel im neuen Gewand. Vor ihre Fans trat sie im weißen Outfit mit einer Kapitänsmütze, die sie seit Coronazeiten trägt, denn „mit einer Mütze auf dem Kopf, kannst du ihn nicht hängen lassen, musst Haltung bewahren“.

Zum Repertoire gehörten Lieder wie „Schlendern ist Luxus“ (2004), „Ein Schritt vor und zwei zurück“ (1991), „50 Tipps“ (2023) oder „Das war schon immer so“ nach „The Way It Is“ von Bruce Hornsby aus dem Jahr 1986.

Sie bekennt, dass „Freunde zum großen Glück im Leben gehören“ und „Schreiben ein wichtiger Teil von dem ist, was ich tue. Ich schreibe seit 50 Jahren meine Liedtexte, manchmal auch welche für andere, und ich habe drei Bücher geschrieben. Bei meinem vierten Buch habe ich noch nicht den Dreh gefunden.“ Zwar helfe Disziplin in vielen Dingen, aber nicht allein beim Schreiben von Poesie. Da sei sie auf die Hilfe der Musen angewiesen, aber „ich kann euch sagen, dass sind launische Weiber“.

Zum Repertoire gehörten auch Liebeslieder, wie man sie so noch nicht gehört hat. Bei Ulla Meinecke sind es gesungene Gedichte wie die Songs „Wir“, „Wir passen nicht zusammen (1994), „Der Mann im Radio“, „Bin ich noch zu leise oder schon zu laut?“, „Junimond“ im Original 1986 gesungen von Rio Reiser oder „Der Mann im Mond ist ein Mädchen“.

Lieder mit Tiefgang

Ihre Lieder kommen ohne Kitsch aus, handeln von der wahren Liebe, von zarten Anfängen, kleinen Fluchten, großen Dramen und starken Abgängen. Immer wieder gibt sie Anekdoten aus ihrem Leben preis wie beim Song „Wer will schon Becky Thatcher sein?“ (2001). Er basiert auf ihrem Lieblingsbuch in der Kindheit „Die Abenteuer des Tom Sawyer“ von Mark Twain. „Ich habe Tom Sawyer und seinen besten Freund Huckleberry Finn so geliebt.“ Keine Sympathie brachte sie dagegen für Toms erste Liebe, die brave Becky Thatcher auf. Den Jugendbuchklassiker setzte sie nach dem Song nochmals 2003 als Hörbuch um. Tom Sawyer wurde dann, als sie 15 Jahre jung war, von Clint Eastwood mit seinem coolen Blick und Zigarillo im Mund abgelöst.

Inzwischen feiere sie zwei Mal im Jahr Geburtstag und hat sich über den Rat eines Bekannten geärgert, der lautet: „Und in dem Alter immer den Handlauf benutzen.“ Worauf die fast 72-Jährige singt: „Ich bin zu alt fürs Showgeschäft, ich bin zu alt fürs Comic-Heft. Mein Gesicht ist was für Arte, aber nicht für MTV.“

Lieblingstiere werden immer mehr

Ulla Meinecke informierte ihre Zuhörer, dass sie Tiere liebt und „der Kreis meiner Lieblingstiere immer größer wird“. Von Anfang an gehörten Bären zu ihren Lieblingstieren. Einem Zirkusbären, der von seinen Ketten befreit ein freies Leben führen kann, widmete sie zur Melodie des Schlagers „Clair“ von Gilbert O‘ Sullivan den Song „Bär“. Sie bekennt, dass sie kein cholerischer Mensch ist, „außer bei Geräten“.

Ins Musikgeschäft gekommen ist Ulla Meinecke durch Udo Lindenberg. Sie schickte ihm eine Kassette zu, weil er gerade Musikerinnen für eine Frauenband suchte. Nach einem Treffen mit dem Panik-Rocker zog sie 1976 nach Hamburg, um Lindenbergs Büro zu leiten. Parallel verfolgte sie ihre eigene musikalische Karriere – ebenfalls mit seiner Unterstützung. Verkauft hat sie von ihren Alben weit mehr als eine Million Tonträger. Sie ist Komponistin, Liedpoetin, Rock- und Popsängerin, Autorin und stand als Schauspielerin auf der Bühne. Gefeiert wurden das Multitalent Ulla Meinecke, ihr Begleiter Reinmar Henschke und die von ihnen interpretierten Lieder, die zeitlos sind und die Zuhörer immer wieder auf‘s Neue begeistern.



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