Leserbrief: Politischer Anstand verletzt

„Ihr Engagement habe ich immer sehr geschätzt. Mit Ihrer Titelseite zur Kelkheimer Kommunalwahl, Ausgabe 10/10. März 2016 verletzen Sie meiner Meinung nach den politischen Anstand, rufen indirekt zur Wahl der AfD auf und verunglimpfen die Mehrheit der Kelkheimer Bürger.

Hätte nicht Ihre Einleitung vielmehr lauten müssen: „Die Niederlage der CDU bei der Bürgermeisterwahl muss für die CDU bitter genug gewesen sein. Ein Minus von 14 Prozent bei der Kommunalwahl jedoch muss der CDU einer Katastrophe geglichen haben.“

Ihre Zeitung ist keineswegs nur Ihre private Angelegenheit. Im Stile eines Kommentators zu schreiben, bedeutet für Sie als gestandenen und alterfahrenen Pressemann doch auch, Ihre Artikel als Kommentar zu bezeichnen.

Hier können Sie jederzeit Ihre private Meinung artikulieren, solange diese nicht gegen geltende Gesetze verstößt.

In einem Leitartikel diesen Tenor gegen einen objektiv von der Mehrheit geschätzten und so gewollten Bürgermeister und seine Fraktion zu verbreiten, ist schlechter Stil und orientiert sich schlicht nicht an den Zeichen der Zeit.

Ihre Bemerkung, die AfD sei in Kelkheim nicht angetreten, hätte aber für den Kreistag 13,3 Prozent der Kelkheimer Wählerstimmen erhalten, gleicht einem Aufruf, eine AfD in Kelkheim zu etablieren.

Wenn ich Bad Sodener Bürger wäre, ich würde mich für die Ergebnisse der letzten Jahre schämen. Büdingen ist offensichtlich in unserer Nachbarschaft bereits angekommen. 25 Prozent für Parteien am äußeren rechten Spektrum, das darf nicht die Wahrheit bleiben.

Sie persönlich sind alt genug, um sich ausreichend an die schrecklichen Folgen der letzten totalitären Herrschaft erinnern zu können. Ich möchte persönlich und dringend an Sie appellieren, sich in Zukunft mehr Ihrer eigenen politischen Verantwortung für unsere freiheitliche, demokratische Grundordnung zu erinnern.

Erlauben Sie mir zuletzt noch eine Anmerkung: Wenn ich als Unternehmer Anzeigen in Ihrer Zeitung platziert hätte, dürften Sie ab sofort damit rechnen, dass Sie mit mir keinerlei Umsatz mehr machen würden. Ich hoffe für Kelkheim sehr, dass ich mit dieser Meinung nicht allein stehe, war ich doch insbesondere nach der letzten Wahl zu Recht stolz auf die Stadt Kelkheim und unsere Mitbewohner, die es vermocht haben, der unerträglichen aktuellen politischen Entwicklung in Europa wenigstens auf der kleinen kommunalen Ebene ein deutliches Signal entgegenzusetzen.

Vielleicht gelingt es Ihnen ja auch festzustellen, dass Kelkheim seit der letzten Bürgermeisterwahl noch nicht dem Untergang geweiht ist.

Jens Rasche. Im Schulzehnten 27.



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