Gemeindevorstand entscheidet bei Auftragsvergaben für Großprojekt – Parlament stimmt eigener Entmachtung zu

Glashütten (kw) – Mit dem Umbau der Mehrzweckhalle Schloßborn in ein Kultur- und Sportzentrum bereitet sich die Gemeinde Glashütten auf die größte Einzelinvestition ihrer Geschichte vor. 9,2 Millionen Euro soll die Sanierung samt Errichtung einer Einfeldsporthalle und eines Mitteltrakts zwischen den beiden Gebäuden inzwischen kosten. Die Gemeinde will das Bauvorhaben in Eigenregie realisieren.

Bei der letzten Sitzung der Gemeindevertretung im alten Jahr wurde ein wichtiger Beschluss getroffen, wie die Vergabe der Bauleistungen erfolgen wird. Der Gemeindevorstand hatte den Beschlussvorschlag vorgelegt, dass die Vergabe durch den Gemeindevorstand ohne Zuständigkeitsabgrenzung und damit ohne Einbeziehung der Gemeindevertretung erfolgen soll. Laut Gemeindesatzung darf er das nur bei Aufträgen bis 250.000 Euro. Begründet wurde der Antrag mit Effizienzgründen bei zeitlich knappen Zeithorizonten zwischen Auftragseingang und -vergabe. Deswegen könne nicht bei jeder Teilvergabe die Gemeindevertretung mit ihren Ausschüssen einberufen werden. Nur wenn eine wirtschaftliche Vergabe nicht gewährleistet sei – bei Überschreitung der zuvor berechneten Kosten um mehr als 20 Prozent – solle die Möglichkeit bestehen, das vereinfachte Vergabeverfahren aufzuheben. Hohe Transparenz, worunter die Information der Gemeindevertreter zu verstehen ist, wurde seitens der Verwaltung dabei zugesichert.

Bürgermeister versteht Bedenken

Bürgermeister Thomas Ciesielski (CDU) warb an dem Abend für den Vorschlag, da die Entscheidung beim mit Vertretern fast aller Fraktionen (nicht aber der SPD) und mit Ehrenbeamten besetzten Gemeindevorstand liege und es im Vergabeverfahren „nicht mehr um wesentliche Änderungen“ gehe. „Die Pläne sind längst fertig“. Gleichzeitig äußerte er Verständnis für die Bedenken der Gemeindevertreter.

Dennoch gab es bei diesem Thema, bei dem es im Prinzip um die in der Demokratie verankerte Gewaltenteilung zwischen Exekutive und Legislative geht, eine lebhafte Debatte, in der der Gegenwind für den Vorschlag vor allem von Seiten der FDP und der Wählergemeinschaft Schloßborn (WGS) kam. Dr. Stefan John (FDP) argumentierte, dass für das Projekt im Jahr 2025 eine Summe von fünf Millionen Euro vorgesehen sei und es sich damit um ein Drittel des Gemeindehaushalts handele, über den der Gemeindevorstand allein entscheiden könne. Der Vorschlag sei ein „kommunalgesetzlicher Bruch“. Sein Änderungsantrag lautete, wie während der Corona-Pademie schnelle Entscheidungen durch außerordentliche Sitzungen des Haupt- und Finanzausschuss zu ermöglichen, um ein „Mindestmaß an Mitbestimmung“ zu gewährleisten.

In die gleiche Richtung argumentierte Tim Böttger (WGS). Das Verfahren sei nicht rechtssicher, zumal der Gemeindevorstand keine Präzedenzfälle aus anderer Kommunen genannt habe. „Manchmal geht Gründlichkeit vor Schnelligkeit“, so Böttger, jedenfalls sei es „vollkommen unangemessen“, hier auf das Konttrollrecht der Fraktionen zu verzichten.

Kosten- und Zeitersparnis

Diesen Punkt sahen die Vertreter der anderen Fraktionen weniger kritisch. Dietmar Saljé, der Fraktionsvorsitzende der Grünen, forderte ein „Berichtswesen“, dass für Transparenz sorge und die Öffentlichkeit mitnehme. Den Antrag der FDP bezeichnete er als „Treibsatz für die Verlangsamung des Projekts. Wir müssen Kosten sparen und Zeit gewinnen“, so Saljé. Auch die Freien Wähler schlugen sich auf die Seiten der Verwaltung. Manfred Kunz sagte, dass sich die Meinung der Fraktion im Abstimmungsverhalten der Vorstandsmitglieder wiederfinden könne, Karin Kempf regte zudem an, dass die jeweiligen Ausschreibungen rechtzeitig den Fraktionen zur Verfügung gestellt werden solten, damit eben jene Abstimmung mit dem Vorstandsmitglied gewährleistet sei. „Das wäre wichtig für das Kontrollorgan“, so Kempf.

Lutz Schiermeyer (CDU) argumentiere noch in eine andere Richtung, nämlich dass man sich wieder hinten anstellen müsse, wenn das Verfahren in die Länge gezogen würde: „Es ist nicht so einfach mit den Baufirmen.“

Rechtliche Bedanken hatte zwischenzeitlich Matthias Högn (CDU), Vorsitzender der Gemeindevertretung, zu zerstreuen versucht. Der Hessische Städte- und Gemeindebund habe dem Verfahren bereits zugestimmt. Zudem wurde im Sitzungsverlauf bekannt, dass es durchaus Präzedenzfälle gibt. In Usingen habe etwa für den Bau des Feuerwehrhauses die Stadtverwaltung den Magistrat und der wiederum das Bauamt mit dem Vergabeverfahren beauftragt.

Die unterschiedlichen Positionen spiegelte letztlich auch das Abstimmungsergebnis wider. Dem Änderungsantrag der FDP, den HFA im Vergabeverfahren entscheiden zu lassen, wurde mit 6 Ja-Stimmen, 11 Nein-Stimmen und 5 Enthaltungen noch knapp abgelehnt. Die ursprüngliche Vorlage des Gemeindevorstandes fand mit 16 Ja-Stimmen bei 6 Nein-Stimmen danach eine deutliche Mehrheit.

Mit dem Großprojekt könnte es jetzt schnell vorangehen. Ciesielski hatte bereits angekündigt, dass noch im Winter erste Aufträge vergeben werden sollen. Das Tempo dabei haben er und die Gemeindeverwaltung jetzt selbst in der Hand.

Angelteich: Morastgrube oder Biotop?

Ein weiteres Thema auf Schloßborner Gemarkung beschäftigte die Gemeindevertreter an diesem Abend. Allerdings geht es dabei nicht um einen Neubau, sondern um einen Rückbau. Die Rede ist vom oberen Angelteich des ASV Embsbachtal am Weiherbach zwischen Schloßborn und Glashütten. Der wird den Anglern nicht mehr genutzt, der Zufluss in den Teich erfolgt unkontrolliert, er kann bei Starkregen überlaufen und bei Dürre austrocknen; zudem hat sich der Bachlauf derart vertieft, dass der Damm irgendwann brechen könnte. Der Handlungsbedarf ist spätestens seit einer Ortsbegehung mit der unteren Wasserbehörde im März 2023 bekannt. Bis zum Jahr 2029 hat die Gemeinde noch die Genehmigung zur Wasserentnahme, die laut Kostenschätzung der Gemeinde für rund 20.000 Euro bis dahin gesichert werden könnte.

Parallel wurden Überlegungen angestellt, den Bachlauf und den Teich zu renaturieren und die gewonnenen Flächen gegebenenfalls als Überflutungsraum für den Hochwasserschutz zu nutzen. Für die Vorplanungen wurden für das Jahr 2025 36.000 Euro in den Haushalt eingestellt, die Maßnahme selbst in den Folgejahren würde dann (förderfähige) Kosten in Höhe von rund 450.000 Euro nach sich ziehen.

Christoph Klomann (WGS) will nach einer Begehung mit Heike Orth vom NABU in diesem Zusammenhang sicherstellen, dass dabei der Teich nicht voreilig zurückgebaut oder in eine Morastgrube verwandelt wird, sondern ein „echtes Biotop“ entstehen wird. Eine Sicherung des Damms sei dafür eine Grundvoraussetzung. „Wir wollen ein Gutachten zur langfristigen Nutzung des Weihers in der jetzigen Form“, sagte Klomann. Einen reinen Naturweiher, der mit seiner Umgebung ebenfalls eine Funktion gegen Hochwasser habe, fordere auch der NABU.



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